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Mittwoch, 25. Januar 2017

Washington: Pressefreiheit wie in Mexiko, Nordkorea oder im Iran mit Füßen getreten

Was wäre in Berlin und Deutschland los, hörte man davon, dass Reporter von Pro 7, Onlinemedien und der TAZ über gewalttätige Ausschreitungen anlässlich der Präsidenten- oder Kanzler/innen/wahl berichten und anschließend inhaftiert werden? Wir wären entsetzt, würden erkennnen, dass wir es nicht mehr mit der Demokratie zu tun haben, die wir kennen. Deutschland stünde Kopf.

Was würde in den Vereinigten Staaten von Amerika passieren? Die Leute wären ebenso entsetzt, wehrlos, sie wüssten nicht, wie das passieren konnte, was los wäre und welche Entwicklungen gegenwärtig Boden gewännen.


Und es ist passiert: Mindestens sechs Reporter wurden inhaftiert und angeklagt wegen ihrer Berichterstattung über gewalttätige Demonstrationen in Washington, D.C., anlässlich der Amtsvereidigung von Donald Trump am vergangenen Freitag. Es kamen wohl +/- 200.000 Menschen zur Demonstration, darunter viele Frauenrechtlerinnen wegen seiner heftigen Frauenbeleidigungen. Auch in Frankreich, Argentinien und weiteren Ländern wurde oft von Frauenbewegungen gegen Trump protestiert. 


Drei der inhaftierten Journalisten drohen jeweils 10 Jahre Gefängnis und eine 25.000-Dollar-Geldstrafe, wenn sie verurteilt werden: Evan Engel, ein führender Video-Produzent und Filmemacher für den Online-Shop Vocativ; Alexander Rubinstein, Korrespondent für die russische Regierung im Kabelkanal RT America und Aaron Miguel Cantú, ein Schriftsteller für die linksgerichtete Truthout-Nachrichten-Website.
Ähnliche Anklagen wurden auch gegen drei weitere Journalisten erhoben, den Webdokumentarproduzenten Jack Keller, den unabhängigen Journalisten Matt Hopard und den Fotojournalisten und Aktivisten Shay Horse.

Den Gerichtsdokumenten waren keinerlei spezifische Beweise zu entnehmen, bis auf den, dass jeder von den sechs unter 230 Personen waren, die im Zuge einer Massenverhaftung in der Innenstadt von Washington festgenommen worden waren. Sie gelten als Teilnehmer des "Anarchisten-Chaos", das zu mehr als 100.000 Dollar Sachschäden führte, und eher geringe Verletzungen von sechs Polizeibeamten, die versuchten, die Gewalt einzudämmen.
Das Komitee zum Schutz von Journalisten spricht von einer übertriebenen Reaktion der Staatsanwaltschaft und fordert die Behörden auf, dieses Verhalten sofort fallen zu lassen. 
Engel und Rubinstein haben in den letzten Tagen betont, dass sie einfach ihre Arbeit machen, wenn sie Ereignisse auf der Straße festhalten, das Zerschlagen von Schaufenstern und von Kranken- und Feuerwehrfahrzeugen, brennende Mülleimer, Autos, Angriffe auf Polizisten mit einem Stück Beton und einem langen Metallpfosten usw. Der dritte Beschuldigte Cantú konnte sich nicht äußern, er wurde weggesperrt. "Die Verhaftung und Anklage gegen den Journalisten Evan Engel, der die Proteste für Vocativ festhielt, sind ein Affront gegen die Verfassung und die journalistische Freiheit", sagte ein Sprecher des Auftraggebers von Engel.

Die Polizisten beschlagnahmten Engels Kamera und Mobiltelefon, so ein Sprecher von Vocativ, und Regierungsvertreter aus Washington schlugen vor, dass die Polizei die Daten von diesen und anderen beschlagnahmten Geräten einfach löschen sollte. Das Metropolitan Police Department antwortete derweil nicht auf E-Mails und Anrufe der Tageszeitung The Daily Beast.
Wir staunen über solche Maßnahmen und Möglichkeiten in den USA ... 

(Quelle: The Daily Beast) 

Vor allem Frauen haben die Demonstrationen gegen Trump initiiert

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Einkommensungleichheit besonders stark in Deutschland, Neuseeland und Skandinavien, aber auch OECD-weit gewachsen


(SV /Berlin/Paris) In Deutschland ist die Einkommensungleichheit seit 1990 erheblich stärker gewachsen als in den meisten anderen OECD-Ländern, behauptet die OECD. Das Schaubild zeigt das allerdings nicht in dieser Eindeutigkeit. In den 80er und 90er Jahren gehörte das Land zu den eher ausgeglichenen Gesellschaften, inzwischen liegt es nur noch im OECD-Mittelfeld. Das geht aus der Studie „Divided we stand – Why inequality keeps rising“ hervor, die heute von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung veröffentlicht wurde. Mit durchschnittlich 57.300 Euro / Jahr verdienten die obersten zehn Prozent der deutschen Einkommensbezieher im Jahr 2008 etwa achtmal so viel wie die untersten zehn Prozent (7400 Euro / Jahr). In den 90er-Jahren lag das Verhältnis noch bei 6 zu 1, der aktuelle OECD-Durchschnitt ist 9 zu 1. Fehlen hier nicht die Großverdiener, die das durchschnittliche obere Jahreseinkommen am Tag verdienen? Die Hunderten von Milliardären und gewichtigen Millionären? 

Klar wird, dass Wirtschaftswachstum nicht automatisch allen Bevölkerungsgruppen zugutekommt und dass Ungleichheit soziale Mobilität nicht fördert. Vielmehr ist es so, dass zunehmende Ungleichheit die Wirtschaftskraft eines Landes schwächt, "sie gefährdet den sozialen Zusammenhalt und schafft politische Instabilität – aber sie ist nicht unausweichlich“, so der OECD-Generalsekretär Angel Gurría. 

Ein Glück, dass wir das noch abwenden könnten, wenn wir denn nur wollten. Warum will das keiner? Schafft das keiner mehr? Rennen alle lieber egoistisch die anderen über den Haufen? Leistungsprinzip total? Schwächere kriegen eins auf die Birne? Sind die Entwicklungen schon lange aus dem Ruder gelaufen? Rutschen wir komplett mit der gesamten OECD in orientalische Extremkapitalismusverhältnisse? Kinder- und Frauen-, (eine Zeit lang noch Ossi-) und Osteuropäerarbeit, um das überspitzt zu sagen? Die extremkapitalistischen Vertreter der Osteuropäer mischen jedenfalls schon kräftig oben mit und kaufen freiwerdende Besitztümer schon mal vorsorglich auf ...
Nur die Türkei und Griechenland werden auf sehr hohem Ungerechtigkeitsniveau gerechter. Der eine 
boomt extrem, der andere ist pleite. Wie das? Das liegt tatsächlich nicht am Wirtschaftswachstum? Die Vermutung liegt sehr nahe..., wie können die türkischen Bürger Ungerechtigkeit feststellen, wenn die Wirtschaft boomt? Doch nur, wenn auch nichts unten ankommt. 

Im OECD-Schnitt stiegen die verfügbaren Haushaltseinkommen in den beiden Jahrzehnten vor der Finanz- und Wirtschaftskrise um 1,7 Prozent jährlich. Die größten Gewinne machten dabei zumeist Gutverdienerhaushalte. In Deutschland ist diese Entwicklung besonders ausgeprägt: Insgesamt wuchsen die realen Haushaltseinkommen hier um 0,9 Prozent pro Jahr – in der untersten Einkommensklasse kam davon allerdings lediglich eine Steigerung von 0,1 Prozent an, während die zehn Prozent der am besten verdienenden Haushalte ihr Einkommen um 1,6 Prozent steigern konnten. Also gibt es Wirtschaftwachstumsgewinnler, aber 90 % Verlierer!

Schaubild 1

"Die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich geht vor allem auf die Entwicklung der Löhne und Gehälter zurück." Das ist die entscheidende Aussage! Diese machen etwa 75 Prozent des Haushaltseinkommens aus. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Lohnschere zwischen den obersten und untersten zehn Prozent der Vollzeitarbeitenden um ein Fünftel erweitert. Aber auch zunehmende Teilzeitbeschäftigung ist ein Faktor, der zur Einkommensungleichheit beiträgt: Seit 1984 ist der Anteil der Teilzeitarbeiter in Deutschland von 11 auf 22 Prozent gestiegen, das heißt von knapp drei auf mehr als acht Millionen Menschen. Häufig handelt es sich hierbei um Frauen, die noch immer weniger Lohn erhalten als ihre männlichen Kollegen. Hinzu kommt eine Veränderung von Arbeitszeiten: Kamen deutsche Geringverdiener vor 20 Jahren im Durchschnitt noch auf 1000 Arbeitsstunden pro Jahr, so hat sich ihre Arbeitszeit jetzt auf 900 Stunden reduziert. Menschen aus den oberen Einkommensklassen hingegen arbeiten weiterhin rund 2250 Stunden pro Jahr. Allerdings zu völlig anderen und höheren Stundenlöhnen! Was würden die unteren Einkommen klotzen, wenn sie bei Mehrleistung mehr Lohn bekämen! Sagen wir bis zum Doppelten? Da wären Überstunden und Leistung selten eine Frage! Der Motor würde anspringen...

Auch sozialer Wandel verstärkt die Einkommensunterschiede. So gibt es zum Beispiel immer mehr Alleinerzieher- und Single-Haushalt mit entsprechend niedrigem Einkommen. Auf der anderen Seite finden immer mehr Paare in der gleichen Einkommensgruppe zusammen, so dass sich gute Verdienste potenzieren und schlechte auch. Arm tut sich mit Arm zusammen ("Legen wir zusammen und gehen borgen") und Reich mit Reich ("Legen wir zusammen und vergrößern unseren Reichtum"): Das Wunsch-Modell „Chefarzt heiratet Krankenschwester“ ist eher auf dem Rückzug.

In der OECD nutzen viele Regierungen Steuern und Sozialtransfers, um die Einkommensungleichheit abzuschwächen. Die umverteilende Wirkung solcher Systeme ist in Deutschland relativ groß: Im Jahr 2008 verminderten Steuern und Transfers die Ungleichheit hierzulande um knapp 29 Prozent, verglichen mit 25 Prozent im OECD-Mittel.

Schaubild 2

Komplett verhindern konnte das deutsche Steuer- und Transfersystem das Auseinanderdriften von Arm und Reich allerdings nicht. Erstens verringerte sich der Umverteilungseffekt von Steuern und Sozialleistungen seit dem Jahr 2000 um vier Prozentpunkte, und zweitens gingen Unterstützungsleistungen, wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, merklich zurück (wenngleich das Niveau im internationalen Vergleich weiterhin relativ hoch ist).

Die Autoren von „Divided we stand“ erläutern verschiedene Wege, die den Trend zu größerer Ungleichheit stoppen und sogar umkehren können. Mehr Menschen in Lohn und Brot zu bringen und hochwertige Arbeitsplätze mit echten Karriereaussichten zu schaffen, verspricht dabei die größten Erfolge. Eine Voraussetzung dafür sind Investitionen in das Potenzial der Arbeitskräfte. Mehr und bessere (Aus)Bildung wäre laut Studie das einzige Mittel, die Lohnungleichheit zu begrenzen und gleichzeitig die Beschäftigungsraten zu erhöhen. Bildungsoffensiven müssen in der frühen Kindheit beginnen und während der gesamten Schulpflicht aufrechterhalten werden. Auch nach dem Einstieg ins Berufsleben sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber angehalten werden, in Weiterbildung zu investieren. 


Arbeitgeber werden leider gar nicht erwähnt. Diese müssen natürlich auch die Ressource Mensch wieder schätzen und die Extremausbeutung und kurze Leine aufgeben! Von wegen Minilohn, Streichung, Zeitarbeit und die ganzen Ausgeburten der Controller und BWL-Spezialisten ... Von wegen zu alt ab 45! Wichtig ist auch eine Reduktion des Staatsapparates, der zu teuer ist, da er die Hälfte der Steuereinnahmen für sein eigenes Funktionieren benötigt. Wird auch nicht erwähnt. Dort herrscht gutes Einkommen, Integration und Sicherheit - auf Kosten der anderen, das ist ja klar. Der Staat gibt seine Privilegien für sich nur minimal auf.

Direkten, wenn auch nur mittelfristigen Einfluss auf die Umverteilung können Regierungen über Steuer- und Sozialreformen nehmen. Eine Option wäre, die Einkommenssteuer progressiver zu gestalten. Auch Maßnahmen zur Eindämmung der Steuerflucht, die Abschaffung von Steuererleichterungen für Besserverdienende oder der Ausbau von Steuern auf Vermögen und Grundbesitz können zu einer besseren Umverteilung von Einkommen beitragen. Gleichzeitig sind staatliche Transferzahlungen wichtiger als je zuvor, um die anhaltenden - und durch die Rezession oft verschärften - Verluste für Menschen mit niedrigem Einkommen auszugleichen.