Donnerstag, 27. November 2025

AfD: Was die geplante DES-Subvention wirklich bedeutet


Eine stille Fundamentierung der AfD – und warum das niemand als „neutral“ verkaufen sollte

Man kann die mögliche staatliche Millionenförderung der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) nicht verstehen, wenn man sie nur als juristisch-formale Frage betrachtet: „Hat die Stiftung Anspruch oder nicht?“
Die eigentliche Frage lautet: Was würde diese Förderung politisch erreichen? Und noch wichtiger: Was würde sie langfristig ansteuern und verschieben?

Wer genau hinsieht, erkennt schnell: Diese Subvention wäre nicht einfach ein weiterer Posten im Haushalt. Sie wäre eine Infrastrukturinvestition in das ideologische Fundament einer Partei, die in vielen Bundesländern vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt wird. Und eine Investition in Infrastruktur wirkt nie nur im Jahr ihrer Auszahlung – sie baut Strukturen, die Jahrzehnte tragen.


1. Die DES als „Produktionsstätte“ politischer Multiplikatoren

Eine politische Stiftung ist kein harmloser Debattierclub. Sie ist ein Ort, an dem Nachwuchskader geformt, akademische Netzwerke aufgebaut, internationale Kontakte gepflegt, Narrative entwickelt, ideologische Weltbilder systematisiert werden.

Mit Millionen staatlicher Förderung würde die DES nicht einfach „politische Bildung“ anbieten, sondern ein dauerhaftes Ausbildungsökosystem schaffen. Ein System, das ganz selbstverständlich AfD-kompatible Weltbilder reproduziert, professionalisiert und strategisch verteilt.

Das ist keine neutrale Bildungsarbeit. Das ist brauner Kapazitätsaufbau


2. Der Staat würde der AfD geben, was ihr bisher fehlte: institutionelle Tiefe

Die AfD kämpft an vielen Stellen mit mangelnder Professionalität. Sie hat kaum strategische Denkfabriken, wenig wissenschaftliche Flankierung, schwache internationale Vernetzung, wenig ideologische Konsistenz, kaum Nachwuchsprogramme.

Eine üppig finanzierte Stiftung schließt genau diese Lücken. Mit jährlich zweistelligen Millionenbeträgen entsteht eine dauerhafte Kaderschule, ein stabiler Think-Tank, ein Publikationsapparat mit wissenschaftlichem Schein, eine Stipendienstruktur, die Talente bindet, ein Veranstaltungsnetz, das die Partei gesellschaftlich verankert.

Kurz:
Der Staat würde der AfD die institutionelle und inhaltliche Tiefe verschaffen, die sie aus eigener Kraft nie aufbauen konnte.


3. Die DES als „Legitimationsmaschine“

Wer Geld vom Staat bekommt, wirkt automatisch seriös, berechtigt, etabliert.

Genau das fehlt der AfD häufig in der Mitte der Gesellschaft: ein Anschein von intellektueller Reife und politischer Erwachsenheit.

Eine staatlich alimentierte Stiftung liefert dieses Image gleich mit. Die Botschaft wäre fatal: „Die Ideen dieser Partei sind nicht nur akzeptabel – wir fördern sogar ihre theoretische Weiterentwicklung.“

Damit verschiebt sich der gesellschaftliche Rahmen dessen, was politisch sagbar, denkbar, anschlussfähig erscheint. Nicht durch Wahlkampf, sondern durch strukturelle Normalisierung.


4. Der eigentliche Zweck: ein langfristiger Umbau der politischen Kultur

Wenn man diesen Schritt bis zu Ende denkt, erkennt man:
Die DES wäre weniger ein Mittel, kurzfristige Wahlergebnisse zu beeinflussen - sondern ein Weg, den ideologischen Unterbau, die Normen und Werte der Demokratie langfristig zu desorganisieren.

In der Politikwissenschaft nennt man das „metapolitische Strategie“, „Hegemoniearbeit“,„Verschiebung der gesellschaftlichen Koordinaten“.

Genau das ist das Erfolgsrezept der extremen Rechten in anderen Ländern gewesen:
Man baut zuerst Stiftungen, Denkfabriken, Medien, Bildungsarbeit auf, und dann folgen Wahlerfolge.

Eine DES-Förderung wäre also nicht bloß eine Geldfrage, sie wäre eine staatliche Bestätigung dieser metapolitischen Strategie. Eine Form der Etablierung systematischer Desinformation und Verschiebung der Machtverhältnisse. 


5. Was bleibt dann vom demokratischen Selbstschutz?

Die freiheitliche demokratische Grundordnung hat ein immanentes Paradox:

Sie will offen sein - aber sie darf nicht naiv sein.
Sie will tolerieren - aber nicht ihre eigenen Totengräber finanzieren.

Wenn der Staat der DES Millionen gibt, beantwortet er dieses Paradox auf denkbar gefährliche Weise: „Wir sind so offen, dass wir bereit sind, unsere politische Gegnerin - eine Partei, die das demokratische System offen attackiert - mit Ausbildungslagern, Diskursmacht und Infrastruktur zu versorgen.“ Wir merken ganz deutlich, das geht nicht mit der Demokratie die Demokratie abschaffen. 

Das wäre auch kein Ausdruck demokratischer Stärke. Es wäre ein Ausdruck fehlender Selbstachtung und Selbstbeobachtung.

Der Staat würde sich bereit zeigen, den ideologischen Unterbau der AfD mitzuerzeugen. 

Das ist weder ein Nebeneffekt, noch eine Überinterpretation.
Das ist die schlichte, klare Konsequenz dessen, was politische Stiftungsförderung strukturell immer bewirkt: Sie baut Macht, Infrastruktur, Köpfe, Nachfolger und Netzwerke.

Und deshalb muss man diesen Plan so deutlich wie möglich benennen:

Eine staatliche DES-Förderung wäre die größte Investition in die langfristige Verfestigung der AfD, die dieses Land je gesehen hat.


Kein Cent davon darf fließen!

Mittwoch, 26. November 2025

Kommen die Ukrainer weiter mit den momentanen Verhandlungsinhalten?

Schlachtblitzlicht bei Pokrowsk
Ukrinform


Die Situation in der Ukraine ist ein trauriges Beispiel für die fortdauernde Aggression und die gesetzeswidrige Unterdrückung von Souveränität und Menschenrechten durch Russland, die seit Beginn des Konflikts 2014, mit der Annexion der Krim, und verstärkt seit 2022 nach dem groß angelegten Militärübergriff, weltweit Besorgnis auslöst. Dieses Verhalten Russlands ist nicht nur ein Verstoß gegen internationales Recht, sondern auch ein Verstoß gegen die grundlegenden Prinzipien der Menschenwürde und der nationalen Selbstbestimmung. Die fortwährende Gewalt und der Krieg haben nicht nur immense humanitäre Kosten verursacht, sondern auch das geopolitische Gleichgewicht in Europa destabilisiert.

Trotz der internationalen Verurteilung und der Verhängung von Sanktionen gegen Russland bleibt die Reaktion der USA und Europas oft als unzureichend und inkonsequent anzusehen. Während Maßnahmen ergriffen wurden, um die Ukraine zu unterstützen, gibt es anhaltende Bedenken über die Ernsthaftigkeit und Größenordnung dieser Anstrengungen. Die militärische Hilfe, während sie für die Ukraine entscheidend ist, erscheint oftmals wie ein Notfallansatz, ohne eine klare Strategie, um Putins Aggression langfristig zu stoppen oder ihn zur Verantwortung zu ziehen.

Die mangelnde Initiative und Bereitschaft der westlichen Staaten, decisivere Schritte zu unternehmen, um Russland in seine Schranken zu weisen, wirft Fragen auf. Sollten beispielsweise nicht umfassendere Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um Russland wirtschaftlich und politisch zu isolieren? Die Gefahr besteht, dass diese zögerliche Haltung den Kreml in dem Glauben bestärkt, dass eine weitere Aggression keine ernsthaften Konsequenzen nach sich ziehen wird. Der kürzliche Rückzug von Gesprächen über Friedensverhandlungen ohne eine klare Strategie zur Konfliktlösung zeugt von einer gewissen Passivität, die die Realität vor Ort nicht widerspiegelt. Eine wichtige Priorität ist die uneingeschränkte Achtung der Souveränität der Ukraine und die Unzulässigkeit jeglicher Änderung der Grenzen mit Gewalt. Die dritte Priorität der europäischen Behörden besteht laut von der Leyen darin, die finanziellen Bedürfnisse der Ukraine zu sichern.

Es ist außerdem alarmierend, wie wichtig geopolitische Interessen und wirtschaftliche Abhängigkeiten oft über die moralische Verantwortung gestellt werden. Während die Unterstützung für die Ukraine zugenommen hat, bleibt die Frage, ob der Westen/die NATO bereit ist, durchgreifende Maßnahmen zu ergreifen, die über Symbolpolitik hinausgehen und die Ukraine nachhaltig stabilisieren könnten. Der "Wirtschaftskrieg" zeigt sich bereits als wirksam.

Die gesetzeswidrige Aggression Russlands gegen die Ukraine ist ein klarer Verstoß gegen internationales Recht und die Werte der westlichen Demokratien. Die USA und Europa müssen über symbolische Unterstützungsmaßnahmen hinausgehen und ein koordiniertes, entschlossenes Vorgehen zur Beendigung der Aggression und zum Schutz der Souveränität der Ukraine in Betracht ziehen. Ohne eine klare und starke Reaktion auf Russlands aggressive Taktiken besteht die Gefahr, dass der Kreml weiterhin destabilisiert und die geopolitischen Spannungen in Europa verschärft. Der Westen trägt nicht nur die Verantwortung zur Unterstützung der Ukraine, sondern auch die Verantwortung, ein starkes Zeichen gegen die Missachtung des internationalen Rechts zu setzen.

Montag, 13. Oktober 2025

Die Bürgerversicherung (KV), in die alle einzahlen

(SV)


Was könnte eine Bürgerversicherung (KV) erreichen

  • Universelle Absicherung: Alle sind im gleichen System.
  • Mehr Solidarität und Umverteilung, weniger Risikoselektion.
  • Einfachere Verwaltung und stärkere Verhandlungsposition gegenüber Leistungserbringern.
  • Weniger Zwei‑Klassen‑Medizin; Risiken: Übergangskosten, mögliche Beitragserhöhungen.

Wichtige Design‑Entscheidungen

  • Wer wird einbezogen (z. B. alle PKV‑Versicherten oder nur Neuzugänge)?
  • Leistungsumfang (GKV‑Level behalten oder ausbauen)?
  • Ärztliche Vergütung: PKV‑Niveau oder Angleichung an GKV?
  • Finanzierungsmix: Beiträge vs. Steuern; Arbeitgeberanteil; Zusatzversicherungen?

Grobe Finanz‑Szenarien 

  1. Konservativ/Teilüberführung: moderater Effekt, ≈ +0–2 Prozentpunkte auf Beitragssatz.
  2. Umfassend: viele PKV‑Mitglieder übernehmen, ≈ +2–5 Prozentpunkte (stark modellabhängig).
  3. Vollintegration mit Leistungsausbau: deutlich höhere Belastung, ggf. +5–8+ Prozentpunkte ohne Steueranteile.

Finanzierung und Umsetzung

  • Kombination von Beiträgen und Steuern reduziert Beitragsschocks.
  • Übergangsregelungen und klare Vereinbarungen zur PKV‑Rückstellungsregelung nötig.
  • Verhandlungen mit Ärzteschaft/Leistungserbringern über Vergütung.
  • Belastbare Modellrechnungen und transparente Kommunikation für Akzeptanz.

Fazit: Eine Bürgerversicherung stärkt Gerechtigkeit und Effizienz, die Höhe der Beiträge hängt aber vom konkreten Design und vom Anteil steuerlicher Finanzierung ab. Für konkrete Zahlen sind detaillierte Modellrechnungen nötig.



Finanzierungsmix und politische Machbarkeit


 - Beitrag vs. Steuern: Teilweise Steuerfinanzierung (progressive Einkommenssteuer, höhere Steueranteile) reduziert beitragsseitige Belastung, erhöht aber Staatsquote. Politisch oft notwendig, um hohe Beitragssprünge zu vermeiden. 
- Arbeitgeberbeteiligung: Beibehaltung oder Erhöhung des Arbeitgeberanteils beeinflusst Lohnnebenkosten und Verteilung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. 
- Übergangsregelungen: Stufenweise Einbeziehung, Übergangsfinanzierung (Sonderabgabe, zeitlich befristete Zuschläge) reduzieren Schock. 
- Zusatzversicherungen: Erlauben Komfortleistungen ohne Zwei‑Klassensystem im Kern. 

Umsetzungsschritte, die nötig sind 

 - Belastbare Modellrechnungen (unabhängige Gutachten) zu Kosten, Verteilungswirkungen und Übergangskosten. 
- Klare politische Entscheidungen zum Leistungsumfang und zur Finanzierung (Steueranteil vs. Beitrag). - Regelung zu Rückstellungen/Ansprüchen der PKV und Übergangsvereinbarungen. 
- Verhandlungen mit Ärzteschaft/Leistungserbringern über Vergütungssysteme. 
- Öffentlichkeitsarbeit zur Akzeptanz (wer zahlt wie viel, wer profitiert). 

Empfehlung 

Eine Bürgerversicherung kann soziale Gerechtigkeit, Stabilität und Effizienz im Gesundheitssystem stärken. Wie hoch die Beiträge werden müssen, hängt aber sehr vom konkreten Design ab. Realistisch sind bei vollständiger Integration ohne große Steueranteile mehrere Prozentpunkte höhere Beitragssätze; eine kombinierte Lösung mit Steueranteilen und gestaffelter Einführung kann die Belastung dämpfen und politisch durchsetzbar machen.

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Digitale Dauerwerbung – der neue Super-Straßenlärm mit Presslufthammergetöse für die Seele!



Man kann heute kaum noch atmen, ohne dass irgendwo ein Banner blinkt, ein Popup hochspringt, ein Algorithmus „Hey, willst du nicht (...) jetzt sofort kaufen?!“ ins Gesicht schreit.
Das Smartphone, einst Werkzeug der Freiheit, ist längst ein Marktschreier im Taschenformat. Jede App, jede Seite, jedes Video trägt einen Rucksack voller Reklame mit sich herum – laut, gierig, unverschämt.

Du willst eine Nachricht lesen – zack, zwanzig Pixel grelle Verheißung. Du öffnest dein Mailprogramm – pling, ein Rabatt. Du klickst auf „Schließen“ – hahaha, es öffnet sich noch ein Fenster: „Willst du wirklich gehen?“, schau noch Das oder Jenes.

"Willst du nicht die 7-Sekunden-Methode zum Abstellen deiner entsetzlichen Magen-Darm-Komplikationen oder Kopfschmerzen kennen lernen?" Nach 20 Minuten Wiederholungsgefasel dann der erlösende Einkauf, keiner will mehr an der Stelle etwas sehen oder kaufen, die totale Verblödung mit Lügen ...
Ja, verdammt, "Ich will gehen!"
Ich will meine Ruhe, will Inhalte ohne Manipulationskaskaden, will Texte, nicht Trigger und Lügen, Schrottware und Placebomedikamente.

Die digitalen Werbeautomaten rattern unablässig wie Presslufthämmer im Kopf.
Sie lesen dich, verfolgen dich, profilieren dich – und verkaufen deine Spuren weiter, als wärst du ein Stück Wild, aufgescheucht im endlosen Datenwald.

Der Mensch wird zum Klickvieh degradiert, zum Objekt der Berechnung, zum Träger einer Reaktionswahrscheinlichkeit.

Und das Schlimmste? Wir gewöhnen uns daran! Weil wir nur mit dem Mist das sehen und hören können, was wir ursprünglich suchten. 

Wir akzeptieren, dass unsere Aufmerksamkeit zerfetzt wird wie Papier im Sturm.

Aber irgendwann – da kommt der Punkt, wo es kippt.
Wo der User spuckt, wortwörtlich, auf diesen Nonstop-Dreck.

Wo er sagt: „Nein!!!!! Nichts mehr!!!! Lasst mich in Ruhe!!!  Ich bin kein Werbeobjekt, kein Mülleimer für euren Dreck!!!! Ich bin ein Mensch!“

Dann fliegt das Handy kurz durch den Raum, der Bildschirm bleibt schwarz, und in der Stille danach – herrscht das erste Mal wieder Ruhe und Wahrheit. 

Kaufe erst wieder eins, wenn die Werbegesetze geändert werden!!! Man muss nicht Extra-Software - gegen Extrazahlung - laden müssen, um sein Handy normal verwenden zu können.



Donnerstag, 25. September 2025

Weniger Geld, weniger Medizin: Die neue Realität für ukrainische Geflüchtete in Deutschland

Weniger Geld, weniger Medizin: Die neue Realität für ukrainische Geflüchtete in Deutschland

Knapp drei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges hat sich die Lage ukrainischer Geflüchteter in Deutschland spürbar verändert. Wer jetzt neu ankommt, bekommt nicht mehr das Bürgergeld, sondern fällt unter das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Das bedeutet: weniger Geld im Monat, eingeschränkte medizinische Versorgung – und eine zunehmend kontroverse politische Debatte über Integration, Arbeitsmarkt und Belastungen.

Absenkung der Leistungen

Bis März 2025 erhielten Geflüchtete aus der Ukraine Bürgergeld: alleinstehende Erwachsene knapp 563 Euro monatlich. Seit April gilt für Neuankömmlinge der abgesenkte Satz des AsylbLG – rund 441 Euro. „Für viele Familien ist das kaum zu stemmen“, sagt ein Mitarbeiter der Diakonie in Stuttgart. „Vor allem Mütter mit Kindern können nicht sofort arbeiten, gleichzeitig steigen die Miet- und Lebenshaltungskosten.“

Medizin nur im Notfall

Noch gravierender sind die Folgen für die Gesundheitsversorgung. Mit dem Wechsel in das AsylbLG haben Betroffene nur noch Anspruch auf Behandlung bei akuten Erkrankungen und Schmerzen. Chronische Leiden, Psychotherapie oder Zahnersatz müssen einzeln beantragt und oft lange verhandelt werden.
„Das heißt konkret: Eine Frau mit Diabetes bekommt zwar Insulin, aber nicht automatisch die begleitende Schulung oder Präventionsprogramme. Ein Kind mit Zahnfehlstellungen hat keine Chance auf reguläre kieferorthopädische Behandlung“, erklärt die Berliner Ärztin Kateryna H., die selbst aus der Ukraine stammt.

Nach einer Änderung 2024 wurde die Einschränkungszeit von 18 auf 36 Monate verdoppelt. „Damit verdoppelt sich die reale Wartezeit auf volle Krankenkassenleistungen, die laut unseren Daten ohnehin schon bei über einem Jahr lag“, warnt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Kritik von Wohlfahrtsverbänden

Wohlfahrtsverbände sprechen von einem gesundheitspolitischen Rückschritt. Die Diakonie nennt die Verlängerung „ökonomisch unsinnig“:

„Wer heute eine Vorsorgeuntersuchung verweigert, muss morgen für eine Krankenhausbehandlung zahlen – das ist teurer für alle.“

Auch der GKV-Spitzenverband weist darauf hin, dass die Regelungen für Ärztinnen und Ärzte kompliziert und restriktiv sind. „Zahnersatz oder psychologische Betreuung fallen in der Regel durch das Raster, es sei denn, es besteht akute Lebensgefahr“, heißt es aus der Kassenärztlichen Vereinigung.

Arbeitsmarktchancen und Realität

Gleichzeitig will die Bundesregierung mit der Absenkung Anreize zur schnellen Arbeitsaufnahme schaffen. Tatsächlich waren im November 2024 rund 300.000 Ukrainerinnen und Ukrainer beschäftigt, davon 245.000 sozialversicherungspflichtig. Die Beschäftigungsquote liegt bei etwa 32 Prozent.

Doch Experten warnen: Wer ohne Sprachkenntnisse und ohne Kinderbetreuung in den Arbeitsmarkt gedrängt wird, landet häufig in prekären Jobs. „Statt Integration zu beschleunigen, riskieren wir eine Parallelgesellschaft am unteren Rand“, sagt Migrationsforscherin Petra Bendel.

Politische Debatte

Inzwischen wird auch über den besonderen Status ukrainischer Geflüchteter gestritten. Während die Union fordert, die Gleichstellung mit anderen Asylsuchenden vollständig durchzusetzen, warnt die Ampel-Koalition vor „falschen Signalen“ gegenüber einer Bevölkerungsgruppe, die vor einem akuten Krieg flieht. Zugleich wächst der Druck in Kommunen, die Kostenexplosion bei Unterkünften und Sozialarbeit abzufedern.


Die Verschärfungen beim Geld und bei der medizinischen Versorgung markieren einen Wendepunkt. Sie entlasten kurzfristig die Sozialkassen, schaffen aber langfristig neue Probleme: Krankheiten, die verschleppt werden, Arbeitsmarktchancen, die ungenutzt bleiben, und ein Klima wachsender Unsicherheit für Menschen, die vor Bomben und Raketen Schutz suchen.

Mittwoch, 24. September 2025

Vorbereitung auf einen regionalen oder nationalen Extremfall

Vorbereitung auf den Katastrophenfall ist kein einmaliger Akt, sondern ein Lebensstil. Menschen sollen Vorräte erneuern, Fähigkeiten pflegen, Gemeinschaften aufbauen, und sich nicht als isolierte Helden sehen, sondern als Teil einer vertrauenswürdigen Gruppe, die im Ernstfall tragen und schützen kann.
Vertrauen, klare Regeln, geteilte Aufgaben und ein gemeinsamer Wertekern sind dabei die Säulen. Am Ende verbindet sich diese Haltung mit einer fast spirituellen Dimension: Vorbereitung wird zu einem Ausdruck des Glaubens an Freiheit, Verantwortung und das Weitergeben von Stärke an kommende Generationen.


Wenn Ausnahmefälle eintreten – sei es Naturkatastrophen, Pandemien, Krieg, Energieausfälle oder gesellschaftlicher Zerfall –, dann zeigt sich rasch, wie brüchig der Alltag ist. In solchen Momenten zerreißt das Netz der Normalität, und viele fallen in Schock, Ohnmacht oder Zynismus. Wer vorbereitet ist, hat nicht nur Nahrung im Keller oder ein Notstromaggregat im Schuppen, sondern auch einen Plan im Kopf und ein Netz von Menschen, auf das er zurückgreifen kann.

Einzeln betrachtet, sind Katastrophen immer Unikate – ein Erdbeben ist nicht wie eine Hyperinflation, und ein Stromausfall nicht wie eine Epidemie. Doch ihr gemeinsamer Nenner ist der Bruch der Routinen. Plötzlich sind Supermärkte leer, Handynetze tot, Krankenhäuser überfüllt, die Polizei überlastet. Dann entscheidet sich, ob man Opfer oder Gestalter der Lage ist.

Das romantische Bild des Einzelkämpfers ist eine Illusion. Wer glaubt, allein auf einer „Festung“ überleben zu können, verkennt die Dauer und Härte solcher Krisen. Ein Mensch kann nicht endlos Wache halten, Nahrung beschaffen und Verletzte versorgen. Eine Gruppe dagegen verteilt Lasten, schafft Kontinuität, hält Hoffnung wach. Auch die Bewaffnungslage ist zu klären. Wer verfügt über Waffen, Plünderer, Feinde und Streunende abzuwehren?


Begegnung mit Ausnahmefällen bedeutet daher:

  • Innere Vorbereitung: Disziplin und Geisteshaltung, nicht nur Panik-Käufe.

  • Praktische Vorsorge: Vorräte, Ausrüstung (Waffen), handwerkliche und medizinische Fähigkeiten.

  • Soziale Netzwerke: Verbindliche Gemeinschaften, die Ressourcen und Verantwortungen teilen.

  • Wertefundament: Freiheit, gegenseitiger Respekt, Vertrauen – als Bindeglied in der Krise.

  • Langfristigkeit: Vorbereitung nicht als „Notnagel“, sondern als Lebensstil, der Sicherheit gibt.


So verstanden, ist Vorsorge mehr als Überlebenstraining. Sie ist eine Kulturtechnik gegen das Chaos, ein stiller Widerstand gegen die Vorstellung, Menschen seien dem Schicksal ausgeliefert. Die Ausnahmefälle kommen gewiss – ungewiss bleibt nur, wann und in welcher Gestalt. Wer vorbereitet ist, verwandelt das Ungewisse in ein kalkulierbares Risiko und sich selbst in einen Träger von Stabilität, Hoffnung und Handlungsfähigkeit.

Kurz: Die Ausnahme wird dann nicht der Punkt, an dem alles zusammenbricht, sondern der Prüfstein, an dem sich die Stärke des Einzelnen und seiner Gemeinschaft erweist.

Konkrete Zahlen geben Orientierung und reduzieren Entscheidungsstress im Ernstfall. Daraus entstehen drei einfache Verhaltensregeln:
(1) Mache es realistisch (Vorrat an deine Familie anpassen),
(2) mache es regelmäßig und
(3) mache es sozial (teile Pläne mit Nachbarn / Gruppen).

So verwandelt sich Vorbereitung vom Einzelakt in eine dauerhaft wirksame Gemeinschaftsleistung — genau das, was im Ernstfall den Unterschied macht.


Konkreter Vorrats- und Aktionsplan
(pro Person)

A. Basisannahme

  • Zielvorrat: 10 Tage als Standardempfehlung (kann je nach Platz/Bedarf auf 14 Tage oder mehr ausgedehnt werden). 

B. Trinkwasser

  • Menge: 2 Liter Trinkwasser pro Person und Tag (für 10 Tage → 20 Liter). Zusätzlicher Bedarf für Kochen/Hygiene: mind. weitere 5–10 L einplanen, je nachdem wie viel gekocht/gewaschen werden muss. Lagerung: stabil verschlossene PET-Kannen, Wasserkanister oder gekaufte 5–10 L-Kanister. Markieren mit Einkaufs-/Ablaufdatum. BBK+1

C. Lebensmittel (Beispiel: Grundvorrat für 10 Tage / 1 Person; Mengen aus BBK-Checkliste / Ernährungsvorsorge)

BBK gibt eine beispielhafte 10-Tage-Tabelle (ca. 2.200 kcal/Tag). Passen Sie Mengen bei Kindern, Schwangeren, Erkrankten an. BBK+1

Kernmengen (pro Person / 10 Tage, gerundet):

  • Getreideprodukte (Nudeln, Reis, Kartoffeln, Brot in Dosen/Knäckebrot usw.): ~3,5 kg.

  • Gemüse & Hülsenfrüchte (Konserven, Gläser, vorgekocht): ~4,0 kg.

  • Obst / Nüsse (Konserven, Trockenobst): ~2,5 kg.

  • Milch & Milchprodukte (u. a. H-Milch, Milchpulver, Haltbares): ~2,6 kg (bzw. Äquivalent).

  • Fisch / Fleisch / Ei-Äquivalent (Konserven, Langzeitprodukte): praktikable Mengen für Proteinzufuhr (siehe BBK-Tabelle; konserviert oder haltbar verpackt).

  • Fette / Öl / Zucker / Salz / Gewürze: kleine Vorräte (Öl 0,5–1 L, Zucker 0,5–1 kg, Salz 0,5 kg).

  • Getränke zusätzl. (Tee, Instantgetränke): nach Bedarf.
    (Praktische Checklisten mit genauen Artikelvorschlägen liefert die BBK-Publikation und der Vorratskalkulator.) 

Hinweis zur Auswahl: bevorzugen Sie möglichst verzehrfertige Konserven (Dosen, Gläser), lange haltbare Produkte (H-Milch, Milchpulver), getrocknete Hülsenfrüchte und energiereiche Lebensmittel (Reis, Nudeln, Haferflocken). Achten Sie auf familiäre Essgewohnheiten, Allergien und Medikamente.

D. Notgepäck / Evakuierungsrucksack
(BBK-Empfehlung)

Packen Sie zusätzlich ein leicht transportables Notgepäck (für 48–72 Std. / Evakuation). Inhalt (Kurzfassung):

  • Persönliche Medikamente (10 Tage Vorrat oder Rezepte), Hausapotheke, Blutstillungsmaterial, Pflaster.

  • Batteriebetriebenes Radio, Ersatzbatterien / Powerbank / Solar-Charger.

  • Verpflegung für 2 Tage in staubdichter Verpackung, Wasserflasche, Essgeschirr, Dosenöffner, Taschenmesser.

  • Taschenlampe, Ersatzbatterien, Schlafsack/Decke, Wechselkleidung, Wetterschutz, Arbeitshandschuhe.

  • Dokumentenmappe (Ausweis, Versicherungen, Notfallkontakte, Impfpass-Kopie) in wasserdichter Hülle. 

E. Medizin & Gesundheit

  • Persönliche Dauermedikamente: Vorrat für mind. 10 Tage (besser 30 Tage, wenn möglich). Rezeptkopien bereithalten.

  • Erste-Hilfe-Set: Pflaster, Verbandmaterial, Desinfektionsmittel, Schmerzmittel, Fieberthermometer. Besuchen Sie einen Kurs in Erster Hilfe / taktischer Erster Hilfe. 

F. Energie & Kochen ohne Strom

  • Powerbank(n) mit hoher Kapazität, Solar-Ladegerät.

  • Camping-Gaskocher + Ersatzkartuschen oder Spirituskocher; Feuerzeuge/Streichhölzer trocken lagern.

  • Kerzen, Stirnlampe, Reservebatterien.

  • (Wer Generatoren nutzt: sichere Betriebsanleitung beachten, Brennstofflagerung brand-/raumgerecht.)

G. Sicherheit & Gemeinschaftliches Vorgehen

  • Klare, schriftliche Absprachen mit Nachbarn/Gruppe (Treffpunkt, Verantwortlichkeiten, Kommunikationsplan).

  • Rolle verteilen (Sicherheit, Medizin, Lebensmittel, Technik).

  • Regelmäßige Übungen / Treffen und gemeinsame Kontrolle des Vorrats (Rotation, Verbrauch). (Empfehlung: Planen Sie Gruppenabläufe vor einer Krise.) 

H. Lagerung & Rotation 

  • Lagerort: kühl (idealerweise <20 °C), trocken, dunkel; keine Lagerung direkt am Boden (Gefahr von Feuchte) und nicht im Keller, wenn Überflutungsrisiko besteht.

  • FIFO-Prinzip (first in, first out): neue Ware nach hinten stellen, ältere vorziehen. Etikettieren mit Einkaufsdatum / Mindesthaltbarkeitsdatum.

  • Prüfintervall: einmal pro Quartal kurz kontrollieren; Dosen auf Beulen prüfen, angebrochene Packungen verwenden. Ersatz / Auffüllen je nach Verbrauch bzw. 1× jährlich durchdrehen. 

I. Konkrete Sofort-Checkliste 

  • Wasser: 20 L pro Person vorrätig (10 Tage à 2 L). 

  • Lebensmittel: Grundsortiment (Getreide 3,5 kg; Gemüse 4 kg; Obst 2,5 kg; Milchprodukte 2,6 kg – pro Person für 10 Tage). 

  • Notgepäck gepackt (Medikamente, Radio, 2 Tage Verpflegung, Dokumente). 

  • Hausapotheke & Dauermedikamente (10+ Tage) geprüft. 

  • Kochoptionen ohne Strom vorhanden (Gaskocher/Spiritus), Feuerzeug/Streichhölzer, Powerbank.

  • Lagerplatz geprüft (kein Hochwasser-Risiko), Vorräte markiert & FIFO eingeführt. 

  • Nachbarschaftsnetz / 3-5 Vertrauenspersonen identifiziert (Rollen verteilt). 


Notfall-Checkliste für Kinder
(1 Person)

1. Wasser & Getränke

  • Trinkwasser 1-1,5 Liter pro Tag für 3 Tage (insgesamt 3-4,5 l)

  • Kinderfreundliche Elektrolytgetränke oder Saft: 0,5 l pro Tag (1,5 l)


2. Lebensmittel Babys und Kleinkinder

  • Fertigbrei / Babynahrung (je nach Alter) ca. 3 Gläschen pro Tag / 3 Tage (9 Gläser)

  • Kinder-Snacks, Müsliriegel, Kekse ca. 150–200 g pro Tag / 3 Tage

  • Getrocknete Früchte oder Nüsse (falls ab 3 Jahre) 50 g pro Tag / 3 Tage

    Lebensmittel Kinder
    30-50% der Erwachsenenmengen (Erfahrungswerte anwenden)


3. Medizin & Hygiene

  • Persönliche Medikamente, nach Gewicht dosiert

  • Fieberthermometer (digital)

  • Pflaster, sterile Kompressen, Mullbinden

  • Desinfektionsmittel kindgerecht

  • Windeln / Feuchttücher / Wickelunterlage (bei Säuglingen)

  • Kinderzahnbürste & Zahnpasta

  • Haarbürste / Kamm

  • Sonnenschutz (Lichtschutzfaktor ≥ 30)


4. Kleidung & Schutz

  • Wetterfeste Jacke / Hose

  • Unterwäsche & Socken 3–4 Sätze

  • Mütze / Handschuhe

  • Robuste Schuhe

  • Regenponcho oder leichte Regenjacke


5. Schlaf & Unterkunft

  • Schlafsack oder Decke kindgerecht

  • Luftmatratze / Isomatte (optional, altersabhängig)

  • Lieblingskuscheltier / kleine Decke für psychologischen Komfort


6. Sicherheit & Kommunikation

  • Taschenlampe / Stirnlampe, Batterien

  • Notfallarmband mit Name, Adresse, Telefonnummer der Eltern

  • Pfeife / kleines Signalgerät


7. Unterhaltung & psychologischer Schutz

  • Malblock, Stifte, kleine Spiele

  • Lieblingsbuch oder Bilderbuch

  • Hörspiel / MP3-Player mit Kopfhörern (optional)


8. Dokumente & Wichtige Unterlagen

  • Kopie von Ausweis / Gesundheitskarte

  • Impfpass

  • Kinderbetreuungsinformationen / Allergiehinweise


9. Optional

  • Kleine Taschenmesser / Multifunktionswerkzeug (nur bei älteren Kindern und unter Aufsicht)

  • Kleine Wasserflasche zum Mitnehmen



Notfall-Checkliste für Haustiere 

(1 Tier)

1. Wasser

  • Frisches Trinkwasser 50 ml pro kg Körpergewicht pro Tag (z. B. 5 kg Hund = 0,25 l/Tag → 0,75 l für 3 Tage)


2. Futter

  • Trockenfutter / Nassfutter, Menge wie gewohnt für 3 Tage vorrätig

    • Hund: 30–50 g pro kg Körpergewicht / Tag

    • Katze: 25–35 g pro kg Körpergewicht / Tag

  • Leckerlis / Snacks kleine Menge für Training / Motivation


3. Medikamente & Gesundheit

  • Regelmäßig benötigte Medikamente (Dosierung wie verschrieben)

  • Floh- / Zeckenschutz (falls saisonal notwendig)

  • Erste-Hilfe-Set für Tiere: Mullbinden, Wunddesinfektion, Pinzette

  • Impfpass / Tierarztkontakte


4. Hygiene

  • Katzentoilette + Streu für 3 Tage

  • Kotbeutel für Hunde für 3 Tage

  • Handtücher / kleine Decken zum Abwischen / Unterlage

  • Bürste / Kamm (falls Fellpflege nötig)


5. Sicherheit & Transport

  • Transportbox oder Leine / Geschirr

  • Halsband / Mikrochip-Nummer / ID-Tag

  • Decke oder Lieblingsspielzeug für Sicherheit


6. Schlaf & Unterkunft

  • Liegeplatz / Körbchen / Decke

  • Optional: kleines Zelt oder geschützter Bereich bei Evakuierung


7. Kommunikation & Notfallinfos

  • Kontaktinformationen Tierarzt / Notfallklinik

  • Notfallplan, falls Trennung von Haustier erforderlich


8. Optional

  • Extra Futter für 1 Tag Reserve

  • Wasser- und Futternapf, ggf. faltbar

  • Spielzeug zur Stressreduktion




Wo Sie offizielle Checklisten & Hilfen finden 

  • BBK — Ratgeber „Notfallvorsorge“ & Notgepäck/Checklisten (PDF mit 10-Tage-Tabelle): BBK-Publikationen. BBK+1

  • DRK / Rotes Kreuz – Hinweise zu Wassermengen (20 L / 10 Tage) und Notfallsets. DRK e.V.

  • Ernährungsvorsorge / Vorratskalkulator – genaue, kalorienbasierte Berechnung und Tabellen (1–28 Tage). ernaehrungsvorsorge.de

  • Verbraucherzentrale – Marktchecks, Lagerungsempfehlungen und Praxischecks. Verbraucherzentrale Sachsen

Montag, 22. September 2025

Wer Bahn fährt hat bekanntlich ein erhöhtes Risiko, seinen Terminplan zu verpassen


„Pünktlich wie die Deutsche Bahn“ – Ein Märchen aus vergangenen Tagen

Es war einmal eine Bahn, die fuhr pünktlich. Ihre Züge glitten wie Uhrwerke durch die Landschaft, ihre Fahrpläne waren heilige Schriften, und ihre Ansagen klangen wie Musik in den Ohren der Reisenden. Doch dann kam die Realität – und mit ihr die Verspätung.

Willkommen im Jahr 2025, wo die Deutsche Bahn das Konzept der Zeit neu interpretiert hat. Minuten? Relativ. Stunden? Optional. Anschlusszüge? Eine Frage des Glaubens. Wer heute mit der Bahn reist, braucht nicht nur ein Ticket, sondern auch Geduld, Humor und eine gewisse Affinität zu Improvisationstheater. Gerechterweise muss ich schon sagen, dass etliche Terminfahrten gut geklappt haben. Je mehr Sie umsteigen müssen, desto höher die Gefahr von Ausfällen oder Verschiebungen, also mehr Probleme durch Zeitverlust.

Die Kunst der Durchsage

„Der Zug hat etwa 10 Minuten Verspätung.“, eine klassische Ouvertüre. Es folgt das Crescendo: „Wegen einer Signalstörung verzögert sich die Weiterfahrt um unbestimmte Zeit.“ Und das Grande Finale: „Dieser Zug endet heute außerplanmäßig in Nirgendwo.“ Applaus für die Durchsage, Buh-Rufe für die Realität. Manche Fahrgäste haben begonnen, die Durchsagen zu bewerten – wie Theaterkritiker: „Die heutige Performance war solide, aber das Timing der Pointe ließ zu wünschen übrig.“

Ursachenvielfalt – ein Kaleidoskop der Ausreden

Die Deutsche Bahn ist kreativ. Mal ist es ein „Personen im Gleis“, mal ein „technischer Defekt“, dann wieder „Witterungsbedingte Einschränkungen“ – bei 25 Grad und Sonnenschein. Manchmal scheint es, als sei die Bahn Opfer einer besonders launischen Götterversammlung, die täglich neue Prüfungen schickt. Es gibt sogar Gerüchte über eine geheime Abteilung, die täglich neue Ausreden generiert – mit KI-Unterstützung und einem Würfel. ;-)

Die Fahrgäste – Helden des Alltags

Sie stehen, sie warten, sie hoffen. Manche haben sich bereits mit dem Schicksal arrangiert und bringen Campingstühle mit. Andere führen philosophische Gespräche über die Natur der Zeit. Wieder andere schreiben Romane – inspiriert von der Wartehalle. Die Bahn verbindet Menschen, wenn auch nicht immer Orte. Es entstehen Freundschaften, WG-Gründungen und gelegentlich sogar Liebesgeschichten – alles zwischen Gleis 7 und dem Fahrkartenautomaten.

Digitalisierung? Ja, aber…

Die App zeigt: „Zug fährt pünktlich“. Der Bahnsteig zeigt: „Zug fällt aus“. Der Zugführer sagt: „Ich weiß auch nicht mehr als Sie.“ Willkommen im Bermuda-Dreieck der Informationstechnologie. Wer hier Klarheit sucht, findet bestenfalls ein Fake. Manche Nutzer berichten von mystischen Push-Nachrichten: „Ihr Zug wird bald seine Fahrt fortsetzen.“

Bonuslevel: Bahn-Bingo

Erfahrene Bahnreisende spielen inzwischen Bahn-Bingo. Die Felder: „Verspätung wegen Bauarbeiten“, „Zug endet in anderem Bahnhof“, „Kein Catering“, „Klimaanlage defekt“, „Toilette gesperrt“. Wer eine Reihe voll hat, gewinnt – nichts. Aber Stolz ist unbezahlbar.

Mittwoch, 17. September 2025

Bürgergeld zwischen Fürsorge und Verantwortung - böses Erwachen für Protestwähler der AfD

Die Reform des Bürgergeldes im Rahmen des sogenannten „Herbstes der Reformen“ markiert einen tiefgreifenden Wandel im deutschen Sozialstaat. Die CDU/CSU verfolgt dabei eine Linie, die auf mehr Eigenverantwortung und weniger bedingungslose Unterstützung setzt. Diese politische Neuausrichtung ist nicht nur Ausdruck haushaltspolitischer Zwänge, sondern auch ein ideologisches Statement: Der Staat soll nicht länger primär absichern, sondern aktivieren.

Die Abschaffung der sogenannten „Vertrauenszeit“ und die Einführung schärferer Sanktionen für Arbeitsverweigerung sind zentrale Elemente dieser Reform. Wer zumutbare Arbeit ablehnt, soll künftig mit dem vollständigen Wegfall des Bürgergeldes rechnen müssen. Damit wird ein Paradigmenwechsel vollzogen: Der Sozialstaat wird nicht mehr als bedingungsloser Garant für das Existenzminimum verstanden, sondern als Vertrag auf Gegenseitigkeit. Hilfe wird nur gewährt, wenn der Empfänger sich aktiv um Teilhabe bemüht.

Diese Entwicklung ist nicht ohne Risiko. Sie basiert auf der Annahme, dass viele Bürgergeldempfänger nicht arbeiten wollen, obwohl empirische Studien zeigen, dass die meisten durchaus bereit sind, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren – sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Die Reformen setzen auf Druck statt auf Motivation, auf Kontrolle statt auf Vertrauen. Das birgt die Gefahr, dass Menschen mit komplexen Problemlagen – etwa psychischen Erkrankungen, Bildungsdefiziten oder familiären Belastungen – durch das Raster fallen.

Gleichzeitig ist die Forderung nach Eigeninitiative nicht nur legitim, sondern notwendig. Ein Sozialstaat, der ausschließlich auf Fürsorge setzt, läuft Gefahr, Abhängigkeiten zu zementieren. Wer langfristig auf Transferleistungen angewiesen ist, verliert nicht nur ökonomische Sicherheit, sondern oft auch soziale Teilhabe und Selbstwirksamkeit. Deshalb ist es richtig, Eigenverantwortung zu fördern – aber nicht durch Sanktionen allein, sondern durch gezielte Unterstützung, Bildung, Beratung und Perspektiven.

Die politische Debatte um das Bürgergeld ist damit ein Spiegelbild eines tieferliegenden Konflikts: Wie viel Verantwortung darf der Staat dem Einzelnen zumuten, und wie viel Schutz muss er garantieren? Die CDU/CSU setzt auf ein Modell, das Leistung belohnt und Passivität bestraft. Doch ein gerechter Sozialstaat muss mehr sein als ein Kontrollinstrument. Er muss befähigen, nicht nur fordern. Er muss Vertrauen schenken, nicht nur misstrauen. Und er muss die Vielfalt menschlicher Lebenslagen anerkennen, statt sie in ein starres Regelwerk zu pressen.

Die Reformen des Herbstes sind ein Weckruf – für die Politik, die Gesellschaft und jeden Einzelnen. Sie fordern mehr Eigeninitiative, aber sie dürfen nicht vergessen, dass echte Teilhabe nur dort entsteht, wo Menschen nicht nur gefordert, sondern auch gefördert werden.

Die Gefahr, dass Bürgergeldempfänger und Bezieher von Grundsicherung in größerer Zahl zur AfD abwandern, ist real.

Laut aktuellen Analysen und Wahlergebnissen, etwa bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen, zeigt sich eine deutliche Tendenz: Die AfD gewinnt zunehmend in klassischen Arbeiterregionen und bei Menschen, die sich sozial abgehängt fühlen. Politikwissenschaftler wie Werner J. Patzelt sprechen davon, dass die AfD sich zur „Partei der kleinen Leute“ entwickelt – also jener, die früher SPD oder teils auch die Linke gewählt haben.

Interessanterweise sind es nicht unbedingt die Bürgergeldempfänger selbst, sondern oft jene, die knapp über der Bedürftigkeitsgrenze leben – Menschen mit niedrigem Einkommen, kleinen Selbstständigen, Facharbeitern – die sich durch das Bürgergeld benachteiligt fühlen. Das Narrativ „Ich arbeite hart, andere bekommen Geld fürs Nichtstun“ ist ein emotionaler Treiber, den die AfD gezielt bedient. Die Empörung über vermeintliche Ungerechtigkeit, etwa bei der Migration in die Sozialsysteme, wird dabei politisch instrumentalisiert.

Gleichzeitig ist die AfD in ihrem eigenen Programm extrem restriktiv gegenüber Sozialleistungen: Sie fordert unter anderem gemeinnützige Zwangsarbeit für Bürgergeldempfänger nach sechs Monaten und will den Anspruch für Nicht-Deutsche erst nach zehn Jahren sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung gewähren. Das bedeutet: Wer Bürgergeld bezieht, würde unter einer AfD-Regierung deutlich schlechter gestellt – was viele Wähler möglicherweise nicht vollständig überblicken.

Die eigentliche Gefahr liegt also weniger darin, dass „alle“ Bürgergeldinteressenten die AfD wählen, sondern dass sich ein wachsendes Gefühl von Ungerechtigkeit und politischer Entfremdung in den unteren sozialen Schichten breitmacht. Wenn etablierte Parteien keine glaubwürdige Antwort auf diese Sorgen liefern – etwa durch gerechte Reformen, bessere Kommunikation und echte Teilhabechancen – entsteht ein Vakuum, das die AfD füllt.

Es ist ein Weckruf für die demokratischen Parteien: Wer den Sozialstaat umbaut, muss ihn auch erklären. Wer Eigenverantwortung fordert, muss auch Perspektiven bieten. Sonst droht eine politische Polarisierung, in der die AfD nicht nur Protestpartei bleibt, sondern zur dauerhaften Kraft in den sozialen Brennpunkten wird.


Sonntag, 14. September 2025

Charlie Kirks Todesschütze

Der mutmaßliche Attentäter von Charlie Kirk ist der 22-jährige Tyler Robinson, ein Elektriker-Auszubildender aus dem Süden Utahs. Er wurde zwei Tage nach dem tödlichen Anschlag auf Kirk festgenommen, nachdem sein Vater ihn selbst zur Polizei gebracht hatte.

Robinson soll in Online-Foren mehrfach hasserfüllt über Kirk gesprochen haben. Auf Patronenhülsen, die am Tatort gefunden wurden, waren antifaschistische Parolen eingraviert – etwa „Hey Faschist, fang!“ und „Bella Ciao“. Die Ermittler gehen von einem politisch motivierten Attentat aus.

Die Tatwaffe war ein Hochleistungs-Bolzengewehr, das für Präzisionsschüsse aus großer Distanz geeignet ist. Kirk wurde bei einer Veranstaltung an der Utah Valley University aus etwa 130 Metern Entfernung tödlich am Hals getroffen. Der Schütze feuerte vom Dach eines Universitätsgebäudes und floh anschließend.

Das FBI veröffentlichte Video- und Bildmaterial des Verdächtigen und setzte eine Belohnung von 100.000 Dollar aus. Robinson wurde schließlich durch Hinweise aus seinem persönlichen Umfeld identifiziert und festgenommen. Donald Trump bezeichnete Kirk als „Märtyrer für die Wahrheit und die Freiheit“ und machte die „radikale Linke“ für die Tat verantwortlich.
Der Gouverneur von Utah, Spencer Cox, sprach sich für die Todesstrafe aus und rief zur Besonnenheit auf

Tyler Robinson selbst ist nicht als Mitglied einer Partei registriert und hat laut Berichten bei den Präsidentschaftswahlen 2020 und 2024 nicht gewählt. Er gilt also offiziell als parteiloser Wähler. Seine Eltern sind registrierte Republikaner und leben in einem konservativen Umfeld in Utah. Die Familie gehört zur mormonischen Glaubensgemeinschaft, praktiziert den Glauben aber offenbar nicht mehr aktiv. Robinson war ein Einser-Schüler und galt als intelligent und zurückhaltend. In den letzten Jahren soll er sich zunehmend politisiert haben und äußerte sich kritisch gegenüber Charlie Kirk und dessen ultrarechten Ansichten. Obwohl Robinson aus einem republikanischen Elternhaus stammt, lässt sich nicht eindeutig sagen, ob er selbst Republikaner ist. Er scheint sich politisch eher unabhängig und widersprüchlich entwickelt zu haben – mit Elementen aus verschiedenen ideologischen Richtungen. Eventuell auch ein Hass auf Republikanisches, Rechtsextremes.

t-online.de / Berliner Kurier / Berliner Zeitung / taz.de / Euronews (Deutsch)

Freitag, 12. September 2025

Was will dieser russische Drohnenangriff auf Polen?


1. Faktenlage

Am 9.–10. September 2025 drangen zwischen 19 und 23 russische Drohnen in den polnischen Luftraum ein; einige wurden von polnischen und NATO-Jets abgefangen, mindestens ein Wohnhaus wurde getroffen1.

2. Attribution und Absicht

  • Wahrscheinlich absichtlich oder grob fahrlässig: Die Zahl und Koordination der Drohnen spricht gegen einen bloßen Navigationsfehler2.

  • Russlands Linie: Moskau weist Verantwortung zurück, Belarus sprach von „Kontrollverlust“3.

  • Westliche Bewertung: eher Test oder Provokation zur Prüfung der NATO-Reaktion4.

3. Technische Merkmale der Drohnentypen

Berichten zufolge wurden vor allem Shahed-136 (russ. Geran-2) eingesetzt:

  • Reichweite bis zu 2.000 km, Sprengkopf ~40 kg.

  • GPS-Navigation, aber anfällig für elektronische Störungen.

  • „Loitering munition“: kreist über Zielgebiet, sucht Schwachstellen, greift dann an5.
    Auch kleinere Aufklärungsdrohnen (Orlan-10) wurden beobachtet; diese können zur Zielmarkierung dienen6.

4. NATO-Rechtsrahmen

  • Artikel 4: Konsultation. Ein Mitglied kann jederzeit Beratungen beantragen, wenn seine Sicherheit bedroht ist. Polen tat dies bereits mehrfach.

  • Artikel 5: „Bewaffneter Angriff“ auf ein Mitglied = kollektive Verteidigungspflicht. Aber: kein Automatismus, sondern politischer Beschluss des NATO-Rates. Jeder Staat entscheidet Form und Umfang seiner Beiträge7.
    Im aktuellen Fall läuft nur Artikel 4; Artikel 5 wurde bewusst nicht aktiviert.

5. Schlussbefund

  • Wahrscheinlichkeit: Gezielte Provokation oder rücksichtsloser Teil einer größeren Angriffswelle; Die russ. Drohnen flogen mit lettischen und polnischen SIM-Karten, wohl um die Einsatzfähigkeit in diesen Gebieten zu testen. 

  • Politische Bedeutung: Ernste Eskalation, aber (noch) unterhalb der Schwelle zum kollektiven Verteidigungsfall.

  • Risiko: Jede Wiederholung erhöht die Gefahr eines NATO-Russland-Zusammenstoßes.


    Timeline — Drohnenvorfall in Polen
    (9.–10. Sept. 2025)

    Zeiten in MEZ. Quellen am Ende jedes Eintrags.
    23:30 – 00:00 Uhr (9. Sept.)
    Erste Luftraumverletzungen in östlichen Grenzregionen Polens (Lublin, Podlachien).
    Quelle: Wikipedia
    spätere Nacht (9.–10. Sept.)
    NATO- und polnische Jagdflugzeuge werden alarmiert; Flugplätze in Lublin & Rzeszów-Jasionka teils gesperrt; Regionen: Lublin, Podlachien, östliches Masowien.
    Quelle: Reuters
    Über Nacht bis frühmorgens
    Etwa 19 Objekte im polnischen Luftraum; Abschüsse in Lublin, Podlachien, südliches Lublin Voivodeship; Trümmer/Wracks gefunden.
    Quelle: Reuters
    02:00 – 04:00 Uhr
    Trümmerfunde und Schäden: Wyryki-Wola, Lublin Voivodeship; Regionen: Lublin, Podlachien.
    Quelle: ABC News
    Frühmorgens, bis ca. 06:30 – 06:45 Uhr
    Letzte Abschüsse durch NATO/Polen; Regionen: Lublin, Podlachien, südliches Masowien; Unterstützung durch Niederlande & Belgien.
    Quelle: Wikipedia · NATO
    10. Sept., tagsüber
    Polen ruft NATO-Artikel 4 ein; Konsultationen und Sicherheitsrat-Beratungen; betroffene Regionen: gesamtes Polen, besonders Ostpolen.
    Kurzkommentar: Zeitangaben beruhen auf Medien- und NATO-Berichten. Konsolidierte offizielle Angaben: ~19 Objekte, 3 bestätigte Abschüsse, mehrere Wrackteile (~7) in Lublin, Podlachien und südlichem Masowien.

Quellen

  1. Reuters: „Polish jets intercept Russian drones over Lublin region“, 10.09.2025.

  2. Carnegie Endowment, Einschätzung zur Navigationslogik der Shahed-Drohnen, September 2025.

  3. Belta (Minsk) – belarussische Regierungsdarstellung, 11.09.2025.

  4. Institute for the Study of War (ISW), Russia Situation Report, 12.09.2025.

  5. Royal United Services Institute (RUSI), „Shahed-136 Technical Profile“, 2024.

  6. NATO StratCom Centre of Excellence, „Orlan-10 as a Tactical Asset“, 2023.

  7. North Atlantic Treaty, Art. 4 und 5; NATO-Website, Legal Framework, abgerufen 2025.