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Sonntag, 4. September 2011

Diskussion - Leben im Alter: Sind Rentenbeitragssenkungen tatsächlich angebracht?

(VdK) Rentenbeitragssenkungen sind nicht das Gebot der Stunde, so die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, anlässlich zuletzt veröffentlichter Meldungen, nach denen die Bundesregierung den Rentenbeitrag zum 1. Januar 2012 um 0,3 Prozent senken will. Mascher weiter: „Die Überschüsse der Rentenkassen sollten lieber in die Bekämpfung und Vermeidung von Altersarmut investiert werden.“ Vor allem Geringverdiener und Erwerbsgeminderte müssten besser für das Alter abgesichert werden.

Mascher forderte die Bundesregierung auf, die Rente nach Mindesteinkommen wieder einzuführen: „Damit wäre ein Mindeststandard an Alterssicherung für Millionen Geringverdiener gewährleistet“. Auch Erwerbsminderungsrentner müssten vor Rentenkürzungen bewahrt werden: „Menschen, die wegen einer Krankheit nicht in der Lage sind, das gesetzliche Renteneintrittsalter zu erreichen, dürfen nicht in die Altersarmut abgedrängt werden.“

Die Altersarmut sei deutschlandweit auf dem Vormarsch, so die VdK-Präsidentin. Sie verwies auf die Entwicklung bei den Grundsicherungsempfängern im Alter. Die Zahlen sind hier zwischen 2003 und 2009 um 55 Prozent gestiegen. „Altersarmut ist kein theoretisches Problem mehr, sie ist eine konkrete Gefahr für immer mehr Menschen in Deutschland“, fasste Mascher zusammen.

Die Lage der Rentnerinnen und Rentner entwickelt sich nach Ansicht des Sozialverbands VdK auch deshalb so brisant, weil die Rentenkürzungsfaktoren Jahr für Jahr die Renten dämpfen. So fiel beispielsweise die Rentenerhöhung vom 1. Juli 2011 mit 0,99 Prozent erheblich niedriger aus als die durchschnittlichen Lohnsteigerungen von 3,1 Prozent im Westen und 2,55 Prozent im Osten und deckt nicht einmal die aktuelle Inflationsrate von 2,3 Prozent.

Ulrike Mascher verwies beim Thema Altersarmut auch auf die VdK-Forderung nach einer besseren rentenrechtlichen Absicherung für pflegende Angehörige, die ihre Familienmitglieder zu Hause versorgen und dafür bisher so gut wie keine Rentenansprüche erwerben. Vor allem Frauen seien dadurch „stark von Altersarmut bedroht“.

Die Vermeidung von Altersarmut müsse an mehreren Stellen ansetzen, sagte Mascher: „Wir fordern einen branchenübergreifenden, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Von Hungerlöhnen lässt sich keine armutsvermeidende Altersversorgung aufbauen.“

Um all diese Ansätze zu bündeln, sollten Armutsbeauftragte bei Bund und Ländern eingesetzt werden, die die Sozial-, Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Bildungspolitik koordinieren. Mascher: "Die Bundesregierung muss die günstigen finanziellen Bedingungen nutzen und jetzt einen konkreten nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut auf den Weg bringen. "

(SV)

Dienstag, 23. August 2011

Diskussion - Private Pflegeversicherung: Sinn und Nutzen einer verpflichtenden privaten Pflegevorsorge

(VdK/SV) „Das Recht auf gute Pflege darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen abhängen“, so die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, zu den Plänen von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr zur Einführung einer verpflichtenden privaten Zusatzvorsorge in der Pflegeversicherung. „Wohin es führt, wenn man auf den Kapitalmarkt setzt, das hat die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise gezeigt.“ Die Absicherung gegen das Lebensrisiko eines möglichen Pflegefalls müsse für den Einzelnen verlässlich sein. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dürften nicht den Risiken der internationalen Kapitalmärkte ausgesetzt werden.

Viele gesetzlich Versicherte sind bereits jetzt durch Zusatzbeiträge in der Kranken-versicherung einseitig überproportional belastet, führte die VdK-Präsidentin in Berlin weiter aus. „Zudem ist es insbesondere für Geringverdiener und Ältere unmöglich, einen privat zu finanzierenden Kapitalstock für einen stationären Pflegefall aufzubauen.“ Heute angelegtes Kapital nütze für den augenblicklichen Finanzbedarf der Pflegeversicherung ohnehin nichts.
Gute Pflege kostet Geld, das ist keine Frage“, so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Der Sozialverband VdK fordert deshalb einen Risikostrukturausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung. „Ein Risikostrukturausgleich schafft mehr systemübergreifende Solidarität“, so Mascher. Obwohl Privatversicherte ein höheres Durchschnittseinkommen haben, zahlen sie eine niedrigere durchschnittliche Prämie als gesetzlich Versicherte. Darüber hinaus besteht bei ihnen ein deutlich geringeres Risiko, pflege-bedürftig zu werden. Trotz identischer Leistungen haben private Pflegeversicherungen im Vergleich zu den gesetzlichen nur 50 Prozent der Pro-Kopf-Ausgaben. Nach Angaben des Sozialverbands VdK erwirtschaften die privaten Pflegekassen jedes Jahr einen Überschuss von 1,3 Milliarden Euro und haben 21 Milliarden Euro an Rücklagen gebildet.
Leistungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige, wie zum Beispiel die beitragsfreie Mitversicherung von Familienmitgliedern, müssen künftig zum Teil auch aus Steuermitteln finanziert werden“, forderte die VdK-Präsidentin, „das ist in der Kranken- und Rentenversicherung schon längst üblich.“ Außerdem müsse man auch über eine moderate Beitragserhöhung in der gesetzlichen Pflegeversicherung unter paritätischer Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern nachdenken. Mascher: „Die Bevölkerung wird leicht erhöhte Beiträge für die Pflegeversicherung akzeptieren, wenn dafür endlich die notwendigen Verbesserungen und Erweiterungen in der Pflegeversicherung realisiert werden.“ 


Nachtrag:

Der VdK schlägt zum 22.8.2011 einen Finanzierungsmix aus drei Komponenten vor:

Erstens: eine geringe Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrags. Dabei müssen auch die Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden, auf deren Druck hin bei der Einführung der Pflegeversicherung 1995 bundesweit mit Ausnahme von Sachsen der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag geopfert wurde.

Zweitens sollten die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern künftig aus Steuermitteln und nicht nur von den Beitragszahlern finanziert werden.

Und drittens hält der VdK einen Solidarausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung für angemessen. „Die jährlichen Milliardenüberschüsse in der privaten Pflegeversicherung könnten zur Finanzierung von Leistungen für Demenzkranke verwendet werden, die allen Versicherten, egal ob privat oder gesetzlich versichert, zugute kämen."

[SV Wir hätten allerdings hier ein kleines Problem: Welche Versicherung in Westeuropa lässt sich schon Überschüsse beschlagnahmen? Aktuell in Ungarn wurden vor wenigen Monaten private Lebensversicherungen beschlagnahmt und in den Rententopf gebuttert, damit staatliche Rentenzahlungen noch möglich sind. Solche "kriminell" anmutenden Staatsaktionen erscheinen mir auch hierzulande sehr unerwünscht.]

Samstag, 20. August 2011

Diskussion - Armut in Deutschland: Wie steht es mit unserem Armutsbekämpfungsprogramm?

(vdk) Die Armutsbekämpfung muss ganz oben auf die politische Agenda meint auch der Sozialverband VdK anlässlich einer aktuell veröffentlichten Analyse der Vereinten Nationen über die soziale Lage in Deutschland. „Die UN bestätigt die Position des Sozialverbands VdK, dass die Bundesregierung endlich ein umfassendes Armutsbekämpfungsprogramm auf den Weg bringen muss.“ Ein erster Schritt wäre die Einsetzung von Armutsbeauftragten auf Bundes- und Landesebene, um Maßnahmen der Sozial-, Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Bildungspolitik hinsichtlich der Armutsbekämpfung zu koordinieren.

Die UN-Analyse bezieht sich auf Zahlen aus dem Jahr 2008. Als „besonders erschreckend" bezeichnete es deshalb VdK-Präsidentin Ulrike Mascher, dass sich im Bereich Kinderarmut seither „kaum etwas bewegt hat". Die Teilhabe armer Kinder habe sich kaum verbessert. „Das Bildungspaket der Bundesregierung läuft weitgehend ins Leere“, konstatierte Mascher, „viel effektiver wäre es, diese Mittel dort einzusetzen, wo Kinder Tag für Tag betreut werden: in Schulen, Kitas und Kindergärten, beispielsweise für Mittagessen, Musikunterricht und Nachhilfe.“ Hier ließe sich ein diskriminierungsfreier Umgang auch viel besser realisieren, durch den Gang zum Amt fühlten sich viele arme Familien stigmatisiert.

Die hohe Zahl der so genannten „Aufstocker“ – der UN-Bericht geht von 1,3 Millionen Menschen aus, deren Einkommen trotz Arbeit nicht ausreicht – bezeichnete Mascher als „Zeichen einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik, die zu stark auf Niedriglöhne und Beschäftigungsformen wie Zeitarbeit setzt“. Sie wies in diesem Zusammenhang auf die Gefahr wachsender Altersarmut hin: „Wer trotz Arbeit heute Hartz IV beziehen muss, wird von seiner Rente nicht leben können.“ Schon jetzt ist festzustellen, dass die Zahl der Grundsicherungsempfänger im Alter deutlich wächst: Zwischen 2003 und 2009 war ein Anstieg um 55 Prozent zu verzeichnen. „Diese Entwicklung verläuft parallel zum zunehmenden Wertverlust der Renten“, erläuterte Mascher. Die Rentnerinnen und Rentner würden seit Jahren durch die Rentenkürzungsfaktoren von der allgemeinen Lohnentwicklung abgehängt, vom derzeitigen Aufschwung profitieren sie ebenfalls nicht: „Die diesjährige niedrige Rentenerhöhung von 0,99 Prozent wird von der Inflation von 2,3 Prozent mehr als eingeholt.“ Mascher warnte: „Die Kluft zwischen Arm und Reich darf nicht noch weiter wachsen. Das gefährdet den sozialen Frieden.“

(SV)

Sonntag, 7. August 2011

Diskussion - Integration von Behinderten: Aktionsplan für Menschen mit Behinderung greift zu kurz

(vdk/SV) Als „zu unverbindlich“ bezeichnete die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, den am 15.06.2011 im Kabinett verabschiedeten „Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung“. Der Plan enthalte keine rechtlichen Garantien und drohe deshalb zu einer gut gemeinten Absichtserklärung zu verkümmern, kritisierte Mascher.
„Solange die Mehrheit der 9,6 Millionen Menschen mit Behinderung in Deutschland Schwierigkeiten hat, problemlos in Ämter, Arztpraxen, Kinos und Theater zu gelangen oder öffentliche Verkehrsmittel hindernisfrei zu nutzen, ist das Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe im Alltagsleben für diese große Bevölkerungsgruppe noch lange nicht erreicht“, erklärte die VdK-Präsidentin.
„Als Tropfen auf den heißen Stein“ bezeichnete Mascher das Ziel der Bundesregierung, 4000 neue altersgerechte Jobs für schwerbehinderte Menschen über 50 Jahre zu schaffen. Angesichts von über 180 000 arbeitslosen Schwerbehinderten und einer im Vergleich zum Vorjahr steigenden Arbeitslosigkeit dieses Personenkreises, sei die Initiative der Bundesarbeitsministerin „bei weitem nicht ausreichend“, um die Beschäftigungschancen der Betroffenen deutlich zu erhöhen.


Mittwoch, 27. Juli 2011

Diskussion zu "Familiäre Lebensformen" - Pflegesituation: Demenzkranke nicht länger vertrösten

VdK-Präsidentin Mascher fordert den Start der versprochenen Pflegereform

(SV/vdk) „Im von der Regierung ausgerufenen Jahr der Pflege 2011 ist es bereits Hochsommer geworden, doch an der Situation, zum Beispiel für Demenzkranke und ihre Angehörigen, hat sich bisher nicht das Geringste zum Besseren gewendet“, sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, angesichts der Tatsache, dass die von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr für den Sommer versprochene Vorlage der Eckpunkte einer Pflegereform bisher ausgeblieben ist. „Wir dürfen Demenzkranke nicht länger vertrösten“, appellierte Mascher an die Regierungsverantwortlichen. Bahrs Vorgänger, Ex-Gesundheitsminister Philipp Rösler, habe binnen Jahresfrist „Verbesserungen fest versprochen“, so Mascher weiter, man dürfe das Vertrauen der Menschen nicht enttäuschen.

[SV: Demenzkranke im Anfangsstadium bekommen zwar eine Pflegestufe, die Zählung beginnt bei 0, aber noch keine Sach- und Geldleistungen. So soll die Wartezeit auf Pflegestufe 1 verkürzt werden, wenn die Anzeichen sich verstärken, obwohl sie oft schon da sind und Gefahr durch Fehlbedienungen und Vergesslichkeit besteht. Oder sie bekommen gleich Pflegestufe 1, obwohl sie den Unterstützungsbedarf der Pflegestufe 2 haben. Hat ein Demenzkranker die Pflegestufe 2 erreicht, muss bei 24-h-Betreuung durch ungelernte osteuropäische Kräfte und zusätzlicher Hilfe bei Engpässen immer noch mit einem Eigenaufwand von an die 1800 bis 2000 EUR pro Monat gerechnet werden. Frage: Wer kann das heute und in Zukunft bei Massenmindereinnahmen und zerdepperter Rente noch bezahlen? Und soll man diese nicht fachmännische Hilfe wirklich so schätzen? Wenn es hart auf hart kommt, stehen die Betroffenen oft allein, bleibt nur noch der Seniorenheimplatz mit einer Eigenleistung von 2000 EUR/Mon.  aufwärts, je nach Pflegebedürftigkeit.]

Die Umsetzung des bereits seit 2009 vorliegenden, wissenschaftlich unstrittigen, erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriffs müsse endlich in Angriff genommen werden: „Es ist klar, dass die komplette Umstellung auf ein neues System der Beurteilung zur Pflegebedürftigkeit einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Doch der Startschuss dafür muss endlich fallen“, forderte die VdK-Präsidentin. Jeder Monat, der ungenutzt verstreicht, verschärfe die Situation der dementiell Erkrankten und ihrer Angehörigen. „Ohne deutliche Entlastung und finanzielle Unterstützung wird das Modell der Angehörigenpflege in der Betreuung Demenzkranker immer schneller abbröckeln“, warnte Mascher. Angesichts der demografischen Entwicklung, die eine steigende Zahl dementiell Erkrankter mit sich bringen wird, müsse die Bundesregierung bei der Pflegereform „endlich aufs Gas drücken“.

Zur von der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegten Berechnungen zur Finanzierung der Pflegereform sagte Mascher: „Es ist gut, dass wieder über Geld gesprochen wird. Bei dieser Frage tauchte die Bundesregierung bisher immer ab.“ Die von der SPD genannte Zahl von 4,2 Milliarden Euro Mehrbelastung bei Umsetzung der Verbesserungen für dementiell Erkrankte nannte Mascher „realistisch“. Vorschläge zur Finanzierung lägen dem Bundesgesundheits­minister auch bereits vor. Der Sozialverband VdK fordert etwa einen Ausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung sowie eine Anhebung der Beitragsbemessungs­grenze für gesetzlich Versicherte auf die Grenze, die für die Renten- und Arbeitslosen­versicherung festgelegt wurde. Wer derzeit mehr als 3712 Euro verdient, zahlt für das darüber liegende Gehalt keinen Beitrag für Kranken- und Pflegeversicherung mehr. Die Beitragsbe­messungsgrenze für die Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt dagegen bei 5500 Euro.

Mit seiner bundesweiten Kampagne „Pflege geht jeden an“ setzt sich der Sozialverband VdK für eine Verbesserung der Situation von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ein (www.pflege-geht-jeden-an.de).