Freitag, 6. September 2024

Warum die Esten Sahra Wagenknechts Friedenswünsche nicht teilen können - und nicht nur die Esten





















Beharrlich fordert Sahra Wagenknecht Frieden zwischen Russland und der Ukraine. Aber sie versteht die Bedeutung des Begriffs nicht, schreibt Margus Paaliste aus Estland in seinem offenen Brief "Liebe Sahra Wagenknecht, Ihren Frieden möchte ich nicht". Dort herrscht Angst vor einem Einknicken gegenüber Putin – denn die Esten wissen, was totalitäre Herrscher unter „Frieden“ verstehen.

Der estnische Journalist kritisiert in seinem offenen Brief Sahra Wagenknecht und schreibt: „Sie haben keine Ahnung davon, was so wichtige Begriffe wie Frieden und Freiheit wirklich bedeuten.“ Er beschreibt seine Angst vor einem Einknicken gegenüber Putin: „Die Esten wissen, was totalitäre Herrscher unter ‚Frieden‘ verstehen.“ Er äußert seine Besorgnis über Wagenknechts Haltung: „Sie untergraben den gemeinsamen euro-atlantischen Kampf gegen den schrecklichsten Diktator, den Europa seit Stalin und Hitler gesehen hat.“

Der estnische Journalist beschreibt seine Besorgnis über Sahra Wagenknechts Friedensforderungen und die Reaktionen der Zuhörer: „Als ich mit Leuten sprach, die anwesend waren, um Ihnen zuzuhören, stimmten diese Ihnen zu. Sie sagten, das Einzige, was sie im Moment wollten, sei Frieden.“ Er betont, dass dies ein „völlig falsches Verständnis von Frieden“ sei und kritisiert Wagenknechts Aufrufe, sich in der NATO zurückzuhalten und Sanktionen gegen Russland abzubauen: „Das zeigt, dass Sie leider immer noch nicht verstanden haben, wie wichtig der Krieg in der Ukraine ist, und vor allem, wie wichtig Freiheit ist.“ Er warnt davor, dass Frieden unter einem totalitären Führer wie Putin nicht möglich sei: „Um aber einen wirklichen Frieden zu schließen, kann man nicht mit einem totalitären Führer verhandeln, ohne ihn für seine früheren Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.“

Paaliste diskutiert die Gefahren eines Friedensschlusses mit Russland unter der gegenwärtigen Herrschaft Putins. Es wird betont, dass ein solcher Frieden ohne den vollständigen Abzug der russischen Streitkräfte aus der Ukraine und ohne Bestrafung der begangenen Kriegsverbrechen, wie die Deportation ukrainischer Kinder und die Ermordung von Zivilisten, nur dazu führen würde, dass Putin weitere Konflikte in Nachbarländern anstiften würde. Die Ideologie der Russki Mir („Russische Welt“) wird als zentrale Motivation für Putins Handlungen dargestellt. Auch nachfolgende Diktatoren können diesen Weg einschlagen.

„Wenn der Frieden hergestellt wird, ohne die russischen Streitkräfte vollständig aus dem Hoheitsgebiet der souveränen Ukraine zu vertreiben und ohne die Kriegsverbrechen – wie die Deportation zehntausender ukrainischer Kinder und die Ermordung unzähliger ukrainischer Zivilisten – zu ahnden, wird Putin eine weitere Gelegenheit finden, in einige der souveränen Nachbarländer einzumarschieren.“

Zusätzlich wird auf die persönliche Perspektive des Autors eingegangen, der, obwohl er in Estland in Frieden lebt, Bedenken hinsichtlich der Freiheit und der Notwendigkeit, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, äußert.

Der Brief thematisiert die Sicherheitsbedenken der Esten angesichts der russischen Aggression und die Überlegungen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Es wird diskutiert, diese Ausgaben auf fünf Prozent oder mehr zu erhöhen, trotz der möglichen negativen Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten und Steuern. Der Autor betont, dass er lieber höhere Preise zahlt, als in Angst vor russischen Bomben zu leben. „Ich zahle lieber zwei Euro für ein Brot, als verzweifelt nach Essen zu suchen, während ich vor den russischen Bomben flüchte.“ Oder: „In den letzten zwei Jahren haben unsere Gemeinden über 100 öffentliche Plätze ausgewiesen, die als Unterkünfte genutzt werden könnten, wenn russische Bomben auf unserem Boden einschlagen.“ Und hier nennt er die permanente Urangst der Esten beim Namen: „Wir haben eine Art versteckte Angst, dass eine weitere russische Invasion stattfindet, wenn Menschen an die Macht kommen, die die Bedeutung des Krieges unterschätzen.“

Margus Paaliste äußert auch Bedenken über den Wunsch nach schnellem Frieden nach dem Diktat Puitins, den er als potenziell gefährlich ansieht, und stellt klar, dass er einen anderen Frieden wünscht: „Liebe Sahra Wagenknecht, auch ich wünsche mir Frieden. Aber nicht Ihren Frieden, sorry.“

Donnerstag, 5. September 2024

Untersuchung: Wie ostdeutsche Unternehmer die AfD sehen


(Matthias Diermeyer, IW) Unsere Untersuchung (gemeinsam mit Dr. Knut Bergmann und Wolfgang Schroeder) im Vorfeld der Landtagswahlen in Ostdeutschland zum Engagement von über 900 Unternehmen gegenüber der Rechtsaußen-Partei zeigen:

Auch die ostdeutschen Unternehmen verbinden mit der AfD vor allem Risiken. Als größte Sorge nennen die Unternehmen hier – wie in Westdeutschland – die Frage nach dem Bestand der EU und des Euros.
 
Selbst im Osten beträgt der Anteil an Unternehmen, die mit dem langfristigen Erstarken der AfD in verschiedenen ökonomischen Fragen Chancen verbinden, maximal rund 13 Prozent. 

Trotz der weitestgehend wirtschaftsliberalen Programmatik der Partei halten gerade einmal 29 Prozent der ostdeutschen Unternehmen einzelne AfD-Positionen für sinnvoll oder grundsätzlich vertretbar – im Vergleich zu 22 Prozent im Westen. 

Als eindeutige Unterstützer der rechtspopulistischen Partei lassen sich in Ost wie West nicht einmal fünf Prozent der Firmen einordnen. Demgegenüber erhebt jedes zweite westdeutsche und 29 Prozent der ostdeutschen Unternehmen öffentlich die Stimme gegen die Partei. Hinzu kommen weitere 15 Prozent im Westen und 19 Prozent im Osten, die sich intern gegen die Partei aussprechen. 

Wir schlussfolgern: Der von der AfD ausgerufene „Marsch durch die Organisationen“ hat in der Wirtschaft vorläufig in eine Sackgasse geführt. Vielmehr können lokale Unternehmer für das öffentliche Meinungsbildung, für Freiheit, Demokratie und Vielfalt, ausschlaggebend sein. Was sie insbesondere im Osten dabei bremst, ist eine weitverbreitete Enttäuschung mit den etablierten politischen Kräften.

Die Befragung wurde im IWZukunftspanels umgesetzt und zur Hälfte vom BDI - Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. finanziert. Vielen Dank an Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), das unsere Ergebnisse in seiner Discussion Paper Reihe veröffentlicht hat.

Wirtschaft: Steigende Frachtraten. Angeschlagener Welthandel setzt deutschen Außenhandel unter Druck


Foto von Diego Girón



Institut der deutschen Wirtschaft, Thomas Obst: Die deutschen Exporte stagnieren seit mehr als einem Jahr. Der angeschlagene Welthandel kommt durch hohe Frachtraten erneut unter Druck. Beides belastet den deutschen Außenhandel. 

Der internationale Schiffsverkehr ist die Achillesferse des globalen
HashtagWelthandels. Seit den Angriffen der Huthi-Rebellen müssen Containerschiffe große Umwege in Kauf nehmen – mit Folgen für die HashtagFrachtraten und Aufwärtsrisiken bei der Inflation in Deutschland.

Was die steigenden Frachtraten für die deutsche Außenwirtschaft bedeuten:

◾ Die deutsche Exporttätigkeit läuft im Jahr 2024 nur sehr gedämpft. Insgesamt sind die deutschen
HashtagExporte im 1. Halbjahr 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,6 Prozent gesunken. Aber vor allem der Handel mit Drittländern leidet. Lagen Exporte in Nicht-EU-Staaten im April noch bei über 62 Milliarden Euro, sind sie im Juli auf 58,7 Milliarden Euro gesunken.

◾ Die
HashtagLieferzeiten verzögern sich für wichtige Vorleistungsprodukte der deutschen Wirtschaft deutlich, mit bereits spürbaren Auswirkungen auf den deutschen Einzelhandel.

◾ Stark steigende Frachtraten bedeuten Aufwärtsrisiken bei der
 Inflation
. Diese ist im Euroraum und in Deutschland im Juli erneut angestiegen. Die Importpreise stiegen im Juni 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat erstmalig wieder seit Jahresbeginn 2023. Die letzte Meile der Inflationsbekämpfung wird holprig.

Die derzeitigen Containerpreise sind zwar nur halb so hoch wie die Spitzenwerte während der Pandemie. Solange die geopolitischen Unsicherheiten aber bestehen bleiben, steht der Seeschiffsverkehr und damit der Welthandel weiterhin stark unter Druck. Dass Reedereien den Umweg von 6.000 Kilometern um das Kap der Guten Hoffnung in Kauf nehmen, zeugt von der außerordentlichen Gefahrenlage im Roten Meer. Dies sind keine guten Aussichten für den deutschen Außenhandel.









Freitag, 16. August 2024

Warum der Angriff der AfD in Thüringen die Schwächen des Grundgesetzes offenbart

Foto: Deutscher Bundestag




Die jüngsten Aktivitäten der Partei Alternative für Deutschland (AfD) in Thüringen haben erhebliche Zweifel an der Robustheit des deutschen Grundgesetzes geweckt. Die AfD, eine rechtsextreme politische Organisation, nutzt zunehmend moderne soziale Medienplattformen, um ihre Ideologien zu verbreiten, insbesondere unter jüngeren Bevölkerungsgruppen. Dieser Beitrag befasst sich mit den strategischen Manövern der AfD in Thüringen, analysiert die Bestimmungen des Grundgesetzes und hebt schließlich die Schwachstellen hervor, die die Aktionen der AfD innerhalb dieses grundlegenden Rechtsrahmens offenbaren. Durch diese Betrachtung wird deutlich, dass das Grundgesetz, obwohl es dazu bestimmt ist, demokratische Werte und Menschenrechte zu wahren, vor Herausforderungen steht, wenn es darum geht, extremistischer Rhetorik und Handlungen wirksam entgegenzutreten.

Die Untersuchung des AfD-Angriffs in Thüringen zeigt eine kalkulierte Kampagne, die durch gezieltes Engagement in den sozialen Medien erfolgreich bei der Jugend Anklang gefunden hat. Plattformen wie TikTok und Instagram sind zu wichtigen Schlachtfeldern des politischen Diskurses geworden, auf denen die AfD Botschaften entwickelt hat, die Populismus mit nationalistischem Eifer vermischen. Bei diesen Social-Media-Kampagnen geht es nicht nur darum, manipulierte Informationen zu verbreiten: Sie sollen vielmehr insgesamt eine überzeugende Wirklichkeitsinterpretation (sprich Falschwahrnehmung) schaffen, die die Ängste und Hoffnungen junger Wähler anspricht. Die von der AfD verbreiteten Botschaften verzerren oft die tatsächlichen Realitäten, appellieren stattdessen an emotionale Reaktionen und kreieren einen Kanon von Beschwerden, die viele junge, aber auch alte Menschen wie eine "Modedenke gegen die Demokratie" im heutigen soziopolitischen Klima teilen. Natürlich gibt es auch Looks, Buttons, Sticker, T-Shirts, Baseballkappen für Demos. Tatsächlich gibt es Wähler, die in Diskussionen völlig hysterisch ihren angesammelten Frust mit nur getunten Nachrichten herausbrüllen.  Was viele brüllen soll den Rest der Diskussion übertönen. Massenmanipulation und Gleichschaltung für den großen Extremismus. Was für perverse Ideen.

Die Pläne der Partei, Deportationen anzustreben, die während einer Versammlung im Mai in Potsdam artikuliert wurden, stellen einen direkten Angriff auf die im deutschen Grundgesetz verankerten demokratischen Prinzipien dar. Dazu gehört auch eine entschiedene Opposition gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den die AfD als Instrument der politischen Manipulation gegen ihre Ideologie wahrnimmt. Thüringen kann theoretisch als einzige Gegenkraft im Kreis der Bundesländer eine Auflösung des bundesweiten Rundfunks anstoßen. Einen nächsten Schritt zum gleichgeschalteten Rundfunk haben wir unter Hitler erlebt. Dieser Schritt ist aufgrund der Gesetzeslage und wegen der Bereitschaft von Hunderttausenden Ordnungskräften heute nicht mehr möglich. Die AfD verfügt auch nicht über Kampfverbände. Realistisch betrachtet müssten Thüringen und alle anderen Länder, die von der AfD regiert werden würden oder austreten und eigene Wege gehen wollten, durch Austritte aus der Rundfunkgemeinschaft den verbleibenden Rest so destabilisieren, dass die Finanzierung durch Abschaffung/Senkung des Rundfunkbeitrags und Kooperation insgesamt zum Erliegen käme. Die Länder müssten je nach Vermögen ihren Rundfunk selbst finanzieren. Einzel- oder Gruppenänderungen am Rundfunkgesetz durch Länder müssen aber den Bundestag passieren bzw. bedürfen Prüfung und Diskussion durch die Gemeinschaft, die sich lange hinziehen können. Insofern ist die Machtergreifung und Gleichschaltung tatsächlich unmilitärisch nicht möglich.

Der mögliche Aufstieg von Björn Höcke, einer prominenten Persönlichkeit der AfD, zum Ministerpräsidenten in Thüringen und AfD-Regierungen in weiteren Bundesländern würden einen radikalen Richtungswechsel bedeuten und wahrscheinlich die Unabhängigkeit der Medien und den demokratischen Diskurs untergraben, der für eine gesunde Gesellschaft notwendig ist. Solche Maßnahmen wie auch die diskriminierenden Anschauungen der AfD gefährden nicht nur die Kernpunkte des Grundgesetzes, sondern bedrohen auch die grundlegende demokratische Struktur, die Deutschland nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs regiert. In dem genannten Ansatzpunkt zur medialen "Gleichschaltung" besteht klar Korrekturbedarf, denn die vorhandenen Regelungen ließen tatsächlich Ende der 40er Jahre letzten Jahrhunderts Raum für eine "Machtergreifung", obwohl natürlich der Respekt vor anderen Meinungen im Vordergrund stand.  [1][2][3]

Um die Auswirkungen der Maßnahmen der AfD vollständig zu verstehen, ist es wichtig, die Bestimmungen des Grundgesetzes selbst zu analysieren. Das Grundgesetz dient als verfassungsmäßiges Rückgrat der Bundesrepublik Deutschland und verankert Grundrechte, die eine demokratische Gesellschaft fördern sollen. Es etabliert die Rechtsstaatlichkeit und stellt sicher, dass alle Bürger gleich behandelt werden und ihre Rechte geschützt sind. Wichtig ist, dass das Grundgesetz Deutschlands Engagement für die Förderung friedlicher Beziehungen innerhalb Europas betont, ein Konzept, das seine Nachkriegsidentität untermauert hat. Artikel 1 besagt, dass die Menschenwürde unantastbar ist, fasst den Wesenskern des Grundgesetzes zusammen und dient als Leitprinzip für alle legislativen und exekutiven Maßnahmen. Dieses Bekenntnis zu Menschenrechten und demokratischer Regierungsführung ist integraler Bestandteil der deutschen Verfassung und positioniert sie als Vorbild für andere Nationen. Der Aufstieg der AfD stellt jedoch die Wirksamkeit dieser Bestimmungen in Frage, da ihre ideologische Haltung oft den im Grundgesetz festgelegten Grundrechten widerspricht. Die Rhetorik der Partei, die permanent in Fremdenfeindlichkeit und extremen Nationalismus abdriftet, wirft kritische Fragen zur Belastbarkeit dieser Verfassungsgarantien angesichts extremistischer Ideologien auf. Deutschland muss extremismusresistenter werden!  [4][5][6]

An dieser Stelle soll auch auf den Fernsteuerungsmechanismus in der AfD (auch bei Die Linke und BSW), implantiert durch Putin, hingewiesen werden. Wer so stark Kontakte zu Putin sucht, Zahlungen entgegennimmt und als Lobby Russlands im Bundestag agiert kann kein politischer Mitspieler bei der Verwirklichung einer demokratischen, toleranten und sozialen Zukunft in Deutschland sein.

Die Handlungen der AfD stellen nicht nur das im Grundgesetz verankerte demokratische Ethos in Frage, sondern offenbaren auch mehrere Schwächen dieses Verfassungsrahmens. Insbesondere der Aufstieg extremistischer Parteien wie der AfD offenbart ein historisches Muster, bei dem solche Bewegungen in Zeiten sozioökonomischer Umwälzungen entstehen. Die Analyse zeigt, dass die AfD die jüngste aktive Welle der deutschen extremen Rechten darstellt und an frühere radikale Bewegungen seit 1949 (und was die Ideologie betrifft auch Nazibewegungen ab 1920-30, wenn auch heute nicht militärisch) erinnert. Der Bezug wird oft genug hergestellt. Es ist wichtig zu erkennen, dass die AfD zwar letztlich ins Wanken geraten könnte, ihre Konsolidierung jedoch weiterhin erhebliche Risiken für die deutsche Demokratie birgt. Ein thüringischer Reichsfunk muss abgeschaltet werden, bevor er überhaupt senden kann. Ein Verbot der AfD ist ebenfalls naheliegend. Der wachsende Einfluss der Partei spiegelt eine Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung wider, die, wenn sie nicht angegangen wird, zu radikaleren politischen Machtverschiebungen führen könnte. Darüber hinaus sind die Mechanismen des Grundgesetzes zum Schutz der Demokratie möglicherweise nicht robust genug, um der Politik und dem Einfluss solcher Parteien entgegenzuwirken. Da die AfD weiterhin den demokratischen Status quo in Frage stellt, könnte die Möglichkeit einer stärkeren Verankerung der extremen Rechten in der Tagespolitik die demokratischen Werte, die das Grundgesetz schützen soll, ernsthaft untergraben [7][8][9].

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Aktivitäten der AfD in Thüringen kritische Schwachstellen des deutschen Grundgesetzes aufzeigen und die Herausforderungen offenlegen, die entstehen, wenn extremistische Ideologien die politische Landschaft infiltrieren. Der geschickte Einsatz der sozialen Medien durch die Partei, um junge Wähler anzusprechen, und ihre offene Verachtung demokratischer Institutionen unterstreichen die Notwendigkeit einer robusten Reaktion auf Bedrohungen der verfassungsmäßigen Demokratie. Während das Grundgesetz danach strebt, die Menschenwürde und demokratische Regierungsführung zu wahren, muss es sich auch anpassen, um den aufkommenden Narrativen entgegenzuwirken, die seine Prinzipien untergraben wollen. 

Die anhaltende Debatte um die AfD macht deutlich, dass Wachsamkeit und proaktive Schutzmaßnahmen erforderlich sind, um die demokratischen Rahmenbedingungen zu schützen, die das moderne Deutschland ausmachen und es weiter verbessern können.


1. AfD: How Germany's far right won over young voters.  www.dw.com

2. Secret plan against Germany.  www.correctiv.org

3. AfD Attack on Public Service Broadcasting – Leibniz HBI.  www.leibniz-hbi.de

4. German Basic Law.   www.handbookgermany.de/en/basic-law

5. Basic Law for the Federal Republic of Germany.  www.btg-bestellservice.de/pdf/80201000.pdf

6. Protecting the constitution.   www.verfassungsschutz.de

7. Crime in Germany as Portrayed by the Alternative for .... www.cambridge.org

8. AFD's Rise: The Historical Significance and Impact on German .... www.apps.dtic.mil/sti/trecms/pdf/AD1065071.pdf

9. The AfD and the End of Containment in Germany?  www.jstor.org/stable/48561486

Donnerstag, 15. August 2024

Ukraine: Erneuter Beweis der ukrainischen Stärke trotz mangelhafter Ausstattung



Foto: Seoul




Die ukrainische Offensive: Einschätzung der Auswirkungen des Angriffs auf Kursk auf die strategische Position der Ukraine

Der anhaltende Fullscale-Krieg in der Ukraine hat eine Reihe von Militäroperationen in den Vordergrund gerückt, die die strategischen Dynamiken in der Region erheblich beeinflussen. Unter diesen stellt der Angriff auf Kursk einen entscheidenden Moment dar, der die taktische Stärke und Widerstandsfähigkeit der Ukraine unter Beweis stellt. Diese Offensive zielt nicht nur darauf ab, verlorene Gebiete zurückzuerobern, sondern auch das Kräfteverhältnis zu verschieben, die Truppenmoral zu stärken und wichtige Geheimdienstinformationen zu sammeln.  Außerdem soll ein Gefangenenaustausch veranlasst werden sowie Gebiete "ausgetauscht".

Es ist jedoch wichtig, die möglichen Folgen einer solchen Operation zu berücksichtigen, einschließlich des Risikos, eine stärkere Reaktion des Feindes zu provozieren und militärische Ressourcen zu erschöpfen. Dieser Artikel untersucht die Auswirkungen des Angriffs auf Kursk sowohl aus unterstützender als auch aus entgegengesetzter Perspektive und hebt letztendlich seine Bedeutung für die Gestaltung der strategischen Position der Ukraine hervor.

Der Angriff auf Kursk verstärkt den taktischen Vorteil der Ukraine, indem er die Gelegenheit bietet, die Moral unter den Truppen und in der Bevölkerung zu stärken. Erfolgreiche Offensiven wirken oft als Katalysator für gesteigerte Begeisterung und Einheit innerhalb der militärischen Reihen und fördern ein Gefühl der Zielstrebigkeit und Entschlossenheit, für das Heimatland zu kämpfen. Die symbolische Natur solcher Siege kann bei der Zivilbevölkerung großen Anklang finden und die öffentliche Unterstützung für den anhaltenden Konflikt weiter stärken. Über die Moral hinaus sind die durch die Offensive auf Kursk erzielten Gebietsgewinne von strategischer Bedeutung; sie können die Versorgungslinien und Logistik des Feindes effektiv unterbrechen. 

Durch die Rückeroberung wichtiger Gebiete kann die Ukraine den Ressourcenfluss zu den gegnerischen Streitkräften behindern und so deren Einsatzfähigkeit verringern. Dies kann wiederum einen Kaskadeneffekt auslösen, der die Entschlossenheit des Feindes schwächt und seine Militärstrategie erschwert. Darüber hinaus ist der Angriff auf Kursk ein Beweis für die militärischen Fähigkeiten und die Widerstandsfähigkeit der Ukraine. Die Fähigkeit, erfolgreiche Offensiven durchzuführen, stärkt nicht nur das Vertrauen der ukrainischen Streitkräfte, sondern sendet auch eine starke Botschaft an die internationale Gemeinschaft. Es zeigt, wie entschlossen die Ukraine ist, ihre Souveränität zu verteidigen, und unterstreicht ihren taktischen Einfallsreichtum im Umgang mit furchterregenden Gegnern. Im Wesentlichen festigt der Angriff auf Kursk die Position der Ukraine als entschlossene und fähige Militärmacht und verstärkt ihre taktischen Vorteile an mehreren Fronten.

Die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Vertreter der NATO und der EU, sollte hier auch deutlich erkennen, wie dieser Einmarsch, als Gegenmaßnahme auf die russische Usurpation der Ukraine 2022 energiebindend und ablenkend für Russlands Streitkräfte ist. In einer Zeit, in der in Belarus und vor den Toren Finnlands russische Truppen und (Atom-)Raketenstationen aufgebaut werden und der gesamte Norden Europas sich vor überraschenden Angriffen aus der Luft und am Boden einstellen muss, zeigt die Ukraine ihre wahre Größe als Verbündeter der NATO, ohne schon Mitglied zu sein. 

Präsident Wolodymyr Selenskiy zeigt erneut deutlich, wozu die stark durch Dauerbeschuss gebeutelte ukrainische Armee durch taktische und intellektuelle Überlegenheit fähig ist. Die Bestrafung von Putins Unverschämtheit könnte durchaus noch mit weiteren Nadelstichen der Ukraine auf Moskau gesteigert werden. Die Türmchen auf dem Kreml und vieles mehr könnten purzeln. Russlands Bevölkerung wird zwangsläufig Führungs- und Planungsschwäche in der Verteidigung trotz irrwitzigem Arsenal spüren und schwere Bedenken gegen die Führung hegen.

Die Auswirkungen des Angriffs auf Kursk gehen über unmittelbare Siege hinaus, da er das Kräfteverhältnis in der Region effektiv verschiebt. Eine erfolgreiche Offensive ist nicht nur ein taktischer Gewinn; sie dient auch als Abschreckung gegen zukünftige Aggressionen gegnerischer Kräfte. Indem die Ukraine militärische Stärke und Entschlossenheit demonstriert, kann sie ihre Gegner davon abhalten, weitere Einfälle oder Feindseligkeiten in Erwägung zu ziehen. 

Dieses neu gewonnene Selbstvertrauen kann auch die Unterstützung internationaler Verbündeter mobilisieren, die die Erfolge der Ukraine als Gelegenheit betrachten könnten, Koalitionen gegen gemeinsame Bedrohungen zu stärken. Während sich die geopolitische Landschaft weiterentwickelt, könnten Länder, die den Angriff auf Kursk beobachten, geneigt sein, militärische Hilfe, Wirtschaftshilfe oder diplomatische Unterstützung anzubieten, was die Position der Ukraine weiter stärkt. 

Die Auswirkungen der Kursk-Offensive können zu einer veränderten Wahrnehmung des Feindes führen und strategische Fehleinschätzungen nach sich ziehen. Gegner könnten die Fähigkeiten der Ukraine unterschätzen, was zu übermäßigem Vertrauen in ihre eigenen Strategien führt. Diese Veränderung kann der Ukraine Möglichkeiten eröffnen, die sie ausnutzen kann, was möglicherweise zu weiteren Gebietsgewinnen und der Festigung ihrer strategischen Position führen könnte. 

Der Angriff auf Kursk ist also nicht nur ein vorübergehender militärischer Erfolg; er stellt eine umfassendere Neuausrichtung der Machtdynamik in der Region dar, die sowohl für die Ukraine als auch für ihre Gegner nachhaltige Auswirkungen haben könnte.

Die Teilnahme an der Kursk-Offensive bietet der Ukraine unschätzbare Informationen und Erfahrungen, die zukünftige Militärstrategien prägen können. Durch die Teilnahme an direkten Kämpfen können ukrainische Streitkräfte wichtige Informationen über die Taktiken und Einsatzverfahren des Feindes sammeln. Das Verständnis der Stärken und Schwächen der gegnerischen Streitkräfte ist für jedes Militär von entscheidender Bedeutung, und die Erkenntnisse aus dem Kursk-Angriff können bei der Entwicklung wirksamer Gegenstrategien von entscheidender Bedeutung sein.

 Darüber hinaus tragen erfolgreiche Operationen zur Weiterentwicklung militärischer Doktrinen bei und ermöglichen es der Ukraine, ihren Ansatz zur Kriegsführung auf der Grundlage realer Erfahrungen zu verfeinern. Die während der Kursk-Offensive gewonnenen Erkenntnisse können die ukrainischen Streitkräfte auf zukünftige Konflikte vorbereiten und dafür sorgen, dass sie besser gerüstet sind, um sich an veränderte Umstände auf dem Schlachtfeld anzupassen. Darüber hinaus kann der kollaborative Charakter solcher Offensiven die Kameradschaft fördern und den Zusammenhalt der Einheit verbessern, was die militärische Effektivität weiter stärkt. 

Die in Hochdrucksituationen gewonnenen Erfahrungen können auch bei Trainingsprogrammen hilfreich sein und dafür sorgen, dass neue Rekruten auf die Komplexität moderner Kriegsführung vorbereitet sind. Im Wesentlichen ist der Kursk-Angriff kein einmaliges Ereignis; er ist ein Meilenstein auf dem Weg zum Aufbau einer leistungsfähigeren und agileren Streitmacht, die die Herausforderungen zukünftiger Konflikte mit größerer Wirksamkeit meistern kann.

Während der Kursk-Angriff unmittelbare taktische Vorteile bieten kann, birgt er auch das Risiko, eine stärkere Reaktion des Feindes zu provozieren. Militärische Offensiven können naturgemäß einen Eskalationszyklus auslösen, wobei gegnerische Streitkräfte wahrscheinlich defensiv oder offensiv auf wahrgenommene Bedrohungen reagieren. Diese verstärkten militärischen Aktionen könnten zu höheren Opferzahlen und Zerstörungen auf beiden Seiten führen und die bereits schlimme humanitäre Lage in der Region noch verschärfen. Das Potenzial für Vergeltungsschläge ist ein kritischer Punkt; Gegner könnten ihre Streitkräfte verstärken und Gegenoffensiven planen, was zu einem langwierigen Konflikt führen würde, der Ressourcen verbraucht und die Spannungen eskalieren lässt. Ein solches Szenario könnte die Region weiter destabilisieren und unbeabsichtigte Folgen haben, die über das unmittelbare Schlachtfeld hinausgehen. 

Die Komplexität der Kriegsführung bringt es mit sich, dass Siege oft unvorhergesehene Auswirkungen haben können, und der Angriff auf Kursk könnte unbeabsichtigt die Tür für aggressivere militärische Aktionen der gegnerischen Streitkräfte öffnen. Daher muss das Potenzial für eine stärkere Reaktion des Feindes sorgfältig gegen die wahrgenommenen Vorteile der Offensive abgewogen werden.

Die für den Angriff auf Kursk erforderlichen Ressourcen könnten die militärischen Kapazitäten der Ukraine überfordern, was zu erheblichen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung langwieriger Offensiven führen würde. Militärische Kampagnen erfordern beträchtliches Personal und Ausrüstung, und die Konzentration der Ressourcen an einer einzigen Front kann sich nachteilig auf andere kritische Bereiche des Konflikts auswirken. Wenn Truppen für große Offensiven eingesetzt werden, besteht das Risiko der Erschöpfung des Personals, was zu verminderter Effektivität und erhöhter Verwundbarkeit führt. Diese Ressourcenverteilung kann andere strategische Standorte feindlichen Aktionen aussetzen, was Gegnern Gelegenheiten bietet, aus der geschwächten Verteidigung der Ukraine an anderer Stelle Kapital zu schlagen. Darüber hinaus können die logistischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung einer Offensive die Lieferketten belasten und wichtige militärische Ressourcen erschöpfen. Mit Fortdauer des Konflikts wird die Notwendigkeit eines ausgewogenen Ansatzes deutlich. Die Konzentration der Ressourcen auf eine Front kann unbeabsichtigt die militärische Gesamtposition und die strategischen Ziele der Ukraine gefährden. Daher muss das Potenzial für Ressourcenerschöpfung und Verwundbarkeit bei der Bewertung der langfristigen Auswirkungen des Angriffs auf Kursk eine wichtige Rolle spielen.

Die Auswirkungen des Angriffs auf Kursk könnten letztlich vorübergehend sein, da taktische Siege keine nachhaltigen strategischen Vorteile garantieren. Die Dynamik der Kriegsführung kann sich schnell ändern, wobei Änderungen der Gefechtssituation frühere Erfolge untergraben könnten.

Der Angriff auf Kursk ist hauptsächlich ein entscheidender Wendepunkt im anhaltenden Konflikt in der Ukraine und verkörpert die Komplexität der militärischen Strategie und der geopolitischen Dynamik. Die Offensive stärkt taktische Vorteile, verschiebt das Kräfteverhältnis und liefert wertvolle Geheimdienstinformationen, birgt aber auch erhebliche Risiken, darunter eine mögliche Eskalation des Konflikts und die Erschöpfung der Ressourcen. Die Doppelwirkung unterstreicht die Notwendigkeit eines differenzierten Verständnisses der Kriegsführung, in der Siege flüchtig sein können und die Folgen militärischer Aktionen weit über das Schlachtfeld hinaus nachhallen können. Da die Ukraine sich in diesem komplexen Umfeld zurechtfindet, werden die Lehren aus dem Angriff auf Kursk entscheidend für die Gestaltung ihrer zukünftigen Strategien und Reaktionen auf sich entwickelnde Herausforderungen sein. Letztendlich liegt die Bedeutung dieser Offensive nicht nur in ihren unmittelbaren Ergebnissen, sondern auch in ihrer Rolle bei der Definition der Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Ukraine in einem sich ständig verändernden Konflikt.

Mittwoch, 7. August 2024

Libanon: Warum sind Bundeswehreinsätze so teuer?




Foto: Bundeswehr.de



Die deutschen Rettungsaktionen im Sudan haben 22 Mio EUR für 12 Evakuierungsflüge gekostet. Der Leser ahnt sofort, wie sich militärische Auseinandersetzungen auf dem Papier der Buchhalter auswirken würden: Wie der Verschleiß in der Ukraine zeigt, sind es Tausende von Milliarden, die angerechnet werden müssten, aber theoretisch gar nicht können, denn sonst wäre das Land im Konflikt bei heutigen Waffenkosten auf hundert Jahre verschuldet. Auch die Aufrechnungen unserer beiden Weltkriege in den Geschichtsbüchern zeigt schon, wieviel da materiell und finanziell bei uns und in anderen Staaten vernichtet wurde.
Was alles muss im Fall eines Einsatzes im Libanon berechnet werden? Evakuierungen müssen sein. Ein Hohn, wenn Deutschland hier knausern würde.


Logistik und Planung
Die Vorbereitung und Durchführung solcher Missionen erfordert eine umfangreiche Planung und Koordination. Dies umfasst die Bereitstellung von Flugzeugen, die Organisation von Flugrouten und die Sicherstellung der Sicherheit aller Beteiligten1.

Einsatz von Spezialkräften
Oftmals sind spezialisierte Einheiten der Bundeswehr beteiligt, die speziell für solche Einsätze ausgebildet sind. Diese Einheiten müssen schnell und effizient handeln können, was zusätzliche Kosten verursacht2.

Material und Ausrüstung
Die Flugzeuge und Ausrüstung, die für Evakuierungen verwendet werden, sind oft sehr teuer. Dazu gehören Transportflugzeuge wie der A400M, die für solche Missionen bereitgestellt werden. 

Sicherheitsmaßnahmen
In Krisengebieten ist die Sicherheit ein großes Anliegen. Dies erfordert zusätzliche Maßnahmen und Ressourcen, um die Sicherheit der Evakuierten und der Einsatzkräfte zu gewährleisten.

Unvorhersehbare Kosten
In Krisensituationen können unvorhersehbare Kosten entstehen, wie z.B. zusätzliche Treibstoffkosten, Überfluggebühren und logistische Herausforderungen.

Hinzu kommen Einsätze der Marine und Chartern privater Flugzeuge, Schiffe und Transportunternehmen.

Sonntag, 4. August 2024

Deutschland in der Krise: Umsatzverluste, mangelnde Investitionen, zu wenig (Fach-)Arbeitskräfte, abgerüstetes Militär, AfD ...

Chinesische Wanderarbeiter

(IW) Das Institut der deutschen Wirtschaft, geleitet von Michael Hüther, macht trotz einer angekränkelten Lage Mut zum Aufbau:

"Es stimmt: Deutschland ist in der Krise. Doch das ist noch kein Grund, in Panik zu verfallen – es gibt Lösungen."

Deutschland hat zwar viele Krisen (Wiedervereinigung, Finanz- und Eurokrise, Flüchtlingsströme, Corona, der russische Überfall auf die Ukraine) erlebt, aber Panik ist nicht angebracht. Ein Rückblick zeigt, dass viele Herausforderungen erfolgreich gemeistert wurden. Deutschland ist stabil, demokratisch, mit talentierten Menschen und innovativen Unternehmen. Probleme müssen benannt werden, z.B. fehlende Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Bildung.
"Wir brauchen – angesichts einer beim Verteidigungsetat in den vergangenen Dekaden erwirtschafteten Friedensdividende von rund 650 Mrd. Euro – vermutlich 250 bis 300 Milliarden Euro mehr (statt der nur 100 Mrd. Euro im Bundeswehrsondervermögen), um unsere Armee verteidigungsfähig zu machen – und müssen gleichzeitig wohl mindestens das Doppelte in die Modernisierung unseres Landes stecken."
Ergänzend hier ein Interview der Rheinischen Post mit Michael Hüther:



(RP) Herr Hüther, Sie sind seit 20 Jahren an der Spitze des Instituts der deutschen Wirtschaft und einer der einflussreichsten Ökonomen Deutschlands. Welche Krise in dieser Zeit war für Sie die schlimmste?

(MH)Nach der Auflösung des arbeitsmarktpolitischen Reformstaus mittels der Agenda 2010 vor allem die große Finanz- und Staatsschuldenkrise ab 2008, die massive Zuwanderung als Folge des Bürgerkriegs in Syrien 2015/2016, die Corona-Pandemie und schließlich der Überfall Russlands auf die Ukraine. Alle diese Krisen haben uns existenziell herausgefordert oder tun es noch heute. Für mich persönlich war die Corona-Pandemie am einschneidendsten. Sie hat das Land in den Ausnahmezustand versetzt.

Wurden die Grundrechte zu schnell eingeschränkt?

Natürlich ist man hinterher immer klüger. Man hätte die Schulen und den öffentlichen Raum nicht schließen dürfen. Das haben andere Länder anders gemacht. Es ist unverzeihlich, dass Deutschland da nicht genau hingeschaut und die Erfahrungen ausgewertet hat.

Vermissen Sie eine ehrliche Debatte über die Fehler?

Es gibt jetzt schon eine Debatte darüber, was man anders hätte tun können. Aber damals war es kaum möglich, andere Meinungen zu äußern. Denken Sie nur an die Formulierung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: „Team Vorsicht”. Eine Unverschämtheit. Wir waren ja in der Kommission von NRW-Landeschef Armin Laschet nicht unvorsichtig. Die Risiken des Lockdowns wurden komplett ausgeblendet. Übrigens war Wolfgang Schäuble der Einzige, der sich getraut hat zu sagen: Im Grundgesetz steht nicht der Schutz des Lebens als absoluter Wert, sondern die Würde des Menschen.

Jetzt fordert uns Russland massiv heraus. Reagieren wir richtig?

Russland ist seit Peter dem Großen eine imperialistische Macht. Die Zaren, die Sowjetunion und das heutige Russland – alle wollten immer ihr Gebiet massiv erweitern. Die Frage ist jetzt, wie lange die russische Bevölkerung bei diesem sich selbst verstärkenden Prozess mitmacht.

Kann Russlands Wirtschaft diese Expansion mittragen?

Russland hat auf Kriegswirtschaft umgestellt. Und Rüstungsproduktion trägt nun mal dazu bei, dass das Bruttoinlandsprodukt steigt. Das ist nicht ungewöhnlich. Gleichzeitig sind die Ressourcen Russlands endlich. Der Arbeitsmarkt gibt nicht mehr viel her, und Gazprom verliert Kunden und Umsatz. China ist für Putin nur ein Hoffnungswert.

Die stärkere Wirtschaft ist der Vorteil des Westens. Müssten wir noch stärker hochrüsten?

Im Kalten Krieg gab die Bundesrepublik unter Friedenskanzler Willy Brandt 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus. Jetzt haben wir erstmals zwei Prozent geschafft im Angesicht der schweren Krise. Für die laufenden Ausgaben ist das erst einmal genug. Aber die Ausrüstung der Bundeswehr ist noch zu dürftig.

Was schlagen Sie vor?

Der Sonderfonds für die Bundeswehr beträgt 100 Milliarden Euro. Das reicht nicht aus. Wir benötigen eine Aufstockung auf 250 bis 300 Milliarden Euro. Nur so erreichen wir eine kriegstüchtige Ausstattung unserer Armee. Und das ist finanzierbar. Immerhin betrug die Friedensdividende seit 1990 rund 600 Milliarden Euro.

Was kann man tun, um das Wachstum anzukurbeln?

Wir könnten den Soli abschaffen, der zur Unternehmenssteuer geworden ist. Wir sollten Investitionsprämien einführen, um die investive Rezession zu überwinden. Wir brauchen auf Sicht eine große Steuerreform, die letzten gab es unter Helmut Kohl und Gerhard Schröder. Dazu sollte es in der nächsten Legislaturperiode eine Kommission geben, die diese vorbereitet. Mit 30 Prozent Steuerlast für Unternehmen ist Deutschland trauriger Spitzenreiter.

Was hat Deutschland in den letzten Jahren eigentlich gemacht?

Wir haben die Friedensdividende, die uns die Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer brachten, leider nicht in Infrastruktur, Digitalisierung oder Bildung investiert. Wir haben diese Mittel zum Teil genutzt, um die Schulden zu senken. Wir haben sie aber vor allem konsumiert. Das rächt sich nun.

Was ist das Hauptproblem?

Das Hauptproblem in Deutschland ist das Stadt-Land-Gefälle. Vom „Deutschlandticket” haben Großstädter viel; auf dem Land, wo kein Bus fährt, haben die Bürger nichts davon. In einer Großstadt wie Berlin ist die Wärmewende kein Problem, auf dem Land lohnt sich Fernwärme nicht. Der Klimaschutz treibt die Spaltung von Stadt und Land voran. Auch bei der Gesundheitsversorgung gibt es dieses Gefälle.

Macht dieses Gefälle die AfD groß?

Wir sehen, dass die AfD im ländlichen Raum stärker ist als in Großstädten.

Wird die AfD nicht selbst zum Problem, gerade im Osten?

Die AfD ist ein Standortrisiko. Über 80 Prozent der 65 Wirtschaftsförderer, die in einer Befragung unserer Tochter IW Consult teilnahmen, schätzen die Auswirkungen des AfD-Erstarkens auf den Industriestandort als Risiko ein, nicht ein einziger erkennt im Aufstieg der Rechtspopulisten eine Chance. Wichtiger als Fensterreden ist es, in die Betriebe zu wirken.

Was also tun im Osten, 34 Jahre nach der Vereinigung?

Alles in allem hat die Vereinigung gut geklappt, nun muss der Osten seine Vorteile ausspielen. In den alten Ländern stehen nur bis zu acht Prozent der Fläche für Gewerbeansiedlungen zur Verfügung, in den neuen Ländern sind es 20 Prozent. Zudem strahlt Berlin erstmals seit dem Mauerfall positiv auf das Umland aus. Die Ansiedlung des Tesla-Werks ist ein Beispiel dafür.

Aber Milliarden-Subventionen für Intel verbieten sich wohl trotzdem aus ordnungspolitischer Sicht, oder?

Das darf man nicht dogmatisch sehen. Alle Halbleiterstandorte weltweit leben von Subventionen. Und ohne Subventionen nach dem Mauerfall wäre Dresden nie der fünftgrößte Mikrochip-Standort der Welt geworden. Entscheidend ist, was der Staat unterstützt. Sprung-Investitionen sind oft nur mit Subventionen möglich.

Ein Beispiel?

Die CO2-Bepreisung ist gut, wird aber wegen der schrittweisen Erhöhung der CO2-Preise nicht dazu führen, dass eine Branche von alleine radikal umstellt. Die Stahlproduktion wird nur klimafreundlich, wenn man die Konzerne unterstützt – sonst weichen sie den hohen Preisen aus und wandern ab. Und das ist möglich, weltweit sind nur 22 Prozent der Emissionen überhaupt bepreist.

Michael Hüther wird nach 20 Jahren an der IW-Spitze zum Keynesianer?

Man soll Keynesianer sein in keynesianischen Situationen. Und die hatten wir in den vergangenen Jahrzehnten nur einmal: 2009 nach der Weltfinanzkrise. Da war eine expansive Geld- und Fiskalpolitik genau richtig, die sich etwa in öffentlichen Investitionsprogrammen und Kurzarbeitergeld-Ausweitung zeigte.

Wie hat sich die Politikberatung des IW in dieser Zeit verändert?

Wir verstehen uns als Anwalt der sozialen Markwirtschaft und der Demokratie. Uns müssen nicht alle mögen, wir wollen aber nach allen Seiten dialogfähig sein. Unsere Beratung soll relevant sein, empirisch belastbar und politisch vermittelbar. Und mein Eindruck ist, dass wir uns in all diesen Kategorien ganz gut schlagen.  

Wie gut können die „Wirtschaftsweisen” noch als Berater sein, die sich auf offener Bühne streiten? Als früherer Generalsekretär haben Sie sicher einen besonderen Blick darauf.

Der Sachverständigenrat war stets zurecht stolz auf seine Unabhängigkeit. Indem ein Teil des Rates seinen Streit in Mails an Bundesminister öffentlich gemacht hat, gibt er genau diese Unabhängigkeit auf. Das ist bedauerlich. Offenbar ist eine interne Streitbeilegung missglückt – so schadet man seiner Rolle als Berater.

Freitag, 2. August 2024

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson will es wissen: Was hat Orban vor?

Orban als Europaratsvorsitzender 2024



Die Lockerung der Visa-Bestimmungen für russische und belarussische Staatsbürger in Ungarn wird von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson zurecht als  Sicherheitsbedrohung für die EU angesehen. Orban lässt russische und belarussische Bürger, die regulär nicht in den EU-Raum einreisen dürfen, nach Ungarn einreisen, was den europäischen Raum frei zur Verfügung stellt. Wer auch immer mit welchen Absichten weiterreist, steht potenziell im Verdacht illegale Aktionen zu starten, zu verwirklichen und ggf. Informationen nach Moskau oder Minsk weiterzuleiten.

Johansson hat der ungarischen Regierung Fragen zu diesem Thema geschickt und betont, dass bei einem Risiko für den Schengen-Raum Maßnahmen ergriffen werden. Sie äußerte Bedenken, dass die erleichterten Visa-Verfahren es sanktionierten Russen ermöglichen könnten, Einreiseverbote zu umgehen. 

Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat ein Dekret unterzeichnet, das das Schnellverfahren für Visa auf Russland und Belarus ausweitet. Dies könnte zu einer faktischen Umgehung der EU-Einschränkungen führen und die Sicherheit im Schengen-Raum gefährden. Johansson schloss sich den Bedenken konservativer EU-Parlamentarier an, die auf mögliche Spionageaktivitäten hinwiesen. 

Die Beziehungen zwischen Ungarn und den anderen EU-Ländern sind angespannt, insbesondere aufgrund von Orbans Nähe zum Kreml seit der Invasion in der Ukraine. Orban skizziert hier erneut seine bizarre, durchaus europafeindliche Außenseiterposition mit Hang zum Rechtsextremen trotz diverser Übereinstimmungen mit europäischen Anschauungen.

Overshoot Day: Wir vernichten mehr Ressourcen als uns zur Verfügung stehen

Der gestrige Tag markiert den Hashtagovershoot day/Überschusstag der Erde und fällt auf den 1. August (ein Mittelwert aller Nationen), einen Tag früher als im letzten Jahr, was unseren Konsum verdeutlicht, der wesentlich höher ist als die Menge an nachwachsenden oder recycelten Ressourcen.
  • Fast eine Milliarde Menschen hungert täglich, während eine weitere Milliarde mehr Nahrung verbraucht, als sie jemals braucht, also Nahrung auch verschwendet.
  • Das weltweit verschwendete Getreide entspricht fast dem jährlichen Getreideangebot Indiens.
  • Die jährliche Verschwendung von Obst und Gemüse übersteigt das jährliche Angebot für den gesamten afrikanischen Kontinent.
  • Die OECD-Länder, die etwas mehr als 15 % der Weltbevölkerung ausmachen, erzeugen 30 % des weltweiten organischen Abfalls.

Und das ist nur ein kleiner Einblick in die verschwenderischen Trends bei fast jedem Produkt, das wir konsumieren.


Unsere gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen haben uns hierher geführt, und obwohl wir die Vergangenheit nicht ändern können, müssen wir verstärkt eine nachhaltigere Zukunft schaffen. Es geht nicht nur um individuelle Handlungen, alle Nationen müssen sich für eine neue Politik einsetzen, die sicherstellt, dass jedes bisschen der Ressourcen der Erde mit Bedacht genutzt wird. Gemeinsam können wir etwas bewirken. Es muss nur getan werden.

Die Grafik zeigt, wo der jeweilige Überschusstag der Nationen liegt. Erschreckend zu sehen, dass wir in Deutschland ihn schon im Mai und Luxemburg schon im Februar erreichen! Die sozialen Tafeln in Deutschland als eine Weiterverwendung der übriggebliebenen Lebensmittel sind eine wichtige Maßnahme in der vollständigen Nutzung der natürlichen Güter. Auch ein viel sparsamer Umgang mit seltenen Gütern, Rohstoffen, Produkten gehört dazu. Einfache Speisen im Alltag, nur gelegentlich etwas Besonderes.






Donnerstag, 1. August 2024

ZDF: Das Lobbyismus-Experiment für alle, die den Beitrag nicht sahen

Vor einigen Tagen habe ich darüber berichtet, dass abgeordnetenwatch.de mit dem ZDF zusammen eine große Lobbyismus-Recherche durchführte, die Ergebnisse und Aufdeckungen liest man beim ZDF hier


Lobbyisten und Lobbyvereine verschaffen Termine und Gespräche bei Staatssekretären und Ministern, die man teuer bezahlen muss, gleichzeitig ist die Lobbyistentätigkeit sehr lukrativ. Wer viel arbeitet kommt auf bis zu 500.000  Grundeinkommen.

Auf der Seite von abgeordnetenwatch.de finden sich Schilderungen aus erster Hand, die wirklich spannend zu lesen sind. Wie Wallraff einst hat man schöne Fallen und Attrappen eingesetzt.

Mittwoch, 31. Juli 2024

Putin möchte Osteuropakundlern ihre Arbeit verbieten

Die Frankfurter Rundschau berichtete am 30.07.2024 über Putins Verbot der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO). Diese vereinigt ca. 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich als Slawisten, Historiker, Ökonomen, Kultur- oder Politikwissenschaftler mit regionaler Osteuropaforschung befassen.

Schon die Einstufung der DGO als „unerwünschte Organisation“ war ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Jetzt hat Russland diesen Angriff weiter eskaliert. Die Einstufung der DGO als „extremistische Organisation“ ist unbegründet. Die DGO weist sie mit Nachdruck zurück. Die DGO prüft momentan, welche rechtlichen Schritte angemessen sind und hat über die Heinrich-Böll-Stiftung eine Stellungnahme veröffentlicht.

Dienstag, 30. Juli 2024

Deutsche Bahn braucht mehr Umsatz


(IW/Thomas Puls) Die Deutsche Bahn hat gerade ihre Halbjahreszahlen vorgestellt. Und auch hier zeigt sich: Jede große Krise hat mehr als eine Ursache. 

Die marode Infrastruktur, viele Unwetter und Streiks zu Jahresbeginn haben die Bilanz verhagelt, der Konzern hat erhebliche Verluste in Höhe von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet. Neben den oftmals hausgemachten Problemen drückt die schwache Konjunktur die Auftragslage im Cargo-Geschäft. Hinzu kommen acht Prozent mehr Schulden im Vergleich zum Vorjahr. Ein deutliches Warnsignal, findet IW-Experte Thomas Puls, denn eine schlechte Schieneninfrastruktur und eine schwache Bahn bremsen die deutsche Wirtschaft zusätzlich aus.

Positiv stimmt aber die Investitionsoffensive, die Bund und Bahn nun gehen. Das führt im Zweifel erstmal zu Verspätungen für die Fahrgäste, doch die laufende Sanierung der Riedbahn im Südwesten macht Mut: Hier gab es bisher kaum negative Auswirkungen auf den rollenden Verkehr.