Sonntag, 14. September 2025

Charlie Kirks Todesschütze

Der mutmaßliche Attentäter von Charlie Kirk ist der 22-jährige Tyler Robinson, ein Elektriker-Auszubildender aus dem Süden Utahs. Er wurde zwei Tage nach dem tödlichen Anschlag auf Kirk festgenommen, nachdem sein Vater ihn selbst zur Polizei gebracht hatte.

Robinson soll in Online-Foren mehrfach hasserfüllt über Kirk gesprochen haben. Auf Patronenhülsen, die am Tatort gefunden wurden, waren antifaschistische Parolen eingraviert – etwa „Hey Faschist, fang!“ und „Bella Ciao“. Die Ermittler gehen von einem politisch motivierten Attentat aus.

Die Tatwaffe war ein Hochleistungs-Bolzengewehr, das für Präzisionsschüsse aus großer Distanz geeignet ist. Kirk wurde bei einer Veranstaltung an der Utah Valley University aus etwa 130 Metern Entfernung tödlich am Hals getroffen. Der Schütze feuerte vom Dach eines Universitätsgebäudes und floh anschließend.

Das FBI veröffentlichte Video- und Bildmaterial des Verdächtigen und setzte eine Belohnung von 100.000 Dollar aus. Robinson wurde schließlich durch Hinweise aus seinem persönlichen Umfeld identifiziert und festgenommen. Donald Trump bezeichnete Kirk als „Märtyrer für die Wahrheit und die Freiheit“ und machte die „radikale Linke“ für die Tat verantwortlich.
Der Gouverneur von Utah, Spencer Cox, sprach sich für die Todesstrafe aus und rief zur Besonnenheit auf

Tyler Robinson selbst ist nicht als Mitglied einer Partei registriert und hat laut Berichten bei den Präsidentschaftswahlen 2020 und 2024 nicht gewählt. Er gilt also offiziell als parteiloser Wähler. Seine Eltern sind registrierte Republikaner und leben in einem konservativen Umfeld in Utah. Die Familie gehört zur mormonischen Glaubensgemeinschaft, praktiziert den Glauben aber offenbar nicht mehr aktiv. Robinson war ein Einser-Schüler und galt als intelligent und zurückhaltend. In den letzten Jahren soll er sich zunehmend politisiert haben und äußerte sich kritisch gegenüber Charlie Kirk und dessen ultrarechten Ansichten. Obwohl Robinson aus einem republikanischen Elternhaus stammt, lässt sich nicht eindeutig sagen, ob er selbst Republikaner ist. Er scheint sich politisch eher unabhängig und widersprüchlich entwickelt zu haben – mit Elementen aus verschiedenen ideologischen Richtungen. Eventuell auch ein Hass auf Republikanisches, Rechtsextremes.

t-online.de / Berliner Kurier / Berliner Zeitung / taz.de / Euronews (Deutsch)

Freitag, 12. September 2025

Was will dieser russische Drohnenangriff auf Polen?


1. Faktenlage

Am 9.–10. September 2025 drangen zwischen 19 und 23 russische Drohnen in den polnischen Luftraum ein; einige wurden von polnischen und NATO-Jets abgefangen, mindestens ein Wohnhaus wurde getroffen1.

2. Attribution und Absicht

  • Wahrscheinlich absichtlich oder grob fahrlässig: Die Zahl und Koordination der Drohnen spricht gegen einen bloßen Navigationsfehler2.

  • Russlands Linie: Moskau weist Verantwortung zurück, Belarus sprach von „Kontrollverlust“3.

  • Westliche Bewertung: eher Test oder Provokation zur Prüfung der NATO-Reaktion4.

3. Technische Merkmale der Drohnentypen

Berichten zufolge wurden vor allem Shahed-136 (russ. Geran-2) eingesetzt:

  • Reichweite bis zu 2.000 km, Sprengkopf ~40 kg.

  • GPS-Navigation, aber anfällig für elektronische Störungen.

  • „Loitering munition“: kreist über Zielgebiet, sucht Schwachstellen, greift dann an5.
    Auch kleinere Aufklärungsdrohnen (Orlan-10) wurden beobachtet; diese können zur Zielmarkierung dienen6.

4. NATO-Rechtsrahmen

  • Artikel 4: Konsultation. Ein Mitglied kann jederzeit Beratungen beantragen, wenn seine Sicherheit bedroht ist. Polen tat dies bereits mehrfach.

  • Artikel 5: „Bewaffneter Angriff“ auf ein Mitglied = kollektive Verteidigungspflicht. Aber: kein Automatismus, sondern politischer Beschluss des NATO-Rates. Jeder Staat entscheidet Form und Umfang seiner Beiträge7.
    Im aktuellen Fall läuft nur Artikel 4; Artikel 5 wurde bewusst nicht aktiviert.

5. Schlussbefund

  • Wahrscheinlichkeit: Gezielte Provokation oder rücksichtsloser Teil einer größeren Angriffswelle; Die russ. Drohnen flogen mit lettischen und polnischen SIM-Karten, wohl um die Einsatzfähigkeit in diesen Gebieten zu testen. 

  • Politische Bedeutung: Ernste Eskalation, aber (noch) unterhalb der Schwelle zum kollektiven Verteidigungsfall.

  • Risiko: Jede Wiederholung erhöht die Gefahr eines NATO-Russland-Zusammenstoßes.


    Timeline — Drohnenvorfall in Polen
    (9.–10. Sept. 2025)

    Zeiten in MEZ. Quellen am Ende jedes Eintrags.
    23:30 – 00:00 Uhr (9. Sept.)
    Erste Luftraumverletzungen in östlichen Grenzregionen Polens (Lublin, Podlachien).
    Quelle: Wikipedia
    spätere Nacht (9.–10. Sept.)
    NATO- und polnische Jagdflugzeuge werden alarmiert; Flugplätze in Lublin & Rzeszów-Jasionka teils gesperrt; Regionen: Lublin, Podlachien, östliches Masowien.
    Quelle: Reuters
    Über Nacht bis frühmorgens
    Etwa 19 Objekte im polnischen Luftraum; Abschüsse in Lublin, Podlachien, südliches Lublin Voivodeship; Trümmer/Wracks gefunden.
    Quelle: Reuters
    02:00 – 04:00 Uhr
    Trümmerfunde und Schäden: Wyryki-Wola, Lublin Voivodeship; Regionen: Lublin, Podlachien.
    Quelle: ABC News
    Frühmorgens, bis ca. 06:30 – 06:45 Uhr
    Letzte Abschüsse durch NATO/Polen; Regionen: Lublin, Podlachien, südliches Masowien; Unterstützung durch Niederlande & Belgien.
    Quelle: Wikipedia · NATO
    10. Sept., tagsüber
    Polen ruft NATO-Artikel 4 ein; Konsultationen und Sicherheitsrat-Beratungen; betroffene Regionen: gesamtes Polen, besonders Ostpolen.
    Kurzkommentar: Zeitangaben beruhen auf Medien- und NATO-Berichten. Konsolidierte offizielle Angaben: ~19 Objekte, 3 bestätigte Abschüsse, mehrere Wrackteile (~7) in Lublin, Podlachien und südlichem Masowien.

Quellen

  1. Reuters: „Polish jets intercept Russian drones over Lublin region“, 10.09.2025.

  2. Carnegie Endowment, Einschätzung zur Navigationslogik der Shahed-Drohnen, September 2025.

  3. Belta (Minsk) – belarussische Regierungsdarstellung, 11.09.2025.

  4. Institute for the Study of War (ISW), Russia Situation Report, 12.09.2025.

  5. Royal United Services Institute (RUSI), „Shahed-136 Technical Profile“, 2024.

  6. NATO StratCom Centre of Excellence, „Orlan-10 as a Tactical Asset“, 2023.

  7. North Atlantic Treaty, Art. 4 und 5; NATO-Website, Legal Framework, abgerufen 2025.

Herber Schlag für die republikanische Welt: Nachruf auf Charlie Kirk (1993–2025)




Charlie Kirk ist tot. Mit ihm verstummt eine der lautesten Stimmen des konservativen Aktivismus in den Vereinigten Staaten. Als Gründer von Turning Point USA machte er den republikanischen Kulturkampf zu einer Bewegung, die vor allem digital wirkte: in Podcasts, Tweets, Campusveranstaltungen. Kirk war kein Politiker im klassischen Sinn, sondern ein Agitator.


Der Weg zum Aktivisten

Geboren am 14. Oktober 1993 in Arlington Heights, Illinois, wuchs Charlie Kirk in einem politisch moderaten Haushalt auf. Seine Mutter war als Psychotherapeutin tätig, sein Vater arbeitete als Architekt1. Schon in der Schule zeigte er Interesse an Politik und engagierte sich für konservative Werte2. Nach dem Abitur 2012 entschied sich Kirk, das College zu verlassen und sich vollzeitig dem politischen Aktivismus zu widmen3. Im selben Jahr gründete er Turning Point USA, eine Organisation, die sich für konservative Werte an Universitäten einsetzt4.


Der Stil des Kulturkampfes

In einer Rede erklärte er: „Universities are teaching hatred for America … They are programming hatred into the minds of our youth … to hate the idea of God … to hate the flag.“ („Universitäten lehren Hass auf Amerika … Sie programmieren den Hass in die Köpfe unserer Jugend … den Hass auf die Idee Gottes … den Hass auf die Flagge.“)5

Solche Sätze zeigen, wie Kirk Politik verstand: als ständige Mobilisierung gegen eine innere und äußere Bedrohung.


Israel als Chiffre

Besonders deutlich trat das in seiner Israel-Politik hervor: „I’m very pro-Israel, I’m an evangelical Christian, I’m a conservative, I’m a Republican, and my whole life I have defended Israel.“ („Ich bin sehr pro-Israel, ich bin evangelikaler Christ, ich bin Konservativer, ich bin Republikaner, und mein ganzes Leben lang habe ich Israel verteidigt.“)6

Israel war für ihn nicht nur Partner, sondern Prüfstein. Im Gaza-Krieg erklärte er kategorisch: „No, Israel is not starving Gazans.“ („Nein, Israel hungert die Menschen in Gaza nicht aus.“)7 Für Kirk war Loyalität zu Israel eine Frage der moralischen Reinheit – Differenzierungen galten als Verrat.


Ro Khanna – ein demokratischer Gegenpol

Dem gegenüber stand die Stimme von Ro Khanna, Demokrat aus Kalifornien, Freund Israels, aber zugleich ein Verfechter kritischer Solidarität: „The United States and Israel have a ‘deeply intertwined’ relationship that ought to continue, but that shouldn't preclude the U.S. government from using the relationship as leverage to push for changes in Israeli policy.“ („Die Vereinigten Staaten und Israel haben eine ‚tief verflochtene‘ Beziehung, die fortgeführt werden sollte, aber das darf die US-Regierung nicht davon abhalten, diese Beziehung als Hebel zu nutzen, um Veränderungen in der israelischen Politik einzufordern.“)8

Khanna steht damit für einen Ansatz, der Freundschaft nicht mit blinder Loyalität verwechselt. Er sieht Israels Sicherheit als unverhandelbar, will aber gleichzeitig die humanitären Konsequenzen militärischer Operationen und die Siedlungspolitik offen ansprechen. Während Kirk nur Beifall spendete, betonte Khanna, dass wahre Partnerschaft auch Kritik beinhaltet.


Kulturkritische Reflexion

In dieser Gegenüberstellung von Kirk und Khanna spiegeln sich zwei Amerikas. Das eine, verkörpert durch Kirk, sieht Politik als Glaubensfrage, Loyalität als Tugend, Differenzierung als Schwäche. Es lebt vom Schwarz-Weiß, von der Schlagzeile, vom Bannruf gegen die vermeintlich Verderbten. Das andere, repräsentiert durch Khanna, sucht die Balance: Israel ja, aber nicht ohne moralische Rechenschaft; Amerika ja, aber nicht ohne Zweifel an seiner eigenen Machtpraxis.

Diese Spannung ist kulturkritisch bedeutsam: Sie zeigt, wie die politische Kultur der USA nicht mehr nur zwischen Parteien, sondern zwischen Deutungsstilen zerrissen ist. Kirk war das Symbol eines Amerikas, das einfache Gewissheiten sucht. Khanna ist das Symbol eines Amerikas, das versucht, im Widerspruch loyal zu bleiben. Zwischen beiden Polen entscheidet sich, ob das Land Politik als Kampfschrei oder als Gespräch versteht.


Vermächtnis

Charlie Kirk hinterlässt kein Werk in Gesetzesform, sondern eine Rhetorik: scharf, polarisierend, kompromisslos. Er machte Israel zur Chiffre des neuen Konservatismus, zum Symbol einer Kultur, die Freundschaft mit einem Land nur als bedingungslose Parteinahme verstand.

Mit seinem Tod verstummt eine Stimme, die das republikanische Amerika nach rechts zog. Doch das Echo seiner Worte wird im politischen Diskurs weiterleben – als Erinnerung an die Macht, aber auch die Grenzen eines Politikstils, der Loyalität über Differenzierung stellte.



Quellen 

  1. People, „All About Charlie Kirk: Parents, Childhood and Early Life“, 2025.

  2. CBS News, „Charlie Kirk's political activism and Turning Point USA organization were born in Chicago suburbs“, 2025.

  3. The Independent, „How a Reagan-loving Chicago schoolboy became a millionaire MAGA leader“, 2025.

  4. Wikipedia, „Turning Point USA“, 2025.

  5. The Guardian, „Charlie Kirk obituary“, 2025.

  6. JNS.org, „Conservative activist Charlie Kirk speaks of ‘eye-opening’ stint in Israel“, 2018.

  7. Newsrael, „WATCH: Charlie Kirk: ‘No, Israel is not starving Gazans’“, 2023.

  8. Khanna.house.gov, „Progressive Bay Area lawmaker navigates careful pro-Israel line“, 2021.

Donnerstag, 28. August 2025

Ukraine: Patt-Situation erreicht


Russland ohne Siegeschance

Warum Moskaus Krieg gegen die Ukraine auf mittlere Sicht nicht zu gewinnen ist

Der Krieg in der Ukraine dauert inzwischen Jahre. Was in Moskau 2022 als schneller Feldzug zur „Entmilitarisierung“ und „Befreiung“ angekündigt wurde, hat sich längst in eine zermürbende Abnutzungsschlacht verwandelt. Russland kann zwar noch zerstören, bombardieren und erobern – aber die strategische Perspektive, die Ukraine dauerhaft zu unterwerfen, schwindet. Drei Gründe machen deutlich, warum Russland auf mittlere Sicht keine Chance mehr hat, den Krieg zu gewinnen.


1. Militärische Grenzen

Russland hat den „Blitzkrieg“ verloren. Weder gelang es, Kiew in wenigen Tagen einzunehmen, noch konnte die ukrainische Staatlichkeit destabilisiert werden. Stattdessen stößt die russische Armee seit Monaten an Grenzen, die strukturell kaum überwindbar sind:

  • Verschleiß statt Vormarsch. Russland hat enorme Verluste an Soldaten und Material erlitten. Schätzungen westlicher Geheimdienste sprechen von Hunderttausenden Toten und Verwundeten. Ganze Brigaden müssen mit schlecht ausgebildeten Reservisten aufgefüllt werden.

  • Die Lernkurve der Ukraine. Die ukrainische Armee kombiniert westliche Technologie – HIMARS-Raketen, Patriot-Systeme, Kampfdrohnen – mit hoher Flexibilität. Während russische Kommandostrukturen zentralistisch und schwerfällig bleiben, nutzt die Ukraine dezentrale Entscheidungen, um russische Vorstöße abzufangen.

  • Heimatvorteil. Die Ukrainer verteidigen ihr eigenes Land, kennen das Terrain, operieren mit hoher Motivation. Russland dagegen kämpft mit langen Nachschublinien, unsicheren Versorgungswegen und ständiger Gefahr durch Partisanen hinter den Fronten.

Russland kann noch Territorien halten oder zerstören. Aber es fehlt an der Fähigkeit, die Ukraine militärisch entscheidend zu überwältigen.


2. Ökonomische und logistische Schranken

Ein Krieg dieser Dauer ist nicht allein mit Panzern und Raketen zu führen. Er frisst sich in die Volkswirtschaft hinein – und hier zeigen sich die langfristigen Grenzen für Russland.

  • Sanktionswirkung. Auch wenn Moskau kurzfristig Schlupflöcher findet (über China, Indien oder den Schwarzmarkt), verliert das Land Zugang zu westlicher Hochtechnologie. Vor allem Mikroelektronik für Präzisionswaffen ist knapp. Die Rüstungsindustrie kann zwar Masse produzieren, aber kaum modernste Qualität.

  • Kostenexplosion. Russische Haushaltszahlen deuten darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Staatseinnahmen direkt in den Krieg fließt – zu Lasten von Infrastruktur, Bildung, Gesundheit. Der Krieg wird so zu einer schleichenden Selbstschwächung.

  • Logistik und Materialmangel. Die Rückkehr uralter sowjetischer Panzer und Raketen in die Schlacht zeigt: Russlands Reserven sind begrenzt. Iranische Drohnen und nordkoreanische Munition füllen Lücken, doch Abhängigkeit von externen Lieferanten macht verwundbar.

Damit wächst das Risiko, dass Russland zwar weiter kämpfen, aber den Krieg nicht mehr in eine vorteilhafte Entscheidung führen kann.


3. Politisch-gesellschaftliche Instabilität

Ein Krieg lässt sich nicht nur mit Waffen und Geld führen – er braucht auch gesellschaftliche Akzeptanz. Und hier wird die Lage für Russland zunehmend brüchig.

  • Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Hinter der Fassade von Propaganda und Repression mehren sich Unmutsäußerungen: Mütter klagen über gefallene Söhne, Regionen protestieren gegen unverhältnismäßige Einberufungen.

  • Elitenkonflikte. Die Machtbalance im Kreml ist fragil. Der Aufstand der Wagner-Gruppe um Jewgeni Prigoschin im Sommer 2023 war ein Fanal: Selbst ein privater Söldnerführer konnte kurzfristig das Machtzentrum Moskau bedrohen. Loyalität im Machtapparat ist nicht selbstverständlich.

  • Legitimationskrise. Je länger der Krieg dauert und je geringer die „Erfolge“ wirken, desto schwerer fällt es Putin, den Krieg als notwendige nationale Mission darzustellen. Das Narrativ einer „Verteidigung gegen den Westen“ nutzt sich ab, die wirtschaftlichen Kosten sind im Alltag spürbar.


Internationale Dimension: Die Ukraine steht nicht allein

Der entscheidende Unterschied zwischen Russland und der Ukraine ist die internationale Unterstützung. Westliche Waffenlieferungen, Finanzhilfen und die politische Rückendeckung durch EU, NATO und USA haben der Ukraine ein Überleben ermöglicht. Und diese Unterstützung ist – trotz politischer Schwankungen in einzelnen Ländern – langfristig angelegt.

Russland steht hingegen zunehmend isoliert. Enge Partner wie Belarus sind ökonomisch schwach, während China zwar taktische Vorteile aus Moskaus Schwäche zieht, sich aber scheut, in einen offenen militärischen Pakt einzutreten.


Fazit

Russland hat die Fähigkeit, weiterhin Leid zuzufügen. Aber die Perspektive, die Ukraine dauerhaft zu besetzen oder zu unterwerfen, ist verloren. Militärisch stößt Moskau an strukturelle Grenzen, ökonomisch schwächt sich das Land selbst, und politisch wächst der Druck im Inneren. Die Ukraine hingegen bleibt verteidigungsfähig – durch internationale Unterstützung und eine mobilisierte Gesellschaft.

Auf mittlere Sicht ist daher weniger die Frage, ob Russland gewinnt, sondern vielmehr, wie lange es noch bereit ist, einen Krieg ohne Aussicht auf Sieg zu führen.

Dienstag, 26. August 2025

Migrationsverfolgung in den USA 04: Einsatz des Immigration and Customs Enforcement (ICE)

Maßnahmen der ICE-Polizei in den USA – ein Überblick

Das Immigration and Customs Enforcement (ICE) ist eine Bundesbehörde unter dem US-Heimatschutzministerium, die für die Durchsetzung von Einwanderungsgesetzen zuständig ist. Ihre Maßnahmen sind vielfältig – und teils umstritten:

Taktiken und Vorgehensweise

Razzien in Wohngebieten und Arbeitsstätten
ICE führt unangekündigte Einsätze durch, oft mit maskierten Beamten in zivilen Fahrzeugen. 

Festnahmen ohne Vorwarnung
Personen werden auf offener Straße oder in Geschäften festgenommen – teils ohne sich auszuweisen.
 
Inhaftierung und Abschiebung
Migranten ohne gültige Papiere werden in Haftzentren gebracht und oft zügig abgeschoben. 
Neue Haftzentren wie das umstrittene „Alligator Alcatraz“ in Florida wurden eröffnet. 
Kritiker sprechen von einer „Geheimpolizei“ und autoritären Tendenzen

Zielgruppen: Offiziell liegt der Fokus auf „gefährlichen Kriminellen“, doch viele Festgenommene haben keine Vorstrafen. 

Spezialeinheiten und Ausrüstung
Das ICE verfügt über Special Response Teams (SRT), ähnlich wie SWAT, mit rund 400 Einsatzkräften. 
Die Beamten sind mit Schusswaffen und taktischer Ausrüstung ausgestattet und nutzen ein landesweites Funksystem. 

Finanzierung und politische Dimension
Unter Präsident Trump wurde das ICE-Budget massiv erhöht – auf über 148 Milliarden Euro bis 2030.  

Technologieeinsatz
Das ICE nutzt Apps wie „ICEBlock“ zur Ortung von Migranten und greift auf Steuerdaten zu. 
Zusammenarbeit mit FBI, Zoll, Steuerbehörde und Nationalgarde zur Verstärkung der Abschiebemaßnahmen. 


ICE-Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf Familien in den USA

Die Einsätze der US-Einwanderungsbehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) haben tiefgreifende Folgen für betroffene Familien – sowohl kurzfristig als auch langfristig. Hier sind die wichtigsten Auswirkungen:


Kurzfristige Folgen
  • Familientrennung: Eltern werden oft bei Razzien in Schulen, Krankenhäusern oder am Arbeitsplatz festgenommen – Kinder bleiben zurück, oft ohne Betreuung. 
  • Psychische Belastung: Kinder zeigen Symptome von PTBS, Angstzuständen und Schlafstörungen. Auch Eltern leiden unter Depressionen und Panik. 
  • Finanzielle Not: Familien verlieren im Schnitt 70 % ihres Einkommens innerhalb von sechs Monaten nach einer Festnahme oder Abschiebung. 
  • Wohnungsunsicherheit: Viele Familien können Miete oder Hypotheken nicht mehr zahlen und verlieren ihr Zuhause. 

Langfristige Folgen

  • Chronische Armut: Haushalte mit US-amerikanischen Kindern fallen oft unter die Armutsgrenze, wenn der Hauptverdiener abgeschoben wird. 
  • Bildungsprobleme: Kinder haben Lernschwierigkeiten, fehlen häufiger in der Schule oder brechen sie ganz ab. 
  • Gesundheitliche Schäden: Babys, die nach ICE-Razzien geboren werden, sind häufiger untergewichtig. Stress führt zu Bluthochdruck und anderen Krankheiten. 
  • Gemeinschaftliche Instabilität: Schulen, Kliniken und soziale Einrichtungen sind überlastet, weil sie betroffene Familien unterstützen müssen. 
  • Vermeidung öffentlicher Dienste: Viele Migrantenfamilien meiden medizinische Versorgung oder Sozialleistungen aus Angst vor Abschiebung – selbst wenn ihre Kinder US-Staatsbürger sind. 
  • Rechtliche Hürden: Der Zugang zu Anwälten ist oft eingeschränkt. Viele Betroffene werden schnell abgeschoben, ohne ihre Fälle verteidigen zu können. 

🧠 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

PTBS ist eine psychische Erkrankung, die durch traumatische Erlebnisse wie Katastrophen, Gewalt oder Unfälle ausgelöst wird. Sie führt oft zu anhaltenden Angstreaktionen.

  • Flashbacks
  • Albträume
  • Erhöhte Wachsamkeit

Professionelle Hilfe ist wichtig, um mit den Symptomen umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.

Wirtschaftliche Folgen von ICE-Verhaftungen in den USA


Die rigorosen Maßnahmen der US-Einwanderungsbehörde ICE wirken sich nicht nur auf betroffene Familien aus, sondern haben auch spürbare wirtschaftliche Konsequenzen – lokal wie national. Hier sind die wichtigsten Effekte:

Arbeitskräftemangel in Schlüsselbranchen:
Viele Festgenommene arbeiten in Landwirtschaft, Bau, Gastronomie und Pflege – Sektoren mit hohem Bedarf an Arbeitskräften. 
Durch Verhaftungen und Abschiebungen entstehen Lücken, die oft nicht schnell geschlossen werden können. 
Unternehmen berichten von Produktionsausfällen und steigenden Kosten für Rekrutierung und Schulung neuer Mitarbeiter. 

Rückgang der lokalen Wirtschaftsleistung: Migranten sind häufig Konsumenten und Steuerzahler – ihr Wegfall bedeutet weniger Umsatz für lokale Geschäfte. Städte mit hoher ICE-Aktivität verzeichnen sinkende Immobilienpreise und geringere Investitionsbereitschaft. 

Steigende öffentliche Ausgaben: Die Inhaftierung und Abschiebung kostet den Staat Milliarden. Das ICE-Budget wurde auf 148 Milliarden Euro bis 2030 erhöht. Neue Haftzentren wie „Alligator Alcatraz“ verursachen hohe Betriebskosten. Gleichzeitig müssen Sozialdienste, Schulen und Kliniken mehr Unterstützung für zurückbleibende Familien leisten. 

Abschreckungseffekt für Investoren: Die aggressive ICE-Strategie führt zu einem Klima der Unsicherheit, besonders in migrantisch geprägten Regionen. Unternehmen zögern, in Gebiete zu investieren, in denen Arbeitskräfte plötzlich verschwinden oder Proteste eskalieren. 

Verdrängungseffekte am Arbeitsmarkt: Laut Expertin Judith Kohlenberger entsteht eine Konkurrenz zwischen legalen und undokumentierten Migranten, was zu Lohndruck und Spannungen führt. 


Die Lebensumstände amerikanischer Immigranten im Jahr 2025 sind stark von politischen Veränderungen und globalen Trends geprägt. Rund 47,8 Millionen Immigranten leben in den USA (Stand 2023), etwa drei Viertel davon mit legalem Status wie Green Card, Visum oder Staatsbürgerschaft. Die USA verzeichnen aktuell die höchste Zahl an Immigranten in ihrer Geschichte. Die Mehrheit stammt aus Mexiko, Indien, China, den Philippinen und Lateinamerika. 

Seit der Rückkehr von Präsident Trump im Januar 2025 wurden strenge Maßnahmen eingeführt:
  • Massenabschiebungen von irregulären Migranten, besonders aus Lateinamerika.
  • Registrierungspflicht für bestimmte Immigrantengruppen ab April 2025.
  • Abschaffung digitaler Asyltools wie der CBP One App, was die Antragstellung erschwert. 
  • Razzien an sensiblen Orten wie Schulen und Krankenhäusern sind nun erlaubt.

Rechtliche und soziale Herausforderungen
Über 3,7 Millionen Fälle sind vor US-Einwanderungsgerichten anhängig. 
62 % der Betroffenen haben keinen juristischen Beistand. 
Programme wie DACA und TPS stehen unter Druck oder wurden eingeschränkt. 
Viele Immigranten leben in ständiger Unsicherheit, was zu Angst vor Behörden und eingeschränktem Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung führt. 

Wirtschaftliche Auswirkungen
Immigranten machen fast 20 % der US-Arbeitskräfte aus. 
Die verschärfte Politik könnte zu einem Rückgang der Arbeitskräfte und wirtschaftlichen Problemen führen, besonders in Landwirtschaft und Pflege. 

Freitag, 1. August 2025

Bürgergeld geht uns alle an, helfen wir beim Anschub

Bild von Lando auf Pixabay



Der neue Ansatz zum Bürgergeld von Enzo Weber & Kerstin Bruckmeier wird als arbeitsmarktwirtschaftlich sinnvoll und sozialpolitisch gerecht betrachtet. Im Kern schlägt er Vereinfachung und Integration von Bürgergeld (Grundsicherung), Wohngeld und Kinderzuschlag in ein einheitliches Leistungssystem vor. Gut, es ist nur einer von vielen überarbeitenswerten Teilbereichen der staatlichen Leistungen, aber hier besteht ja absolut Handlungsbedarf. Kein Mensch will eine Verarmungsnische für Bedürftige hochziehen und halten, was ja mit Hartz IV schon erfolgte und fortgeführt wurde.

Die beiden Fachleute Weber & Bruckmeier wollen einen einheitlichen, transparenten Selbstbehalt beim Einkommen (z. B. 30 %) einführen. Wer arbeitet, darf spürbar mehr behalten. Es ist eine Verzahnung von passiven Leistungen (Geld) mit aktiver Förderung (Beratung, Qualifizierung, Arbeitsvermittlung) – auch für Geflüchtete. Auch die Ämter sollen reformiert werden. Se sollen zu einheitlichen Anlaufstellen für alle Leistungen („One-Stop-Shop“) und bessere Digitalisierung der Daten und Schnittstellen verändert werden.

Das bestehende System aus Bürgergeld, Wohngeld, Kinderzuschlag und anderen Sozialleistungen weist hohe Transferentzugsraten auf. Das bedeutet, dass zusätzliche Erwerbseinkommen häufig zu einem starken oder vollständigen Verlust von Sozialleistungen führen – die sogenannte „Grenzbelastung“ ist oft sehr hoch (bis 80–100 %). Dadurch ist für viele Empfänger der Anreiz, mehr zu arbeiten oder mehr zu verdienen, sehr gering oder sogar negativ. Arbeit „lohnt sich nicht“, was Beschäftigungschancen mindert und soziale Ausgrenzung verstärken kann.

Enzo Weber & Kerstin Bruckmeier schlagen vor, diese Probleme durch ein integriertes System mit einem einheitlichen Selbstbehalt von etwa 30 % bei der Anrechnung von Erwerbseinkommen zu lösen. Und das ist in wenigen Jahren möglich.

Das Ausmaß


Rund 800.000 erwerbstätige Bürgergeldempfänger in Deutschland, plus Haushalte mit Wohngeld und Kinderzuschlag, sind direkt betroffen. Eine Reform der Anrechnungsregeln könnte ca. 400.000 Haushalte aus der Bedürftigkeit befreien und das Arbeitsangebot um bis zu 170.000 Vollzeitäquivalente erhöhen. 

Fiskalisch könnten die Mehrkosten bei einem umfassenden Entlastungsmodell bis zu 5 Milliarden Euro jährlich betragen. Gleichzeitig sind jedoch erhebliche Einsparungen durch geringere Langzeitarbeitslosigkeit und höhere Steuereinnahmen möglich.

Wichtig ist die Zusammenführung von Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag in einem einheitlichen Grundsicherungssystem, um Schnittstellen und Komplexität zu reduzieren.
Ferner die Einführung eines festen Selbstbehalts von ca. 30 %, d. h. mindestens 30 % des zusätzlichen Erwerbseinkommens werden nicht auf die Sozialleistungen angerechnet. Erforderlich wird die Neugestaltung der Hinzuverdienstregeln, so dass mehr Arbeit sich spürbar lohnt und nicht durch hohe Transferverluste ausgeglichen wird.


Aktive Maßnahmen

Neben finanziellen Anreizen sind Qualifizierung, Beratung, Vermittlung und sozialpädagogische Betreuung entscheidend, um die Integration in den Arbeitsmarkt nachhaltig zu fördern. Die Digitalisierung und verbesserter Datenfluss zwischen den Sozialleistungsträgern und Arbeitsagenturen befördern das Ganze weiter.

  • Arbeitsanreize stärken:
Mehr Erwerbstätigkeit und längerfristige Beschäftigung durch spürbare finanzielle Vorteile.

  • Bedürftigkeit reduzieren:
Deutliche Senkung der Zahl der Sozialleistungsbezieher, vor allem der Haushalte, die Bürgergeld beziehen.

  • Soziale Teilhabe sichern:
Durch bessere Einkommensanrechnung und abgestimmte Leistungen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördern.

  • Verwaltungsvereinfachung:
Reduzierung der Bürokratie durch integrierte Systeme und einheitliche Regeln.

  • Fiskalische Nachhaltigkeit:
Trotz anfänglicher Mehrkosten langfristig Entlastung der öffentlichen Haushalte durch bessere Arbeitsmarktintegration und geringere Sozialausgaben.

Samstag, 26. Juli 2025

Migrationsverfolgung in den USA 03

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„Wohnraum als Druckmittel“


Die Wohnsituation von Immigrant*innen unter der aktuellen Regierung von Donald Trump hat sich seit seiner Rückkehr ins Amt im Januar 2025 spürbar verschärft. Wohnraum steht dabei im Zentrum einer Strategie, die zunehmend nicht dem Schutz, sondern der Abschreckung dient.

Beginnen wir mit jener Gruppe, die weitgehend unberührt bleibt: US-Staatsbürger*innen mit MigrationshintergrundSie genießen weiterhin vollen Zugang zu staatlich gefördertem Wohnraum, etwa durch Programme wie „Section 8“ und „Public Housing“[1]. Darüber hinaus profitieren sie teilweise von neuen Steuererleichterungen und Zuschüssen für die Mittelschicht.

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Section 8 ist ein Wohngutscheinprogramm, bei dem einkommensschwache Haushalte bis zu 70 % der Mietkosten erstattet bekommen. Sie dürfen sich ihre Wohnung auf dem privaten Markt aussuchen und bezahlen etwa 30 % ihres Einkommens – der Rest wird vom Staat übernommen.

Public Housing bezeichnet staatseigene Wohnanlagen, die direkt durch Behörden verwaltet werden. Auch hier zahlen die Mieter rund 30 % ihres Einkommens. Die Gebäude befinden sich oft in urbanen Gebieten und sind teilweise stark sanierungsbedürftig.

Betroffene Gruppen

  • DACA-Jugendliche verlieren ihren rechtlichen Schutz, was zu Wohnungslosigkeit führen kann
  • SIJS-Antragsteller leben häufig in überbelegten oder temporären Camps
  • Undokumentierte Personen meiden Mietverträge aus Angst vor Behörden → inoffizielle Unterbringung (Garagen, Keller etc.)

Entwicklung des Wohnungsmarkts

BundesstaatMedian HauspreisMedian MieteVeränderung
Kalifornien$884.350$2.850–$3.200+3.5 %
Texas$356.700$2.069+0.8 %
Florida$378.000$2.069−4.3 %

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Ganz anders stellt sich die Situation für legal im Land lebende Immigrant*innen dar – etwa mit Green Card, Asylstatus oder den speziellen Schutzprogrammen DACA und SIJS.

  • DACA (Deferred Action for Childhood Arrivals) schützt junge Menschen, die als Kinder ohne Papiere in die USA kamen, vor Abschiebung und erlaubt ihnen zu arbeiten[2].
  • SIJS (Special Immigrant Juvenile Status) bietet Minderjährigen, die von einem oder beiden Elternteilen misshandelt, vernachlässigt oder verlassen wurden, einen Weg zur Green Card[3].

Besonders DACA- und SIJS-Jugendliche, meist aus Ländern wie Mexiko, El Salvador, Guatemala oder Indien, verlieren derzeit ihren Status oder ihre Arbeitserlaubnis. Das hat direkte Konsequenzen für ihren Zugang zu stabilem Wohnraum.

Asylbewerber*innen werden in sogenannte „Humanitäre Camps“ untergebracht – abgelegene Anlagen, meist in Grenznähe, mit provisorischen Wohncontainern oder Zelten, eingeschränkten sanitären Bedingungen und kaum verfügbarem rechtlichen Beistand[4].

Noch schwieriger ist die Lage für undokumentierte Immigrant*innen. Sie haben keinen Zugang zu staatlichen Wohnprogrammen und meiden oft formelle Mietverträge aus Angst vor den Behörden. Viele leben in informellen Notunterkünften – darunter Garagen, Keller oder überbelegte Wohnungen[5]. Die Qualität dieser Wohnräume ist besorgniserregend: mangelnde Isolierung, Schimmelbildung, fehlende Heiz- und Kühlsysteme. Besonders problematisch ist die neue Regelung, wonach Vermieter*innen gesetzlich verpflichtet sind, Mieterdaten an Behörden weiterzuleiten[6].

Eine besonders betroffene Gruppe sind sogenannte „mixed-status households“ – also Familien, bei denen etwa ein Elternteil keine Papiere hat, die Kinder aber US-Staatsbürger*innen sind. Trumps Regierung plant, diese Haushalte komplett von öffentlicher Wohnraumförderung auszuschließen – selbst für die legalen Mitglieder[7]. Über 58.000 Kinder, davon rund 56.000 mit US-Staatsbürgerschaft, droht der Verlust ihrer Wohnung.

Auch das Herkunftsland spielt eine indirekte Rolle. Immigrant*innen aus Lateinamerika, der Karibik und Teilen Asiens sind überproportional betroffen – durch erhöhte Abschiebungsraten, Einschränkungen bei Sozialleistungen und subtile Diskriminierung im Wohnungsmarkt[8].

Neben den sozialen Auswirkungen zeigen sich deutliche Effekte auf den US-Wohnungsmarkt selbst. Die massenhafte Deportation von Arbeitskräften führt zu Personalmangel im Bauwesen – ein Sektor, in dem viele undokumentierte Immigrant*innen tätig sind. Gleichzeitig treiben neue Zölle auf Baumaterialien wie kanadisches Holz und chinesischen Stahl die Kosten in die Höhe[9].

In Städten mit hoher Immigrantendichte steigen die Preise für Wohnraum deutlich. Diese Entwicklungen machen deutlich: Die Wohnraumkrise betrifft längst nicht nur Immigrant*innen – doch ihre Situation ist besonders prekär. Trumps Politik instrumentalisiert Wohnraum gezielt als Mittel der Ausgrenzung und Kontrolle. Damit wird ein elementares Menschenrecht – das Recht auf ein sicheres Zuhause – zum politischen Hebel.

Die USA stehen vor einer grundlegenden Frage:
Ist Wohnraum ein Schutzgut für alle – oder wird er zum Werkzeug der Spaltung?



Quellen

[1]: US News – Trump Links Immigration to Housing Prices
[2]: American Immigration Council – DACA Overview
[3]: ILRC – What is SIJS?
[4]: The Hill – Trump’s Housing Policy & Tariffs
[5]: Global Property Guide – USA Housing Overview
[6]: HousingWire – Trump’s Housing Actions
[7]: The Intercept – Mixed Status Evictions
[8]: Wharton ESG – Trump Blames Immigrants for Housing Crisis
[9]: Marketplace – Trump’s Housing Policy



Mittwoch, 23. Juli 2025

Wohin tendiert die Korruptionskontrolle in der Ukraine?




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Seit der Euromaidan-Revolution gilt der Aufbau starker, unabhängiger Institutionen als Fundament der demokratischen Entwicklung der Ukraine. Die Antikorruptionsbehörden NABU und SAPO waren zentrale Bestandteile dieser Architektur. Doch angesichts russischer Spionage und wachsender Sicherheitsrisiken hat Präsident Selenskyj am 23. Juli 2025 ein Gesetz unterzeichnet, das die Kontrolle dieser Institutionen dem Generalstaatsanwalt und ihm selbst unterstellt. Eine Maßnahme, die nach Ansicht der Regierung aktuell notwendig ist – aber nur vorübergehend legitim bleiben kann.

Sicherheit und die Notwendigkeit von Kontrolle

Die Bedrohung durch russische Infiltration ist nach mehreren Verhaftungen von NABU-Mitarbeitern real. In dieser Ausnahmesituation erscheint eine temporäre Kontrolle durch den Präsidenten und den Generalstaatsanwalt als ein legitimer Versuch, die Handlungsfähigkeit des Staates zu sichern. Die Regierung sieht darin die einzige Möglichkeit, Sabotage und Spionage effizient zu bekämpfen – insbesondere in Behörden, die Zugang zu sensiblen Daten und Ermittlungen haben.

Das Risiko des Machtmissbrauchs

Gleichzeitig birgt die Konzentration von Macht ohne unabhängige Aufsicht erhebliche Gefahren. Die europäische Geschichte zeigt, dass temporäre Ausnahmen schnell in dauerhafte Machtverschiebungen münden können. Der Sicherheitsimperativ darf kein Freibrief für politische Einflussnahme sein – insbesondere bei Ermittlungen, die enge Vertraute der Regierung betreffen.

Die Erfolge von NABU und SAPO

Gerade weil NABU und SAPO in der Vergangenheit Erfolge erzielt haben, ist ihre Unabhängigkeit schützenswert:

  • Mehr als 1.200 Ermittlungen gegen Top-Beamte, Minister und Richter
  • Aufdeckung von Korruptionsfällen in Millionenhöhe, darunter ein Bestechungsversuch eines obersten Richters
  • Rückführung von über 10 Milliarden UAH an den Staat, davon 2,56 Milliarden UAH für Verteidigungsausgaben
  • Internationale Anerkennung als Modellinstitutionen durch EU, G7 und IWF

Diese Bilanz zeigt, dass die Institutionen prinzipiell funktionstüchtig sind – und dass die Schwächen punktuell, aber nicht systemisch sind.

EU-Skepsis und der Pfad zurück zur Rechtsstaatlichkeit

Die EU erkennt die sicherheitspolitischen Herausforderungen an, fordert jedoch klare rechtsstaatliche Rahmenbedingungen. Sie verlangt nach richterlicher Kontrolle, Transparenz und einer Exit-Strategie, die den Weg zurück zur institutionellen Unabhängigkeit ebnet. Die milliardenschwere Unterstützung Europas hängt nicht zuletzt vom Vertrauen in funktionierende Gewaltenteilung ab.


Zeitweise Kontrolle mit Rückkehrgarantie

Eine temporäre Kontrolle kann legitim sein – aber sie muss auf festen Regeln basieren und aktiv zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit beitragen. Die Öffentlichkeit wartet auf Klärung der Maßnahme und wird alles kritisch betrachten. Die EU wird Folgendes erwarten:

  • Gesetzlich festgelegte Dauer der politischen Aufsicht
  • Messbare Sicherheitsziele (z. B. Überprüfung von Personal, Sicherheitsstruktur, Datenzugang)
  • Nach Zielerreichung Rückkehr zu international und zivilgesellschaftlich besetzten Auswahlprozessen
  • Einbindung eines unabhängigen Expertengremiums zur Begleitung und Bewertung des Prozesses
  • Beteiligung von NGOs, Medien und Bürgervertretungen in der Beobachtung und Veröffentlichung von Fortschritten
  • Ausschluss von Postenübernahmen durch russlandfreundliche Vertreter 

AKTUELL (26.07.2025): Nach den landesweiten Protesten gegen das neue Antikorruptionsgesetz hat Präsident Wolodymyr Selenskyj angekündigt, innerhalb von zwei Wochen einen gemeinsamen Aktionsplan mit den Leitern der Strafverfolgungs- und Antikorruptionsbehörden zu entwickeln.

Tausende Menschen protestierten in Kiew, Lwiw, Odessa und Dnipro – die größten Proteste seit Kriegsbeginn. Kritiker sehen darin einen Rückschritt in autoritäre Strukturen und eine Gefährdung der EU-Beitrittsperspektive. Die EU-Kommission bezeichnete das Gesetz als „ernsthaften Rückschritt“ und warnte vor Konsequenzen für finanzielle Hilfen und Beitrittsverhandlungen.

Selenskyjs Rechtfertigung

Er begründete die Reform mit dem Ziel, die Behörden von russischem Einfluss zu befreien. Trotz der Kritik betonte er, dass NABU und SAPO weiterhin arbeiten würden – „nur frei von russischem Einfluss“. Ob diese Maßnahmen tatsächlich zu einer effektiveren Korruptionsbekämpfung führen oder die Kontrolle über Ermittlungen zentralisieren, bleibt umstritten. 



Donnerstag, 17. Juli 2025

Migrationsverfolgung in den USA 02

Foto von Gerd Altmann bei Pixabay



Die Lebensumstände amerikanischer Immigranten unterscheiden sich stark je nach Herkunftsland – sowohl rechtlich als auch sozial und wirtschaftlich.

Immigranten aus Mexiko und Lateinamerika

Die Mexikaner stellen mit über 11 Millionen die größte Immigrantengruppe in den USA. Viele leben ohne legalen Status, was zu eingeschränktem Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung führt. Sie sind besonders betroffen von Abschiebungen und Grenzpolitik.
Mexikaner haben starke Communities in Kalifornien, Texas und Arizona mit kultureller Infrastruktur.

Immigranten aus Indien

Indische Immigranten sind hochqualifiziert und wirtschaftlich erfolgreich.
Viele kommen über Arbeitsvisa (z. B. H-1B) und sind stark in den Bereichen IT und Medizin zu finden. Sie haben ein überdurchschnittliches Einkommen und Bildungsniveau.
Herausforderungen durch die Trump Änderungen entstehen durch lange Wartezeiten für Green Cards und Familiennachzug.


Immigranten aus China

Vielfältige Gruppen - von Studierenden über Unternehmer bis zu älteren Generationen - sind typisch für diese Immigranten. Sie werden zunehmend der Überwachung und Einschränkungen bei Visa ausgesetzt.
Chinesen haben starke Netzwerke in Städten wie San Francisco und New York.


Immigranten von den Philippinen

Philippinos werden sehr viel in Pflegeberufen eingesetzt: Viele arbeiten im Gesundheitswesen. Man findet bei ihnen eine hohe Einbürgerungsrate, sie haben eine relativ stabile rechtliche Situation.
Pilippinische Einwanderer sind sehr familienorientiert und nutzen sehr häufig den Familiennachzug.


Immigranten aus Afrika

Einwanderer mit vielfältiger Herkunft, wobei Nigeria, Äthiopien, Ghana und Kenia führend sind. Die Menschen kommen wegen der Bildungschancen: Viele streben Hochschulabschlüsse an.
Afrikaner haben stark mit Diskriminierung zu kämpfen. Rassismus und strukturelle Benachteiligung sind sehr verbreitet.


Fazit

Die Lebensumstände hängen stark ab von 
  • Rechtsstatus (z. B. Asyl, Green Card, Visum)
  • Bildungsniveau und Beruf
  • Regionale Verteilung und Community-Support
  • Politischer Lage im Herkunftsland
  • bei Afrikanern weiterhin die Hautfarbe

Sonntag, 13. Juli 2025

Bahnlärm am Mittelrhein


Oberwesel
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Russlands Großmanöver SAPAD 2025 findet statt (aktualisiert 19.07.2025)

Große Europakarte      (c) vorla CH



Das sogenannte „Sapad-2025“-Manöver findet tatsächlich statt – und sorgt für erhebliche Unruhe in Europa. Es handelt sich um eine groß angelegte Militärübung von Russland und Belarus, die im Herbst 2025 geplant ist und vor allem in Belarus durchgeführt wird.

„Sapad“ bedeutet „Westen“ - das Manöver simuliert militärische Szenarien gegen westliche Staaten. Es umfasst offiziell rund 13.000 russische Soldaten auf belarussischem Gebiet. Diese Zahl liegt unterhalb der Schwelle, ab der laut dem Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa eine internationale Beobachtung verpflichtend wäre. Westliche Experten, wie der lettische General Andis Dilāns, schätzen die tatsächliche Zahl auf 100.000 bis 150.000 Soldaten. Zum Vergleich: Bei SAPAD 2021 waren rund 200.000 Soldaten beteiligt.

Die Manöver finden regelmäßig auf belarussischem Boden statt, z. B. in Asipovichy, wo auch nuklearfähige Iskander-Raketensysteme stationiert sind.
Die belarussische Regierung betont zwar, dass die Übungen der Verteidigung dienen, doch westliche Beobachter sehen darin auch eine mögliche Vorbereitung auf aggressive Szenarien.

Ziel ist die Integration strategischer und taktischer atomarer Raketensysteme wie Iskander-M. Ursprünglich war eine Erweiterung des Manövers entlang des russischen Grenzverlaufs bis in den Norden nach Finnland angedacht. Wir denken an die Truppenansammlungen und Flugplatzeinrichtungen, Bau von militärischer Infrastruktur vor Finnland.


Warum ist das Manöver so brisant?

Experten warnen vor einer „echten Kriegsgefahr“ für die EU und NATO. Das Manöver wird als mögliche Blaupause für eine Offensive gegen das Baltikum oder Polen gesehen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat Putin bereits vor einem Angriff auf Polen gewarnt und eine „verheerende Reaktion“ angekündigt. Die Einfallmöglichkeit in die nördliche Ukraine wurde ebenfalls gesehen.
Polen investiert massiv in seine Verteidigung: 4,7 % des BIP gehen 2025 in das Militär. Der sogenannte „Ost-Schild“ soll die Grenze zu Belarus und Kaliningrad sichern.

Die NATO betrachtet das Sapad-2025-Manöver mit großer Sorge und bewertet es als potenzielle Bedrohung für die Sicherheit Europas und des Bündnisses insgesamt.

Einschätzung der NATO und westlicher Experten

Die Übung wird als Teil von Russlands Strategie gesehen, militärische Stärke zu demonstrieren und Abschreckung zu betreiben.
Der deutsche Militärhistoriker Sönke Neitzel sprach vom „letzten Sommer in Frieden“ und sieht in Sapad-2025 eine ernste Gefahr. Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer betont, dass Russland mit dem Manöver seine „potenten Fähigkeiten“ zeigen will – auch im Cyber- und Informationsraum.

Reaktionen der NATO-Staaten

Polen und Litauen planen Gegenübungen wie „Tarassis 25“ und „Thunder Strike“ zur gleichen Zeit.

Die Bundeswehr in Litauen beobachtet das Manöver aufmerksam und sieht Belarus als mögliches Einfallstor ins Baltikum.

Offizielle russisch-belarussische Darstellung

Belarus versucht zu beschwichtigen und hat angekündigt, das Manöver zu verkleinern und ins Landesinnere zu verlegen. Dennoch bleibt die NATO skeptisch, da ähnliche Manöver 2021 der Vorbereitung der Ukraine-Invasion dienten.