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Samstag, 14. April 2012

Vererben wie im 19. Jahrhundert? Rheinland-Pfalz und die Hofabgabeklausel

Familienbetrieb vor 1914
(SV) In Rheinland-Pfalz gilt noch eine Regelung, die Landwirte mehr als vor den Kopf stößt: Ohne Nachfolger keine Rente! 


Die Regelung stammt aus dem Jahr 1957. Sie besagt, dass hauptberufliche Landwirte nur dann ihre Altersrente von durchschnittlich 400 Euro mit 65 Jahren bekommen, wenn sie ihren Hof und ihre Flächen an einen Nachfolger übergeben, verkauft oder verpachtet haben. Wer keinen Nachfolger hat, bekommt keine Rente. 

Die Rente sollte, so die Idee damals, eine Art Taschengeld für die alten Bauern sein, die bei ihren Kindern auf dem Hof leben und dort versorgt werden. Die Regelung ist allerdings sozial ziemlich ungerecht, denn der Seniorbauer hat ja nur eine Rente, die sogar noch unter der durchschnittlichen Vollrente für Frauen liegt, die ebenfalls schon zu gering ausfällt. Und das, obwohl die Bauern jahrzehntelang ihre Beiträge in die landwirtschaftliche Alterskasse eingezahlt haben. 



Rückzugsgebiete der Landwirtschaft in D

Diese exotische Regelung findet man in keiner anderen Berufsgruppe und wirkt diskriminierend. Natürlich hören Rentenbezieher auch auf zu arbeiten, sie werden aber nicht zur testamentarischen Vererbung an Kinder oder Bezugsberechtigte gezwungen! Steillagenwinzer an der Mosel sind wohl sehr stark betroffen, weil sie Probleme haben, einen Nachfolger zu finden und damit Rente zu kommen. Die durchschnittliche Einkommenlage der Kleinbauern ist ja bekannt.

Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau und das Bundeslandwirtschaftsministerium halten die Maßnahme jedoch immer noch für legitim, da sie die Alten zum Rücktritt zwinge und jungen Landwirten ermögliche, frühzeitig in Betriebe zu investieren.

Die wenigsten denken an die Lage der kleinen Landwirte
 
Kann dieses Rentensystem den Bauern nicht ermöglichen, so einzuzahlen, dass sie eine anständige Rente beziehen und auch selbstständig bleiben können? Nicht jeder Alte will den Jungen reinreden, sie dirigieren. Aber vielleicht in seinem Betrieb mithelfen. Die wenigsten Landwirte wollen bei Kinder-/Nachfolgermangel einen Nachfolger mit 65 bestimmen, um dann eventuell leer auszugehen für die nächsten 20 Jahre, in denen sie auf Minijob- bzw. HartzIV-Niveau gesetzt werden  ... Die Alternative für die Senioren ist, zum Weiterzumachen 
gezwungen zu sein, denn sie erhalten aus ihren Renteneinzahlungen bis zur Eigentumsaufgabe nichts! Und aktiviert man Realitätsszenarien - Krankheit eines Partners, der Kinder, der Senioren, Brand, Armut, mangelhafte Absicherung - ist klar, dass das Rentensystem eine Bestrafung ist. Nicht wenige bäuerliche Familien sind bei Notfällen, Unglücken, Verlusten von Familienmitgliedern ruiniert, weil sie zu wenig für ihren Betrieb bekommen, wenn sie einen Käufer oder Pächter finden, ihr Zuhause weg ist und die Rente nicht ausreicht.

Montag, 6. Februar 2012

Sind Moselbrücken sexy und förderlich für gute Lagen?

(SV)  Sexy und förderlich für gute Lagen? Ja, so stand das in der Zeitung, Wein gedeiht auch im Schatten der Brücken. Was soll's? Auch wenn US-amerikanische und britische Weinkritiker sowie französische Gourmets der Meinung sind, eine Brücke die stört, nein, unsere Moseler Winzer haben ganz eigene Ideen.
Die Qualität des Mosel-Rieslings, nein, die Qualität des gesamten deutschen Rieslings sei in Gefahr, schrieben die Kritiker. 

Als vor knapp 40 Jahren, 110 Kilometer flussabwärts von der neuen Hochbrücke zwischen Winningen und Dieblich an der Untermosel eine Autobahnbrücke gebaut wurde, schrie niemand. Umweltverbände oder grüne Politiker existierten noch nicht. Und Anfang der 1970er-Jahre hatte man eh andere Vorstellungen, ästhetische Umweltgestaltung wie in anderen schmucken historischen Gebieten war noch nicht angekommen.
Heute sieht man das entspannt, denn die Lagen im Schatten der Winninger Moseltalbrücke, Uhlen oder Röttgen, bringen ebenfalls Spitzengewächse hervor und sind weltweit berühmt. Dass der Bau des Hochmoselübergangs – oder korrekt ausgedrückt der B 50 neu – den Niedergang des Mosel-Rieslings bedeuten kann, das sehen manche Winzer oder mit Wein Beschäftigte ganz locker. Witterungsprobleme machten mehr Ärger, weniger die heraufbeschworenen Gefahren von Eingriffen ins Erdreich, Wassersystem, Erdrutschen, Mineralstoffverlusten oder Oberflächenwasserschäden. 

Nein, ein Winninger Winzer sieht gar die sexy Beine seiner Autobahnbrücke gern und das Moderne betone den urigen Moselcharakter durch die Gegensätzlichkeit. Der Schattenwurf der Brücke für den Wein unter der Brücke bringt schon eher zum Nachdenken, aber angesichts der Klimaerwärmung sei es ja gar nicht so schlecht, dass die Reben etwas weniger Sonne bekommen, so Betroffene. Soweit die PR-Stimmen aus der Region, um Wirtschaft und Tourismus nicht zu schädigen ...

Allerdings ist man in Winningen auch der Meinung, dass die Brücke gar nicht notwendig sei. Volkswirtschaftlich wird sie als eine Verschwendung betrachtet. Vor 10 oder 15 Jahren hätte man protestieren sollen. "Aber da waren sich die sogenannten Meinungsführer noch zu fein.“ Das scheint aber auch der entscheidende Punkt zu sein: So viel Geld für eine überflüssige Brücke? Und strukturschwache Gebiete sind immer noch arbeitsmarktmäßig unterentwickelt? Andere Projekte müssen wegen einer solchen "Glanzidee" warten? Wer profitiert? Welche Großunternehmer haben das eingefädelt?

Zahlen aus dem TRIERER VOLKSFREUND:
Moseltalbrücke
Lage: Übergang der Bundesautobahn 61 zwischen Winningen und Dieblich (Kreis Mayen-Koblenz)
Länge: 935 Meter / Höhe: 136 Meter
Verkehrsaufkommen: 43 000 Fahrzeuge/Tag

Hochmoselübergang
Lage: Übergang der Bundesstraße 50 zwischen Zeltingen-Rachting und Ürzig (Kreis Bernkastel-Wittlich)
Länge: 1,7 Kilometer / Höhe: 158 Meter
Verkehrsaufkommen (Hochrechnungsprognose für 2025): 25 100 Fahrzeuge/Tag