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Donnerstag, 27. Oktober 2011

Fehlende (Augen-)Reaktionen bei Konservativen oder wie biologische Voraussetzungen Politik beeinflussen können


Liberale reagieren stärker auf ihr Gegenüber als Konservative, das ist das Ergebnis eines Forschungsexperimentes an der University of Nebraska-Lincoln. Gemeint und getestet wurde hier die Reaktion auf Augenbewegungen des Gegenübers. Während die Liberalen den Blicken häufig folgten, ließen sich die Konservativen davon kaum beeindrucken. Möglicherweise führe diese unterschiedliche Wahrnehmung der Umwelt dazu, dass manche Menschen eine eher konservative Position einnähmen, die die persönliche Autonomie in den Vordergrund stelle, mutmaßen die Forscher. Entsprechend würden Menschen, die besonders intensiv auf ihre Mitmenschen reagieren, eher eine liberale Ausrichtung einnehmen. Für welche politische Ausrichtung sich Menschen entscheiden, hängt möglicherweise auch davon ab, wie empfänglich sie für Schlüsselreize im Umgang mit anderen Menschen sind. Wie und welchem Umfang sich das auf das politisch-gesellschaftliche Leben auswirkt, kann das Experiment allerdings nicht beantworten.

In den Versuchen der Wissenschaftler saßen 72 liberale und konservative Probanden vor einem weißen Computerbildschirm, in dessen Mitte sich ein kleines schwarzes Kreuz befand. Dieses verschwand nach wenigen Sekunden und wurde durch ein Gesicht ersetzt, dessen Augen zunächst leer waren. Dann erschienen die Pupillen, die entweder nach links oder nach rechts schauten. Die Aufgabe der Freiwilligen bestand darin, mittels Tastendruck zu signalisieren, sobald rechts oder links neben dem Gesicht ein kleiner Kreis erschien. Allen Teilnehmern wurde erklärt, dass die Blickrichtung der Augen kein Hinweis darauf sei, wo der Kreis erscheinen würde. Obwohl es insofern eigentlich keinen Grund gab, den Blicken des Computergesichts zu folgen, taten die Liberalen genau das. Dies deutet ja auch auf eine höhere Aufmerksamkeit und Wachheit in der Kommunikation und Wahrnehmung hin.
 
Nach Einschätzung der Forscher ist dieses Verhalten prinzipiell nicht weiter verwunderlich, denn Augenbewegungen eines Gegenübers sind Schlüsselreize der sozialen Interaktion und daher nur schwer zu ignorieren. Menschen und auch viele Tiere folgen den Blicken ihres Gegenübers, weil sie dadurch oft wichtige Hinweise erhalten - sowohl über die nächste Handlung des Gegenübers als auch beispielsweise über einen sich nähernden Feind oder eine Nahrungsquelle. Umso erstaunlicher fanden es die Wissenschaftler, dass die Konservativen diesem evolutionär verankerten Impuls nicht folgten. Sie seien zwar davon ausgegangen, dass die politische Einstellung sich in den Ergebnissen widerspiegle, "aber wir hatten nicht erwarten, dass sich Konservative als geradezu immun gegenüber diesen Signalen erweisen würden", erläuterten die Forscher das Ergebnis. Oder sind Konservative weiter weg von unseren Urinstinkten? Haben die Anhänger dieser politischen Richtung ein höheres Maß an Sturheit und Unbeweglichkeit? Offene Fragen ...

Die Studienergebnisse stützen nach ihrer Einschätzung die These, wonach biologische Voraussetzungen die politische Ausrichtung maßgeblich beeinflussen können. Frühere Untersuchungen hatten bereits einige solcher Faktoren aufgespürt: So neigten etwa Menschen, die besonders stark auf furchteinflößende Bilder reagierten, dazu, eine aggressive Verteidigungspolitik zu unterstützen und befürworteten die Todesstrafe. Interessant wäre es sicher, noch mehr Ergebnisse aus dieser Richtung zu bekommen.