Gerade vor kurzem beschäftigten wir uns mit Oskar Gröning, dem 94-jährigen Greisen, der in Lüneburg vor Gericht musste. Ein Buchhalter in Auschwitz, der den Leuten ihre Habseligkeiten samt Koffer und Kleider raubte, um die noch wertvollen Sachen der SS in Berlin zukommen zu lassen, um Hitlers schmutzigen Vernichtungskrieg gegen die Juden, Kommunisten und die Andersdenkenden in aller Welt zu finanzieren.
Das Urteil "Beihilfe zum Mord an 300.000 Juden" verwirrte, weil kein direkter Bezug zur Ermordung der Opfer zu sehen war. Anlass, auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung hinzuweisen, der den Frankfurter Auschwitzprozess als historisches Ereignis vorstellt, danach trat eine große Pause in der systematischen Ermittlung von weiteren Nazitätern ein.
Lit: 50 Jahre Auschwitz-Urteile von Frankfurt: Nazi-Verbrecher von nebenan
Der Frankfurter Auschwitzprozess von 1963-65 zeigte, dass nach den
+ Nürnberger Prozessen von 1946, in dem 24 Hauptkriegsverbrecher (u.a. Hermann Göring, Rudolf Heß, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm Keitel, Ernst Kaltenbrunner, Alfred Rosenberg, Hans Frank, Wilhelm Frick, Julius Streicher, Walter Funk, Hjalmar Schacht, Erich Raeder, Baldur von Schirach, Fritz Sauckeloder), in Jerusalem im Sicherheitsglaskasten Adolf Eichmann, der Organisator des Holocausts, verurteilt wurden (Freispruch für von Papen und Hjlmar Schacht, der die Finanzierung des Krieges besorgte), und den
+ 12 Nürnberger Nachfolgeprozessen 1946-49 weitere 185 Vertreter des Regimes vor Gericht standen (24 Todesurteile, nach Intervention Adenauers 1951 auf 12 reduziert, 20 lebenslängliche Haftstrafen auf 11 reduziert und 98 Freiheitsstrafen zwischen 18 Monaten und 25 Jahren),
+ auch in den 60er Jahren noch genug Verbrecher unterwegs waren, um eine erschütternde Konfrontation mit der Todesmaschine KZ vor Gericht erleben zu müssen. Zeugen sagten aus, und von den 20 Angeklagten, dabei der brutale Schinder Oswald Kaduk, zur Prozesszeit als "liebevoller" Krankenpfleger aktiv, Robert Mulka, die rechte Hand des Auschwitzkommandeurs, ein gutsituierter Geschäftsmann aus Hamburg usw., mussten sechs Naziverbrecher lebenslang, elf zeitlich begrenzt ins Gefängnis (von drei Jahren, drei Monaten bis 14 Jahre) und drei erhielten Freisprüche.
Es war ein historischer Prozess, der auf 920 Seiten Urteilsbegründung die Verbrechen in Auschwitz vor einem deutschen Gericht zugibt und dokumentiert. Insgesamt gab es fünf Auschwitzprozesse in Frankfurt, der letzte endete 1981, deren Angeklagte 1965 bis auf drei Freisprüche lange Gefängnisstrafen und ergänzend Zuchthaus erhielten. Wilhelm Boger, Lager-Gestapo, erhielt beispielsweise lebenslänglich plus 15 Jahre Zuchthaus. Nach 1965 wurden weniger und in den letzen beiden Prozessen (insgesamt mit sehr wenig Angeklagten) nur noch eine Haftstrafe ausgeprochen.
In diesem Licht muss man auch den jüngsten Prozess gegen den Buchhalter von Auschwitz, Oskar Gröning, sehen. Da es ganz klar wurde, dass alle KZ-Schergen f r e i w i l l i g die Unterdrückung, Ermordung, Quälerei und Schinderei von wehrlosen Opfern, darunter Schwangere, Mütter und Kleinkinder, b e g i n g e n, weil zu keinem Zeitpunkt die Pflicht bestand am KZ-Einsatzort zu bleiben. Jeder konnte sich problemlos wieder in den Kriegsdienst zurückmelden. So sammelten sich die größten Sadisten, Blutrünstigen und Underdogs in den Tötungslagern oder bei Sondereinsatztruppen, um sich einmal richtig gegen Wehrlose austoben zu können. Schon das ist Zeichen der hochgradigen bestialischen Gesinnung dieser Menschen und Regimeunterstützer, die im Nachkriegsleben ganz gegenteilig agierten, wie um ihre Unschuld zu beweisen, die Schmutzigkeit des diktatorisch-hitleristischen Tötungswahns abzuwaschen. Sich zu verstecken. Daher ist allein die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung Anlass genug, mitschuld an der Ermordung von 300.000 Juden gewesen zu sein. Auch wenn der Prozess sehr spät kam, ein Greis in den Gerichtssaal kam, er war erforderlich. Weil Gröning selbst sagte, dass er schuldig wäre! Rassenideologisch und nationalsozialistisch infiziert ...
Die Beschuldigtenliste der Frankfurter Staatsanwaltschaft umfasst heute 475 Blatt und enthält rund 4.500 Namen von SS-Personal in Auschwitz. Seit den Ermittlungen gegen Demjanjuk, der vor Prozessende 2011 verstarb, wird die Liste nach noch Lebenden durchforstet, weil man heute wieder verstärkt der Meinung ist, dass jedes Rädchen in der Todesmaschine Schuld trägt.
Dazwischen jedoch - zwischen 1968 und 2011 - kehrte mit einem trickreichen Zufall "Ruhe" ein. Es wurde allen Ernstes auf Betreiben eines Ex-Nazis und -Staatsanwalts, 1947 zwar entnazifiziert und danach im Bundesministerium für Justiz tätig - Ministerialdirigent Eduard Dreher - i r r t ü m l i c h ein Gesetz verabschiedet, dass die Gehilfen der Haupttäter für nicht schuldig betrachtete, wodurch am 1. Oktober 1968 schlagartig alle "Beihilfe"-Taten von NS-Verbrechern verjährt waren! Die Akten gegen Sondereinsatzgruppen und Tausende von Mördern wanderten in den Müll. Als wenige Stunden darauf der Irrtum aufgedeckt und das Gesetz für unwirksam erklärt wurde, war alles zu spät! Erst später wurden die Namen wieder ausgegraben, die Akten jedoch waren für immer vernichtet. Diese extrem wichtige Nebensächlichkeit der Geschichte las ich wieder bei THOMAS FISCHER, Bundesrichter in Karlsruhe, in der ZEIT. Man kann sich nicht oft genug daran erinnern lassen.
Das Urteil "Beihilfe zum Mord an 300.000 Juden" verwirrte, weil kein direkter Bezug zur Ermordung der Opfer zu sehen war. Anlass, auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung hinzuweisen, der den Frankfurter Auschwitzprozess als historisches Ereignis vorstellt, danach trat eine große Pause in der systematischen Ermittlung von weiteren Nazitätern ein.
Lit: 50 Jahre Auschwitz-Urteile von Frankfurt: Nazi-Verbrecher von nebenan
Der Frankfurter Auschwitzprozess von 1963-65 zeigte, dass nach den
Auf der Nürnberger Anklagebank: Göring, Heß, von Ribbentrop, Keitel (vorne), Dönitz, Raeder, von Schirach und Sauckel (dahinter) (c) wikipedia commons |
+ 12 Nürnberger Nachfolgeprozessen 1946-49 weitere 185 Vertreter des Regimes vor Gericht standen (24 Todesurteile, nach Intervention Adenauers 1951 auf 12 reduziert, 20 lebenslängliche Haftstrafen auf 11 reduziert und 98 Freiheitsstrafen zwischen 18 Monaten und 25 Jahren),
+ auch in den 60er Jahren noch genug Verbrecher unterwegs waren, um eine erschütternde Konfrontation mit der Todesmaschine KZ vor Gericht erleben zu müssen. Zeugen sagten aus, und von den 20 Angeklagten, dabei der brutale Schinder Oswald Kaduk, zur Prozesszeit als "liebevoller" Krankenpfleger aktiv, Robert Mulka, die rechte Hand des Auschwitzkommandeurs, ein gutsituierter Geschäftsmann aus Hamburg usw., mussten sechs Naziverbrecher lebenslang, elf zeitlich begrenzt ins Gefängnis (von drei Jahren, drei Monaten bis 14 Jahre) und drei erhielten Freisprüche.
Es war ein historischer Prozess, der auf 920 Seiten Urteilsbegründung die Verbrechen in Auschwitz vor einem deutschen Gericht zugibt und dokumentiert. Insgesamt gab es fünf Auschwitzprozesse in Frankfurt, der letzte endete 1981, deren Angeklagte 1965 bis auf drei Freisprüche lange Gefängnisstrafen und ergänzend Zuchthaus erhielten. Wilhelm Boger, Lager-Gestapo, erhielt beispielsweise lebenslänglich plus 15 Jahre Zuchthaus. Nach 1965 wurden weniger und in den letzen beiden Prozessen (insgesamt mit sehr wenig Angeklagten) nur noch eine Haftstrafe ausgeprochen.
In diesem Licht muss man auch den jüngsten Prozess gegen den Buchhalter von Auschwitz, Oskar Gröning, sehen. Da es ganz klar wurde, dass alle KZ-Schergen f r e i w i l l i g die Unterdrückung, Ermordung, Quälerei und Schinderei von wehrlosen Opfern, darunter Schwangere, Mütter und Kleinkinder, b e g i n g e n, weil zu keinem Zeitpunkt die Pflicht bestand am KZ-Einsatzort zu bleiben. Jeder konnte sich problemlos wieder in den Kriegsdienst zurückmelden. So sammelten sich die größten Sadisten, Blutrünstigen und Underdogs in den Tötungslagern oder bei Sondereinsatztruppen, um sich einmal richtig gegen Wehrlose austoben zu können. Schon das ist Zeichen der hochgradigen bestialischen Gesinnung dieser Menschen und Regimeunterstützer, die im Nachkriegsleben ganz gegenteilig agierten, wie um ihre Unschuld zu beweisen, die Schmutzigkeit des diktatorisch-hitleristischen Tötungswahns abzuwaschen. Sich zu verstecken. Daher ist allein die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung Anlass genug, mitschuld an der Ermordung von 300.000 Juden gewesen zu sein. Auch wenn der Prozess sehr spät kam, ein Greis in den Gerichtssaal kam, er war erforderlich. Weil Gröning selbst sagte, dass er schuldig wäre! Rassenideologisch und nationalsozialistisch infiziert ...
Die Beschuldigtenliste der Frankfurter Staatsanwaltschaft umfasst heute 475 Blatt und enthält rund 4.500 Namen von SS-Personal in Auschwitz. Seit den Ermittlungen gegen Demjanjuk, der vor Prozessende 2011 verstarb, wird die Liste nach noch Lebenden durchforstet, weil man heute wieder verstärkt der Meinung ist, dass jedes Rädchen in der Todesmaschine Schuld trägt.
Dazwischen jedoch - zwischen 1968 und 2011 - kehrte mit einem trickreichen Zufall "Ruhe" ein. Es wurde allen Ernstes auf Betreiben eines Ex-Nazis und -Staatsanwalts, 1947 zwar entnazifiziert und danach im Bundesministerium für Justiz tätig - Ministerialdirigent Eduard Dreher - i r r t ü m l i c h ein Gesetz verabschiedet, dass die Gehilfen der Haupttäter für nicht schuldig betrachtete, wodurch am 1. Oktober 1968 schlagartig alle "Beihilfe"-Taten von NS-Verbrechern verjährt waren! Die Akten gegen Sondereinsatzgruppen und Tausende von Mördern wanderten in den Müll. Als wenige Stunden darauf der Irrtum aufgedeckt und das Gesetz für unwirksam erklärt wurde, war alles zu spät! Erst später wurden die Namen wieder ausgegraben, die Akten jedoch waren für immer vernichtet. Diese extrem wichtige Nebensächlichkeit der Geschichte las ich wieder bei THOMAS FISCHER, Bundesrichter in Karlsruhe, in der ZEIT. Man kann sich nicht oft genug daran erinnern lassen.