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Sonntag, 28. Dezember 2025

Schulische Misserfolge - Radikalisierung - Drogen - Straf- und Gewalttaten an deutschen Schulen (Teil A)

Schulen seit Jahren nicht mehr wiederzuerkennen

Die angespannte Lage bei den Realschulen plus in Ludwigshafen, insbesondere an der Karolina-Burger-Realschule plus, hat in den letzten Wochen und Monaten für erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit und Debatten gesorgt. Die Gründe sind vielschichtig und betreffen sowohl Schulalltag und Sicherheit als auch strukturelle Herausforderungen des Schulsystems:

Gewalt, Sicherheitsprobleme und dramatische Zustände

  • Lehrkräfte an der Karolina-Burger-Realschule plus berichten von massiven Gewaltvorfällen, Bedrohungen und Übergriffen im Schulalltag. In einem Brandbrief schilderte das Kollegium Zustände „voller Gewalt, Angst und Überforderung“, bei denen alltäglicher Unterricht kaum noch möglich sei – z. B. Beleidigungen, körperliche Angriffe und ritualisierte Eskalationen im Schulbetrieb. News4teachers

  • Auch konkrete Vorfälle wie Messerbedrohungen gegen Lehrkräfte, Amokalarm-Situationen und zahlreiche Polizeieinsätze haben die Lage weiter zugespitzt. Focus

  • Diese Probleme führten dazu, dass der rheinland-pfälzische Bildungsminister öffentlich bestätigte, die Situation sei „nicht kurzfristig zu lösen“ und verwies auf jahrelang aufgelaufene Herausforderungen. DIE WELT

Strukturelle Herausforderungen des Schultyps

  • Realschulen plus sind in Rheinland-Pfalz ein Schultyp, der Schülerinnen und Schüler mit sehr unterschiedlichen Leistungs- und Unterstützungsbedarfen gemeinsam unterrichtet. Diese hohe Heterogenität, von leistungsstarken bis hin zu stark förderbedürftigen Jugendlichen mit erheblichen Sprach- oder Sozialdefiziten, macht den pädagogischen Alltag besonders anspruchsvoll. cdu-lu.de

  • Kritiker – darunter lokale Politiker und Lehrkräfte – sehen in dieser Durchmischung und dem Mangel an ausreichender individueller Förderung eine Überforderung der Lehrkräfte, insbesondere ohne ausreichende personelle, bauliche oder pädagogische Unterstützung. cdu-lu.de

Reaktionen aus Politik und Öffentlichkeit

  • Die CDU-Landtagsabgeordnete Marion Schneid bezeichnete die Zustände als „erschütternd“ und fordert mehr Schutz, Ressourcen und klare Maßnahmen, damit Schulen kein „rechtsfreier Raum“ sind und Lehrkräfte sicher arbeiten können. cdu-lu.de

  • Landespolitisch wurde der Fall auch im Bildungsausschuss diskutiert, und das Ministerium kündigte Unterstützungs- und Präventionsmaßnahmen an. DIE WELT

Hintergrund: Demografische und soziale Faktoren

  • Bereits in früheren Schulentwicklungsplanungen wurde festgestellt, dass die Realschulen plus in Ludwigshafen wachsen und teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Ludwigshafen

  • In Teilen der Stadt ist zudem der soziale Förderbedarf höher als der Durchschnitt – inklusive hoher Anteile von Schülern mit Migrationshintergrund und zusätzlichen sprachlichen Herausforderungen – was ebenfalls einen Einfluss auf Unterrichts- und Schulklima haben kann. Dokumentenserver Rheinland-Pfalz

Gewalt und Straftaten an Schulen treten selten isoliert auf. Sie sind häufig Teil eines komplexen Problembündels, das schulische Misserfolge, riskantes Konsumverhalten (Drogen mit hohem Suchtpotenzial),  Schwarzarbeit/illegale Parallelwirtschaft (sog. informelle Ökonomien) und ideologische Radikalisierung miteinander verbindet. Diese Faktoren verstärken sich gegenseitig und beschleunigen Eskalationsprozesse.


Schulschwierigkeiten als struktureller Ausgangspunkt

Typische schulische Problemlagen:

  • Leistungsdefizite,
  • häufige Fehlzeiten,
  • Schulverweigerung,
  • Konflikte mit Lehrkräften,
  • frühe Stigmatisierung als „Problemfall“.

Schulisches Scheitern erzeugt:

  • Entwertungserfahrungen,
  • Verlust von Anerkennung,
  • Abkopplung von institutionellen Erwartungen.

Die Schule verliert damit ihre Funktion als Orientierungs- und Zukunftsraum.

Übergang in Gewalt und Straftaten

Wenn schulische Anerkennung ausbleibt, suchen Jugendliche häufig alternative Formen von Status, Macht und Zugehörigkeit. Gewalt wird dabei:

  • Mittel zur Selbstbehauptung,
  • Ausdruck von Frustration,
  • Ersatz für fehlende Wirksamkeitserfahrungen.

Straftaten im Schulkontext sind daher oft Folge, nicht Ursache schulischer Probleme.


Drogenkonsum und -verkauf als Eskalationsverstärker

Konsum

  • Cannabis, Alkohol und zunehmend synthetische Substanzen,
  • Konsum als Bewältigungsstrategie gegen Stress, Ohnmacht und Leere,
  • sinkende Hemmschwellen für Aggression.


Handel
  • Einstieg in inoffizielle Ökonomien,
  • Statusgewinn durch Geld, Angst und Kontrolle,
  • Konflikte um Reviere, Schulgelände und Schulwege.

Schulen werden dabei

  • Kontaktzonen, weniger Handelszentren.
  • Orte der Rekrutierung und Sichtbarkeit.

Drogenmilieus erhöhen

  • Gewaltbereitschaft,
  • Einschüchterung,
  • Straftatdichte im Umfeld der Schule.


Rechtsradikale und extremistische Einflüsse

Anschlussfähigkeit

Rechtsradikale Ideologien wirken besonders dort, wo

  • biografische Brüche bestehen,
  • soziale Anerkennung fehlt,
  • einfache Schuldzuweisungen attraktiv werden.

Sie bieten

  • klare Feindbilder,
  • scheinbare Stärke,
  • Zugehörigkeit und Ordnung.

Erscheinungsformen im Schulkontext

  • Rechtsextreme Sprache und Symbole,
  • Gewalt gegen Minderheiten,
  • Provokationen und Grenztests,
  • Vernetzung über soziale Medien.

Rechtsradikale Narrative legitimieren Gewalt und verschärfen bestehende Konflikte.


Das integrierte Eskalationsmodell

Schulische Misserfolge → Entwertung → Rückzug / Aggression → Drogenkonsum → Straftaten → ideologische Radikalisierung

Nicht jeder Weg verläuft vollständig, aber

  • je mehr Faktoren zusammenkommen,
  • desto höher ist das Eskalationsrisiko,
  • desto geringer die Rückkehrwahrscheinlichkeit ohne Intervention.


Besondere Risiken für Schulen

Schulen geraten in eine Mehrfachüberforderung, weil sie gleichzeitig:

  • Bildungsinstitution,
  • Sozialraum,
  • Präventionsinstanz,
  • Kriseninterventionsstelle,

sein sollen – allerdings ohne ausreichende Ressourcen.


Konsequenzen für Prävention und Intervention

Früher ansetzen

  • Schulschwierigkeiten ernst nehmen, nicht sanktionieren,
  • Lern- und Beziehungsabbrüche vermeiden,
  • Übergänge absichern.

Milieus mitdenken

  • Enge Kooperation mit Jugendhilfe, Suchtberatung, Streetwork,
  • Präsenz im Sozialraum, nicht nur im Klassenzimmer,
  • klare Grenzziehung bei Drogenhandel und extremistischer Propaganda.

Ideologische Prävention

  • Politische Bildung mit Lebensweltbezug,
  • Stärkung demokratischer Selbstwirksamkeit,
  • Schutzräume für betroffene Schüler:innen.

Gewalt und Straftaten an Schulen entstehen dort, wo Schule scheitert, soziale Bindungen fehlen, inoffizielle Ökonomien locken und ideologische Angebote einfache Antworten liefern.