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Sonntag, 11. März 2012

Millionen von Demenzkranken ohne Pflegestufe

(SV) „Auch wenn bei den Leistungen für Demenzkranke nachgebessert werden soll – das reicht noch lange nicht aus“. Das erklärte die Präsidentin Ulrike Mascher des Sozialverbands VdK Deutschland anlässlich von Medienberichten, nach denen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr die Leistungen der Pflegeversicherung für eine halbe Million Demenzkranke anheben will. „An der grundsätzlichen Benachteiligung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im System der Pflegeversicherung ändert dieser Vorstoß nichts.“

„Wir fordern, dass der bereits 2009 von einem Beirat vorgeschlagene neue Pflegebedürftigkeitsbegriff endlich auf den Weg gebracht wird. Dieser umfasst fünf statt der heutigen drei Pflegestufen und berücksichtigt neben körperlichen auch seelisch-geistige Beeinträchtigungen. Würde diese Einteilung angewandt, hätten schon heute viele Demenzpatienten und deren pflegenden Angehörigen Zugang zu Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung“, so Mascher. Derzeit haben von vier Millionen Menschen, die zu Hause gepflegt werden, 2,5 Millionen, darunter viele Demenzkranke, keine Pflegestufe und erhalten somit auch kein Pflegegeld aus der Pflegeversicherung. „Ohne Pflegestufe gibt es für die pflegenden Angehörigen von Demenzkranken auch keine Entlastungsangebote wie Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Dabei sind sie häufig rund um die Uhr - oft genug zum Nulltarif - im Einsatz“, so Mascher. Hier sollte man hinzufügen, opfert jemand noch seinen Job, um jahrelang zu Hause zu pflegen, sieht er ganz alt aus, wenn er wieder zurückkehren will! Bei kleinen Einkommen und Renten ist das Hauspflegen ein Notzustand! Oder es stehen sich Hartz IV-Bezüge gegenseitig im Weg. Die Möglichkeiten der Erschwernis sind krass. Das ist gewachsene Inhumanität, im Zeichen der Daumenschraube.

Um pflegenden Angehörigen spürbar zu helfen, müssten die lange versprochenen Zusagen für eine inhaltliche Neuausrichtung der Pflege sowie die Besserstellung von Demenzkranken und pflegenden Angehörigen eingehalten werden und eine solidarisch finanzierte Pflegereform auf den Weg gebracht werden. „Es ist bereits viel zu viel Zeit verstrichen, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können nicht länger warten“, betonte Mascher.

Private Versicherungen können und wollen nicht helfen, weil es zu unrentabel ist.

Zukunft: Die Statistiker erwarten einen Demenzanteil von 50 % bei den Frauen und 33 % bei den Männern.

Dienstag, 23. August 2011

Diskussion - Private Pflegeversicherung: Sinn und Nutzen einer verpflichtenden privaten Pflegevorsorge

(VdK/SV) „Das Recht auf gute Pflege darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen abhängen“, so die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, zu den Plänen von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr zur Einführung einer verpflichtenden privaten Zusatzvorsorge in der Pflegeversicherung. „Wohin es führt, wenn man auf den Kapitalmarkt setzt, das hat die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise gezeigt.“ Die Absicherung gegen das Lebensrisiko eines möglichen Pflegefalls müsse für den Einzelnen verlässlich sein. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dürften nicht den Risiken der internationalen Kapitalmärkte ausgesetzt werden.

Viele gesetzlich Versicherte sind bereits jetzt durch Zusatzbeiträge in der Kranken-versicherung einseitig überproportional belastet, führte die VdK-Präsidentin in Berlin weiter aus. „Zudem ist es insbesondere für Geringverdiener und Ältere unmöglich, einen privat zu finanzierenden Kapitalstock für einen stationären Pflegefall aufzubauen.“ Heute angelegtes Kapital nütze für den augenblicklichen Finanzbedarf der Pflegeversicherung ohnehin nichts.
Gute Pflege kostet Geld, das ist keine Frage“, so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Der Sozialverband VdK fordert deshalb einen Risikostrukturausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung. „Ein Risikostrukturausgleich schafft mehr systemübergreifende Solidarität“, so Mascher. Obwohl Privatversicherte ein höheres Durchschnittseinkommen haben, zahlen sie eine niedrigere durchschnittliche Prämie als gesetzlich Versicherte. Darüber hinaus besteht bei ihnen ein deutlich geringeres Risiko, pflege-bedürftig zu werden. Trotz identischer Leistungen haben private Pflegeversicherungen im Vergleich zu den gesetzlichen nur 50 Prozent der Pro-Kopf-Ausgaben. Nach Angaben des Sozialverbands VdK erwirtschaften die privaten Pflegekassen jedes Jahr einen Überschuss von 1,3 Milliarden Euro und haben 21 Milliarden Euro an Rücklagen gebildet.
Leistungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige, wie zum Beispiel die beitragsfreie Mitversicherung von Familienmitgliedern, müssen künftig zum Teil auch aus Steuermitteln finanziert werden“, forderte die VdK-Präsidentin, „das ist in der Kranken- und Rentenversicherung schon längst üblich.“ Außerdem müsse man auch über eine moderate Beitragserhöhung in der gesetzlichen Pflegeversicherung unter paritätischer Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern nachdenken. Mascher: „Die Bevölkerung wird leicht erhöhte Beiträge für die Pflegeversicherung akzeptieren, wenn dafür endlich die notwendigen Verbesserungen und Erweiterungen in der Pflegeversicherung realisiert werden.“ 


Nachtrag:

Der VdK schlägt zum 22.8.2011 einen Finanzierungsmix aus drei Komponenten vor:

Erstens: eine geringe Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrags. Dabei müssen auch die Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden, auf deren Druck hin bei der Einführung der Pflegeversicherung 1995 bundesweit mit Ausnahme von Sachsen der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag geopfert wurde.

Zweitens sollten die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern künftig aus Steuermitteln und nicht nur von den Beitragszahlern finanziert werden.

Und drittens hält der VdK einen Solidarausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung für angemessen. „Die jährlichen Milliardenüberschüsse in der privaten Pflegeversicherung könnten zur Finanzierung von Leistungen für Demenzkranke verwendet werden, die allen Versicherten, egal ob privat oder gesetzlich versichert, zugute kämen."

[SV Wir hätten allerdings hier ein kleines Problem: Welche Versicherung in Westeuropa lässt sich schon Überschüsse beschlagnahmen? Aktuell in Ungarn wurden vor wenigen Monaten private Lebensversicherungen beschlagnahmt und in den Rententopf gebuttert, damit staatliche Rentenzahlungen noch möglich sind. Solche "kriminell" anmutenden Staatsaktionen erscheinen mir auch hierzulande sehr unerwünscht.]