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Im Interview von Stephan Lorz, Börsen-Zeitung, am 11.11.2024 mit Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), wird die politische und wirtschaftliche Lage Deutschlands und der Welt bewertet. Hüther äußert Besorgnis über die globalen Entwicklungen, insbesondere die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten, die zu möglichen neuen Handelsbarrieren führen könnte, insbesondere für die deutsche Exportwirtschaft. Er betont, dass Trump Deutschland besonders ins Visier nehmen könnte, was die ohnehin fragile Weltwirtschaft und die schwächelnde deutsche Wirtschaft weiter belasten würde.
Hüther kritisiert die derzeitige politische Lähmung in Deutschland nach dem Scheitern der Ampel-Koalition sowie nach 16 Jahren Einlullung durch Angela Merkel und warnt, dass dies ein Signal an Trump sendet, der die demokratischen Kräfte im Westen als handlungsunfähig wahrnehmen könnte. Gleichzeitig sieht er eine verstärkte Zusammenarbeit innerhalb Europas als notwendig an, um der Bedrohung durch Trump und der geopolitischen Unsicherheit, insbesondere im Hinblick auf Russland, entgegenzuwirken. Er macht auch darauf aufmerksam, dass 300 Mrd. EUR für die Bundeswehr gebraucht werden und 600 Mrd. für Investitionen in die Infrastruktur und Wirtschaft. Woher es auch immer komme, es muss außerhalb der Schuldenbremse geschehen.
Ein zentrales Thema ist die Notwendigkeit einer umfassenden Modernisierung des Standorts Deutschland. Diese erfordert deutlich höhere Investitionen, insbesondere in die Verteidigung und Infrastruktur, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Hüther plädiert dafür, die Schuldenbremse angesichts der "objektiven Notlage" auszusetzen, um dringend notwendige Investitionen zu finanzieren. Er fordert außerdem eine umfassende Modernisierungspolitik, die auch die Digitalisierung, den Klimawandel und die Innovationslücken im Land adressiert.
Hüther betont, dass Deutschland nicht nur auf die Krisen reagieren muss, sondern auch eine langfristige Strategie für nachhaltiges Wachstum entwickeln sollte, die den sozialen Frieden wahrt. Dazu gehört eine stärkere Koordination auf europäischer Ebene, um den Binnenmarkt und die Verteidigungsfähigkeiten zu stärken und die wirtschaftlichen Chancen in Europa besser zu nutzen.
In Bezug auf die Schuldenbremse fordert Hüther eine Reform, um den notwendigen Handlungsspielraum für Investitionen zu schaffen, ohne die langfristige Finanzstabilität zu gefährden. Dabei verweist er auf Deutschlands im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrige Schuldenquote, die Spielraum für eine kluge Investitionspolitik biete.
Abschließend fordert Hüther eine aggressive Investitionspolitik und ein klares Bekenntnis zu einer modernen, nachhaltigen Wirtschaftsstruktur, die in der Lage ist, den demografischen und globalen Herausforderungen zu begegnen. Um dies zu erreichen, sei es notwendig, die Menschen mit einer klaren Vision für die Zukunft zu gewinnen und die nötigen strukturellen Reformen anzupacken, auch wenn diese mit erheblichen Zumutungen verbunden sind. Als Leitidee zählt z.B.:
"Wir formen eine Industrie, welche die anstehende Transformationsleistung erbringt, die ganze Wirtschaft und Gesellschaft mitzieht in Richtung eines moderneren Deutschlands, das dann auch wieder auf niedrigere Energiekosten bauen und mehr Wohlstand trotz Alterung generieren kann."
Es braucht ferner eine "Begleitung des Staates mit Investitionen in die entsprechende Technologie. Die Wasserstoffwirtschaft kommt nicht von allein nur über den CO2-Preis. Hier braucht es Leitmärkte und Infrastruktur. Es braucht auch Stromspeicher und den Netzausbau. Dies wurde in den vergangenen Jahren zu wenig energisch vorangetrieben. Stattdessen hatte man sich vor Windkrafträdern und Photovoltaiklandschaften ablichten lassen."
"Es geht hier nach 200 Jahren Industrialisierung auf Basis fossiler Energien darum, eine komplett neue Struktur aufzubauen, die einen Industriestaat trägt. Das ist schon etwas sehr Fundamentales. Hat aber auch was Positives, weil wir auf eine gesündere Welt zusteuern."
"Die Union muss zudem auf die automatische Steigerung der CO2-Preise reagieren, weil die Kostenbelastungen damit überall zunehmen werden, wenn nicht zügig auf nachhaltige Energien umgerüstet worden ist. Und sie muss – zumal, wenn 2027 der EU-Zertifikatehandel für Gebäude und Verkehr (ETS 2) kommt – auch das versprochene Klimageld für die Bürger lockermachen. Der bisherige Finanzminister Lindner hatte das ja entgegen den Versprechungen einfach einbehalten. Das hat nicht unbedingt zur Akzeptanz der Klimapolitik beigetragen."
Michael Hüther weist auch darauf hin, "dass manche Entscheidungen der Ampel-Regierung kontraproduktiv (waren): das Heizungsgesetz etwa, oder hohe Subventionen für Wallboxen speziell für Eigenheimbesitzer, während andere Bevölkerungsgruppen vergessen wurden."
Hüther vergleicht den notwendigen Kurswechsel mit einer Rede von Winston Churchill: Eine klare, ehrliche Ansprache ist notwendig, die die Menschen auf die bevorstehenden enormen Herausforderungen und Lasten vorbereitet und sie zu starken Anstrengungen mobilisiert.
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