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Dienstag, 23. Dezember 2025

Ein System am Rand des Kontrollverlusts: Berufsbetreuer warten auf ihr Honorar --- FROHE WEIHNACHTEN!


Warum Berufsbetreuer in Deutschland gerade reihenweise ausbrennen – und was das über unseren Staat verrät

Es ist ein stiller Kollaps. Kein Skandal, keine Schlagzeilen, keine Talkshow. Und doch bricht ein Berufsstand zusammen, der zu den letzten funktionierenden Schutzmechanismen unserer Gesellschaft gehört: die Berufsbetreuung. Während Politik und Öffentlichkeit wegschauen, geraten Betreuerinnen und Betreuer in eine existenzielle Krise, die längst strukturelle Züge angenommen hat.

Die Symptome sind überall sichtbar: monatelang ausbleibende Zahlungen, eingefrorene Vergütungen, überlastete Gerichte, fehlende Nachwuchskräfte. Wer heute als Berufsbetreuer arbeitet, braucht nicht nur Fachwissen und Empathie, sondern auch die Leidensfähigkeit eines Marathonläufers und die Liquiditätsreserven eines mittelständischen Unternehmens. Viele haben beides nicht mehr. Berufsbetreuer haben also nach einer weiteren Zementierung zu niedriger Fallpauschalen auch noch ein Auszahlungsproblem.  

Die Krise: Wenn der Staat selbst zum Risiko wird

Die Berufsbetreuung ist ein staatlich reguliertes System. Doch ausgerechnet der Staat ist inzwischen der größte Unsicherheitsfaktor.

1. Auszahlungschaos in den Amtsgerichten

In vielen Regionen warten Betreuer Wochen, Monate oder sogar über ein Jahr auf ihre Vergütung. Nicht, weil sie Fehler gemacht hätten. Sondern weil die Gerichte personell am Limit arbeiten.
Ein Dauervergütungsbeschluss bedeutet heute: „Irgendwann wird gezahlt.“ Wann? Niemand weiß es.

2. Vergütung seit Jahren eingefroren

Während die Inflation zweistellig war, blieb die Vergütung stehen. Die nächste Reform kommt frühestens 2026. Bis dahin arbeiten viele Betreuer unterhalb der Wirtschaftlichkeitsgrenze.

3. Rechtsunsicherheit als Dauerzustand

Ob Verzugszinsen fällig werden, ob Schadensersatz möglich ist, ob Gerichte überhaupt verpflichtet sind, fristgerecht zu zahlen – all das ist juristisch umstritten.
Ein System, das Menschenrechte schützen soll, scheitert an seinen eigenen Regeln.

4. Nachwuchsmangel und Überlastung

Wer will unter diesen Bedingungen noch anfangen?
Die Folge: immer weniger Betreuer, immer mehr Fälle, immer komplexere Lebenslagen.
Das System frisst seine eigenen Ressourcen.

Die Ursachen: Ein System, das nie für die Realität gebaut wurde

Die Berufsbetreuung ist ein Paradebeispiel dafür, wie man ein soziales System konstruiert, ohne es jemals an die Wirklichkeit anzupassen.

A) Keine Fristen, keine Sanktionen, keine Verbindlichkeit

Es gibt keine gesetzliche Auszahlungsfrist.
Das bedeutet: Die Justizkasse kann zahlen, wann sie will.
Und wenn sie nicht zahlt?
Dann passiert – nichts.

B) Überlastete Justiz ohne Digitalisierung

Viele Gerichte arbeiten noch mit Papierakten, Faxgeräten und manuellen Prozessen.
Wenn eine Sachbearbeiterin krank wird, bricht der gesamte Ablauf zusammen.

C) Politische Unterfinanzierung

Die Betreuung wird als Kostenfaktor gesehen, nicht als Schutzauftrag.
Das Ergebnis: ein System, das nur noch durch Idealismus zusammengehalten wird.

D) Pauschalvergütung ohne Dynamik

Die Pauschalen sind starr, unflexibel und real sinkend.
Komplexere Fälle? Das spielt keine Rolle.
Steigende Kosten? Egal.
Inflation? Wird ignoriert.

Die Analyse: Ein struktureller Kollaps, kein vorübergehendes Problem

Wer glaubt, die Krise sei temporär, irrt. 
Die Probleme sind systemisch:

  • Die Justiz ist chronisch unterbesetzt.
  • Die Vergütung ist real entwertet.
  • Die Rechtslage ist unklar.
  • Die Prozesse sind veraltet.
  • Die Politik reagiert zu spät.

Das System ist nicht krank – es ist fehlkonstruiert.

Die Auswege: Was jetzt passieren müsste

Es gibt Lösungen. Sie sind nicht kompliziert. Aber sie erfordern politischen Willen.

1. Gesetzliche Auszahlungsfrist von 30 Tagen

Mit automatischen Verzugszinsen. Ohne Diskussion, ohne Interpretationsspielraum.

2. Digitalisierung der Vergütungsprozesse

Ein bundesweites Online-Portal:

  • Antrag hochladen
  • Fälligkeit automatisch berechnen
  • Auszahlung automatisch anstoßen
  • Status jederzeit einsehbar

Andere Länder können das. Deutschland könnte es auch – wenn es wollte.

3. Dynamische Vergütung

Jährliche Anpassung an die Inflation. Zuschläge für komplexe Fälle. Keine Pauschalen, die real jedes Jahr weniger wert sind.

4. Liquiditätsschutz für Betreuerbüros

Ein staatlicher Überbrückungsfonds, der einspringt, wenn Gerichte nicht zahlen.
Betreuer dürfen nicht länger unfreiwillige Kreditgeber des Staates sein.

5. Politische Neubewertung der Betreuung

Betreuung ist keine Kostenstelle. Sie ist ein Menschenrechtsschutzsystem.
Und sie verdient dieselbe Priorität wie Pflege, Bildung oder Justiz.

Fazit: Die Krise ist real – und sie ist menschengemacht

Die Berufsbetreuung steht am Rand des Zusammenbruchs. Nicht, weil Betreuer versagen. Sondern weil ein Staat, der sich gern als sozial versteht, seine eigenen Schutzmechanismen vernachlässigt.

Die Frage ist nicht mehr, ob das System reformiert werden muss.
Die Frage ist, wie viele Betreuer vorher aufgeben (müssen).


https://www.hessenschau.de/tv-sendung/rechtliche-betreuer-in-not--langes-warten-auf-das-geld,video-216730.html



Montag, 22. Dezember 2025

Für ein Mehrbeschäftigungsmodell mit Wahlfreiheit im Rentenübergang statt Ausweitung der Arbeitsmenge


Deutschland steht an einem arbeits- und sozialpolitischen Wendepunkt. Der demografische Wandel, der anhaltende Fachkräftemangel und der steigende Wettbewerbsdruck treffen auf eine Arbeitsgesellschaft, die über Jahrzehnte auf Stabilität, Verlässlichkeit und planbare Lebensläufe gebaut war. Die nun vom Wirtschaftsministerium vorgeschlagenen Reformen reagieren auf diese Lage mit einer scheinbar einfachen Antwort: längere Arbeitszeiten, spätere Renteneintritte, flexiblere Kündigungsmöglichkeiten.
Dahinter steht die Annahme, dass wirtschaftliche Anpassungsfähigkeit vor allem über eine Ausweitung der Arbeitsmenge, Ausbeutung der Gesundheit, Gehorsam oder schneller Arbeitsplatzverlust zu erreichen sei. 

Diese Logik greift jedoch zu kurz. Sie behandelt Arbeit primär als quantifizierbare Größe und verkennt, dass Arbeitskraft keine unbegrenzte Ressource ist. Wer in einer alternden Gesellschaft allein auf Mehrarbeit setzt, riskiert nicht nur gesundheitliche Überlastung und steigende Ausfallzeiten, sondern auch eine schleichende Erosion sozialer Akzeptanz. Bereits heute verlassen viele qualifizierte Beschäftigte den Arbeitsmarkt nicht aus mangelnder Motivation, sondern weil Arbeitsbedingungen, Taktung und fehlende Übergangsmodelle ein längeres Verbleiben faktisch unmöglich machen.

Vor diesem Hintergrund schlägt dieses Memorandum einen Perspektivwechsel vor: weg von der Maximierung individueller Arbeitszeit, hin zu einem Mehrbeschäftigungsmodell, das die Erwerbsbeteiligung über den gesamten Lebensverlauf verbreitert und stabilisiert. Ziel ist nicht, Menschen länger arbeiten zu lassen, sondern ihnen zu ermöglichen, länger arbeitsfähig zu bleiben.

Kern dieses Ansatzes ist ein gestaffelter, freiwilliger Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. An die Stelle eines abrupten Ausscheidens tritt ein gleitendes Modell, das Teilzeit, Teilrente und Weiterbeschäftigung sinnvoll miteinander verbindet. Beschäftigte sollen früher als bisher die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, ohne vollständig aus dem System auszuscheiden oder dauerhaft Abschläge in Kauf nehmen zu müssen. Damit wird Entlastung nicht sanktioniert, sondern als Voraussetzung für längere Erwerbsbindung verstanden. Gerade ältere Beschäftigte bleiben so dem Arbeitsmarkt erhalten – nicht als überlastete Vollzeitkräfte, sondern als erfahrene Fachkräfte, Mentoren und Wissensträger.

Ein solches Modell setzt voraus, dass Arbeitszeit insgesamt stärker als lebensphasenabhängige Größe gedacht wird. Erwerbsbiografien verlaufen nicht linear: Phasen hoher Belastung, familiärer Verantwortung, Weiterbildung oder gesundheitlicher Einschränkung wechseln sich ab. Ein Arbeitsmarkt, der diese Realität ignoriert, produziert Frühverrentung, Teilzeitfallen und verdeckte Erwerbslosigkeit. Ein Arbeitsmarkt hingegen, der flexible Reduktion und spätere Aufstockung ermöglicht, bindet Arbeitskraft dauerhaft und stabil.

Ökonomisch ist dieser Ansatz keineswegs ein Rückzug aus der Leistungsfähigkeit, sondern im Gegenteil eine Investition in Produktivität. Zahlreiche Erfahrungen zeigen, dass Arbeitsleistung pro Stunde sinkt, wenn Arbeitszeiten verlängert und Arbeitsbedingungen verdichtet werden. Erschöpfung, Krankmeldungen und innere Kündigung sind die Folge. Ein Mehrbeschäftigungsmodell setzt dagegen auf Qualität statt Quantität: auf produktive, gesunde und motivierte Beschäftigte, deren Leistung nicht durch Dauer, sondern durch Passung bestimmt wird.

Auch sozialpolitisch bietet dieser Ansatz klare Vorteile. Während eine reine Mehrarbeitsstrategie vor allem jene begünstigt, die gesund, hochqualifiziert und wenig belastet sind, trägt ein Wahlmodell den unterschiedlichen Lebensrealitäten Rechnung. Pflegearbeit, körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten und psychische Belastungen werden nicht als individuelles Versagen behandelt, sondern als strukturelle Faktoren anerkannt. Wahlfreiheit wird damit nicht zum Privileg, sondern zum Ordnungsprinzip.

Für Unternehmen bedeutet dieses Modell eine veränderte, aber nicht eingeschränkte Flexibilität. Anpassungsfähigkeit entsteht nicht primär durch erleichterte Entlassung, sondern durch Mobilität innerhalb des Systems: durch Qualifizierung, durch altersgerechte Umgestaltung von Tätigkeiten und durch verlässliche Übergänge. Kündigungsschutz bleibt dabei ein zentrales Stabilitätselement, wird jedoch ergänzt durch aktive Instrumente, die Strukturwandel begleiten, statt ihn sozial abzufedern, nachdem er Schaden angerichtet hat.

Langfristig eröffnet ein Mehrbeschäftigungs- und Wahlrentenmodell einen stabileren Finanzierungspfad für die sozialen Sicherungssysteme. Eine breitere Erwerbsbeteiligung, geringere krankheitsbedingte Ausfälle und ein späterer vollständiger Renteneintritt entlasten die Rentenkassen nachhaltiger als eine pauschale Anhebung des Rentenalters. Entscheidend ist dabei die Freiwilligkeit: Wer selbst über Tempo und Ausstieg entscheidet, bleibt länger – nicht trotz, sondern wegen der Entlastung.

Die entscheidende Frage der kommenden Jahre lautet daher nicht, wie viele Stunden eine Gesellschaft insgesamt arbeitet, sondern wie klug sie ihre Arbeitskraft organisiert. Eine Politik, die allein auf Verlängerung setzt, riskiert soziale Erschöpfung und politischen Widerstand. Eine Politik, die auf Mehrbeschäftigung, Übergänge und Wahlfreiheit setzt, stärkt dagegen Resilienz, Produktivität und Vertrauen.

Dieses Memorandum plädiert daher für einen arbeits- und rentenpolitischen Paradigmenwechsel: weg von der Logik des „länger arbeiten müssen“, hin zu einer Ordnung, die es mehr Menschen ermöglicht, länger sinnvoll, gesund und freiwillig Teil des Erwerbslebens zu bleiben.

Auch hinsichtlich unseres hoffentlich noch planbaren Familienlebens, Nachwuchsbereitstellung und angesteuerter Vollbeschäftigung ist Zwang zur individuellen Mehrarbeit das schlechtere Modell. Es hat zu wenig Verästelungen mit unserer Bedürfniswelt und dem Arbeitskräfteangebot in Deutschland. 



Quellen

Songül Tolan (DIW Berlin)Die Flexibilisierung des Rentenübergangs in Deutschland, 2015, Berlin (DIW Berlin).
Kurzsummary: Analyse der bestehenden Instrumente zum gleitenden Rentenübergang in Deutschland. Der Beitrag zeigt, dass flexible Übergänge arbeitsmarktpolitisch sinnvoll sind, in der Praxis aber durch komplexe Regelungen und geringe Anreize begrenzt bleiben.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)Flexible Übergänge in den Ruhestand: Verbreitung und Ausgestaltung von Altersteilzeit und Zeitwertkonten, 2025, Nürnberg (IAB-Forschungsbericht).
Kurzsummary: Empirische Untersuchung zur Nutzung flexibler Altersübergänge. Zentrales Ergebnis: Altersteilzeit und Zeitwertkonten stabilisieren Erwerbsverläufe, sind aber sozial und betrieblich ungleich verteilt.

Florian Blank / Wolfram Brehmer / Elke Ahlers (WSI, Hans-Böckler-Stiftung):
Wege in den Ruhestand: Angebot und Nutzung von Altersteilzeit und weiteren Instrumenten des Altersübergangs, 2025, Düsseldorf (WSI-Report).
Kurzsummary: Untersuchung betrieblicher Übergangsmodelle in den Ruhestand. Der Report zeigt, dass freiwillige, gestaffelte Übergänge sowohl Beschäftigung als auch Wissenstransfer fördern, bislang aber zu selten systematisch genutzt werden.

Martin Gasche / Carla KrolageGleitender Übergang in den Ruhestand durch Flexibilisierung der Teilrente, 2012, Berlin (Sozialer Fortschritt, Heft 7).
Kurzsummary: Fachaufsatz zur Reform der Teilrente. Argumentiert, dass weniger starre Stufen und transparente Hinzuverdienstregeln die Attraktivität freiwilliger Weiterarbeit deutlich erhöhen würden.

Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)Altersteilzeit und Teilrente, 2023, Bonn (bpb, Dossier Rentenpolitik).
Kurzsummary: Überblicksartikel zu rechtlichem Rahmen, Entwicklung und Nutzung von Altersteilzeit und Teilrente in Deutschland. Zeigt die Diskrepanz zwischen politischer Zielsetzung und tatsächlicher Anwendung.

Carol Graham (Brookings Institution / IZA)Late-life work and well-being, 2019, Bonn (IZA World of Labor).
Kurzsummary: Internationale Evidenz zeigt, dass freiwillige Teilzeitarbeit und flexible Rentenübergänge im Alter mit höherer Lebenszufriedenheit, besserer Gesundheit und stabilerer Erwerbsbeteiligung verbunden sind.

Donnerstag, 18. Dezember 2025

Die Welt als Auge: Ein Vergleich globaler Kameraüberwachung

Image by 99mimimi from Pixabay







 

 

Es gibt Momente, da fragt man sich, ob die Welt mittlerweile mehr Linse als Landschaft ist. Wer durch eine asiatische Metropole streift, wird schnell das Gefühl nicht los, dass irgendwo ein Algorithmus mitschreibt, ob man zu oft blinzelt. Und während China mit hunderten Millionen Kameras fröhlich den „Big Data“-Modus aktiviert, geben sich EU-Länder eher moderat – zumindest im direkten Vergleich, denn wirklich kamerascheu ist auch in Europa niemand mehr.

Man sollte sich klarmachen: Überwachungskameras sind längst kein exotisches Stadtaccessoire mehr. Sie hängen überall: an Kreuzungen, über Parkhäusern, hinter Bäckereien, in Hauseingängen und da, wo früher oder heute auch noch Tauben saßen. Viele haben Namen wie „Smart City“, „CCTV-Optimierung“ oder „digitale Sicherheitspartnerschaft“. Interess-anterweise nennt niemand sein System „Wir möchten gern wissen, was du gerade tust oder InsidePrivacy“, aber das ist vielleicht Firmenmarketing.

Bevor wir die großen Stadt-Augen von London, Stockholm oder Rom betrachten, ein kurzer Blick auf das globale Spielfeld, in dem China, die USA und Europa die Hauptrollen spielen – wenn auch in sehr unterschiedlichen Filmlängen.

China führt das Ranking mit einer Nonchalance an, die fast sportlich wirkt. Je nach Quelle stehen über 700 Millionen Kameras im Land, also genügend, um jeden Einwohner gleich mehrfach zu porträtieren – inklusive derer, die versuchen, aus Prinzip immer im Schatten der Laternen und an Häuserwänden entlang zu laufen. Die USA hingegen sind weniger zentralistisch organisiert: Viel Überwachung kommt von privaten Unternehmen, Gewerben, Hauseigentümern und Shopping Malls. Dort existieren nach verschiedenen Marktanalysen rund 85–90 Millionen Kameras, was eine interessante Szenerie ergibt: Während die US-Regierung im Fernsehduell über Datenschutz debattiert, hängt im Hintergrund an jeder zweiten Wand ein privates kleines Auge, das demokratietauglich blinkt.

Europa ist ein weites Feld: Das Spektrum reicht von stocknüchterner schwedischer Polizeiinfrastruktur bis zu britischen Metropolen, die gerne die halbe Stadt kartieren – rein sicherheitshalber natürlich. Hier eine Übersicht der wichtigsten heute verfügbaren Schätzwerte.




Kameraüberwachung – globaler Vergleich

Region / Stadt Kameras (ca.) Kurzinfo
China ~700 Mio Sehr hohe staatliche und private Dichte. Smart-City-Programme überwachen Straßen, Plätze, Bahnhöfe; Gesichtserkennung weit verbreitet.
USA ~87,5 Mio Viele private Kameras in Shops, Wohnanlagen, Büros. Polizei greift über Kooperationen zu. Hohe Unterschiede zwischen Städten wie New York, Los Angeles oder Chicago.
EU gesamt ~100 bis 120 Mio Gemischte Systeme aus privaten und staatlichen Kameras. Kein zentrales Erfassungssystem, länderspezifische Unterschiede.
Deutschland ~1,3 Mio Hohe private Nutzung in Geschäften und Wohnanlagen, moderate staatliche Polizeikameras, besonders in Großstädten wie Berlin, Hamburg, München.
Frankreich ~1,0 Mio Paris besonders dicht überwacht; Mischung aus kommunalen und privaten Kameras. Wichtige Plätze, Bahnhöfe und Geschäftsstraßen stark abgedeckt.
Italien ~166.000 Fragmentierte, kommunale Systeme in Städten wie Rom, Mailand, Neapel, Turin. Dichte stark unterschiedlich, keine landesweite zentrale Erfassung.
Schweden (Stockholm) ~22.000 Stockholm besonders dicht überwacht, Fokus auf Verkehrsknotenpunkte, Bahnhöfe und Innenstadtbereiche. Private Kameras ergänzen staatliche Überwachung.
Spanien ~1,1 Mio Private Systeme und städtische Kameras in Metropolen wie Madrid, Barcelona, Valencia. Verkehr und Plätze sind überwacht; Dichte variiert stark zwischen Städten.
Niederlande ~500.000 Hohe Abdeckung in Amsterdam, Rotterdam und Den Haag. Fokus auf Verkehr, Tourismus und städtische Sicherheit. Private Kameras ergänzen kommunale Systeme.
Großbritannien (gesamt) ~5,5 Mio Traditionell hohe CCTV-Dichte, besonders in London, Manchester und Birmingham. Mischung aus öffentlichen und privaten Kameras.
London ~930.000 Eine der am dichtesten überwachten Städte Europas. Öffentliche Verkehrsknoten, Plätze, Banken und Einkaufsstraßen stark abgedeckt.
Paris (Stadt) ~45.000 Kommunale und private Kameras im Innenstadtbereich, Geschäfte, Bahnhöfe, touristische Hotspots überwacht.
Madrid ~35.000 Kameras vor allem in Geschäftszentren, öffentlichen Plätzen und Verkehrsknoten. Städtische Überwachung ergänzt private Anlagen.
Amsterdam ~25.000 Fokus auf Innenstadt, Verkehrsknotenpunkte und Tourismuszonen. Mischung aus Stadt und privaten Kameras.
Rom ~17.000 bis 20.000 Uneinheitlich, viele alte Systeme, besonders in historischen und touristischen Zentren. Private Kameras ergänzen kommunale Anlagen.
Stockholm ~22.000 Sehr hohe Dichte pro km², Fokus auf Innenstadt, Verkehr und öffentliche Plätze. Private Kameras ergänzen staatliche Überwachung.


Quellenverzeichnis – wichtigste Schätz- und Hintergrundquellen

Montag, 15. Dezember 2025

Lasst die Ukraine nicht alleine!

Plädoyer für die Unterstützung der Ukraine

Europa steht an einem entscheidenden Punkt seiner Geschichte. Die Ukraine kämpft mit Mut und Entschlossenheit gegen einen Aggressor, der rücksichtslos und korrupt handelt. Russland versucht mit Gewalt und Propaganda, die demokratische Ordnung zu untergraben. Doch die Ukraine hält stand – sie verteidigt nicht nur ihr eigenes Territorium, sondern auch die Werte von Freiheit und Selbstbestimmung, die für ganz Europa von zentraler Bedeutung sind.

Es wäre ein schwerer Fehler, die Ukraine vorschnell abzuschreiben. Diejenigen, die meinen, Russland sei im Vorteil, übersehen die Stärke und den Widerstandswillen der ukrainischen Bevölkerung. Präsident Selenskyj darf nicht in die Korruptionsecke gedrängt werden – diese Narrative dienen allein dazu, die Solidarität mit der Ukraine zu schwächen und den hybriden Krieg der rechtsextremen Welt gegen die Demokratie durch Desinformation und vielfältige Drohungen zu befeuern,

Die größte Gefahr liegt nicht nur im russischen Angriff, sondern auch in der opportunistischen Unterstützung, die Russland von außen erhält. Wenn führende Politiker im Westen, explizit Trump, einem unberechenbaren Gegner den Rücken stärken, ist das einer der größten Skandale nach 1990, der die Stabilität der internationalen Ordnung gefährdet.

Europa muss geschlossen und entschlossen handeln. Militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe sind keine Option, sondern eine Pflicht. Die Ukraine braucht ein starkes Europa, um zu bestehen – und Europa braucht eine freie Ukraine, um seine eigenen Werte zu bewahren.

Die Ukraine als Schutzwall Europas

Europa darf die Ukraine nicht allein lassen. Sie ist heute mehr als nur ein angegriffenes Land – sie ist der Wall, der Russland davon abhält, seine Macht weiter nach Westen auszudehnen. Jeder Kilometer, den die Ukraine verteidigt, ist auch ein Kilometer, den Europa nicht selbst verteidigen muss.

Die Ukraine kämpft nicht nur für ihre eigene Freiheit, sondern für die Sicherheit und Stabilität des gesamten Kontinents. Ein starkes Europa erkennt diese Realität und baut die Ukraine zu einem Bollwerk aus – durch militärische Unterstützung, wirtschaftliche Hilfe und politische Solidarität. Das gilt auch für andere Grenzgebiete und Nationen, die von Nord bis Süd an Russland grenzen. 

Wer die Ukraine stärkt, stärkt Europa. Wer die Ukraine schwächt, öffnet Russland die Tür.

Darum plädiere ich für weitere Unterstützung und Hilfe an die Ukraine. Nicht aus bloßer Solidarität, sondern aus Verantwortung für Frieden, Freiheit und Demokratie.


Mittwoch, 10. Dezember 2025

Moskau droht – und wankt zugleich



Putins Drohungen wirken martialisch, doch im Hintergrund kämpft Russland mit realen strukturellen Problemen:

  • Wirtschaftliche Schrumpfung, bedingt durch Sanktionen, Kapitalflucht und den Verlust qualifizierter Arbeitskräfte.

  • Abhängigkeit von China, das zunehmend diktiert, zu welchen Bedingungen Russland Energie verkaufen darf.

  • Munitions- und Ausrüstungsmangel, der trotz massiver Kriegsproduktion nicht vollständig geschlossen wird.

  • Diplomatische Isolation, die Russlands Handlungsspielräume weiter einschränkt.

  • Demografischer Niedergang, der sich durch Kriegsverluste und Auswanderung beschleunigt.

Damit steht ein paradoxer Befund: Während der Kreml versucht, Europa zu verunsichern, zeigt er zugleich die eigenen Verwundbarkeiten offen wie selten zuvor.


Warum Europa jetzt Abwehrbereitschaft zeigt

Die europäische Haltung folgt einer nüchternen Analyse:
Wer mit nuklearen Szenarien droht – selbst wenn diese vor allem psychologische Ziele haben – zeigt, dass er bereit ist, politische Grenzen zu überschreiten. Und genau deshalb darf Europa nicht passiv bleiben.

Die Reaktionen vieler Regierungen fallen entsprechend deutlich aus:
Aufrüstung, Lagezentren, Cyberabwehr, Energieautonomie – sie dienen nicht der Eskalation, sondern der Widerstandsfähigkeit. Europas Botschaft lautet: Wer droht, trifft auf Entschlossenheit, nicht auf Nachgiebigkeit.

Die strategische Lage – nüchtern betrachtet

Europäische Geheimdienste und Thinktanks zeichnen ein einheitliches Bild:

  • Putin setzt auf das Prinzip der Angst, weil klassische Machtmittel begrenzt sind.

  • Seine nuklearen Drohungen sollen Zweifel säen, nicht unmittelbare Attacken vorbereiten.

  • Russland ist trotz militärischer Risiken ökonomisch empfindlicher, als seine Rhetorik vermuten lässt.

  • Europa kann sich nur schützen, wenn es nicht auf die Einschüchterung hereinfällt, sondern die eigene Abschreckung stärkt.

Kurz: Putins Worte sind laut, aber sie kommen aus einem System, das innenpolitisch, wirtschaftlich und diplomatisch auf tönernen Füßen steht.


Die Botschaft

Putins Drohungen sind gefährlich – aber sie sind kein Zeichen von Stärke allein. Sie sind auch Ausdruck von Unsicherheit eines Staates, der sich wirtschaftlich und geopolitisch zunehmend unter Druck befindet.

Gerade deshalb muss Europa geschlossen und abwehrbereit bleiben.
Nicht aus Aggression, sondern aus Verantwortung.

Die Antwort auf Einschüchterung lautet: Standhaftigkeit.
Die Antwort auf Drohungen: Abschreckung.
Die Antwort auf Überfallmentalität: Ein Europa, das sich seiner Verletzlichkeiten bewusst ist – und sie konsequent verringert.

Putins ständige nukleare Andeutungen haben längst jede diplomatische Tarnung verloren. Sie sind keine vagen Warnungen mehr, sondern gezielte Machtdemonstrationen eines Despoten, der seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertigt und zugleich prüft, wie weit seine Drohkulissen im Westen wirken. Die Unschärfe seiner Aussagen – die ständige Rede von „endgültigen Konsequenzen“, „irreversiblen Szenarien“ oder „Mitteln, die jeden Gegner auslöschen können“ – ist kalkuliert. Sie soll maximale Furcht erzeugen, ohne Moskau auf konkrete Schritte festzulegen.

In europäischen Hauptstädten gilt diese Rhetorik inzwischen als das, was sie ist: ein vorsätzlicher Versuch, Angst als geopolitische Waffe einzusetzen.
Ein Instrument, mit dem Putin nicht nur die Ukraine zur Aufgabe zwingen möchte, sondern auch Nachbarstaaten einschüchtern will, die seiner imperialen Wiederaufbauvision im Wege stehen.

Dass er dabei von „Existenzfragen“ spricht und Europa implizit zum potentiellen Ziel erklärt, ist ein Tabubruch, der selbst im Kalten Krieg undenkbar gewesen wäre. Die Botschaft dahinter ist unmissverständlich: Putin will demonstrieren, dass er bereit ist, politischen Raum mit Gewalt zu verschieben – und dass kein Staat in seiner ehemaligen Einflusszone sicher sein soll.

Doch genau darin liegt die Ironie:
Je aggressiver die Drohungen, desto sichtbarer die Verletzlichkeit des Systems Putin!

  • Russland kämpft wirtschaftlich mit gravierenden Einbrüchen.

  • Die Industrie ist von westlicher Technologie abgeschnitten.

  • Der Staatshaushalt hängt am Tropf von Energieexporten, deren Preise und Abnehmer er nicht mehr frei bestimmen kann.

  • Diplomatisch ist der Kreml isolierter als je zuvor seit 1989.

  • Und militärisch zeigen die realen Verluste das Gegenteil der propagierten Stärke.

Diese Mischung aus Überheblichkeit und Verwundbarkeit macht Putins Drohgebärden besonders gefährlich – aber sie macht sie auch durchschaubar. Der Kreml droht laut, weil seine realen Handlungsspielräume schrumpfen.

Für Europa bedeutet das: Es darf nicht auf die Lautstärke reagieren, sondern auf die Absicht dahinter.

Und genau deshalb setzen die europäischen Staaten heute auf Abschreckung, Geschlossenheit und eine sicherheitspolitische Eindeutigkeit, die vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Die nuklearen Drohungen sind keine Zeichen überlegener Stärke – sie sind Ausdruck eines Regimes, das versucht, mit Angst zu kompensieren, was es mit Ressourcen nicht mehr leisten kann.

Europa kann sich keine Naivität leisten

Wer mit Auslöschungsrhetorik spielt, zeigt, dass er Grenzen testen will. Und wer Grenzen testet, trifft auf eine europäische Antwort, die heute fester, klarer und abwehrbereiter ist als zu irgendeinem Zeitpunkt dieses Jahrhunderts.

Mittwoch, 3. Dezember 2025

Geschlossenheit zeigen: Die Unsäglichkeiten Russlands in die Feder Trumps diktiert dürfen nicht Wirklichkeit werden


Europa im Prüfstand: Wie die EU die Ukraine schützen – und Trumps Druck ausbalancieren kann

Mitten in einer Phase geopolitischer Unsicherheit steht die Ukraine vor einer doppelten Herausforderung: der militärischen Bedrohung durch Russland und der politischen Unklarheit in den USA. Seit in Washington Pläne kursieren, die Kiew zu weitreichenden Zugeständnissen drängen könnten, wächst in Europa die Sorge, dass die Ukraine zwischen Großmachtinteressen zerrieben wird.
Dabei zeigt sich zunehmend: Die EU könnte zur entscheidenden Stabilitätskraft werden – politisch, wirtschaftlich, diplomatisch und organisatorisch.

Politische Geschlossenheit: Europas unterschätzte Machtressource

Während die USA zwischen unterschiedlichen Kursen pendeln, besitzt die EU eine Stärke, die oft übersehen wird: die Fähigkeit, mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen.
Eine europäische Leitlinie zu territorialer Integrität, Sicherheitsgarantien und künftigen Verhandlungsformaten würde Selenskyj die Rückendeckung geben, die er angesichts wechselnder US-Signale braucht.
Für die Ukraine wäre das mehr als Symbolik – es wäre politische Verlässlichkeit.

Wirtschaftliche Stabilität als Schutzfaktor

Europa bleibt der wichtigste Finanzierer der Ukraine. Haushaltsstützen, Wiederaufbauprogramme und technische Hilfe halten staatliche Strukturen funktionsfähig und geben der Bevölkerung Perspektiven, die über den Kriegsalltag hinausreichen.
In einem Konflikt, in dem Russland versucht, Institutionen zu destabilisieren, wirkt wirtschaftliche Stabilität wie ein langfristiger Schutzschirm.
Und: Die EU hat die finanziellen Instrumente, langfristig durchzuhalten – unabhängig von politischen Zyklen in Washington.

Diplomatie: Raum für selbstbestimmte Lösungen

Europa kann Verhandlungsräume schaffen, die nicht von US-Druck oder russischen Vorbedingungen dominiert werden. Ein europäisch geführtes, multilaterales Format – eingebettet in UNO-Strukturen, offen für Partnerstaaten – würde der Ukraine ermöglichen, ihre Interessen souverän zu vertreten.
Das wäre kein „europäischer Frieden“, sondern ein Prozess, der Legitimität schafft und die Risiken einseitiger Deals reduziert.

Militärische Unterstützung: besser organisieren statt eskalieren

Während europäische Länder Waffen liefern, liegt der strukturelle Engpass anderswo: in der Koordination.
Ein europäisches Logistik- und Abstimmungsformat könnte sicherstellen, dass bereits zugesagte Schutzmittel rechtzeitig eintreffen und dass Ausbildung, Transport und Wartung besser ineinandergreifen.
Das Ziel wäre nicht, den Konflikt auszuweiten, sondern die Ukraine verlässlich zu befähigen, sich zu verteidigen.

Und was tun mit Trump?

Ein möglicher oder realer Kurswechsel der USA stellt Europa vor die Frage, wie es die Ukraine vor abrupten politischen Entscheidungen schützen kann.
Drei Linien zeichnen sich ab:

  • Eigenständigkeit ausbauen: Hilfspfade, Garantien und wirtschaftliche Unterstützung aufbauen, die nicht vom Weißen Haus abhängen.

  • Kooperieren, wo möglich – abfedern, wo nötig: Mit Washington zusammenarbeiten, aber keine Pläne akzeptieren, die ukrainische Souveränität oder den Schutz Europas aushöhlen.

  • Internationale Partner breiter einbinden: Kanada, Japan, Türkei, Großbritannien und UNO-Formate können helfen, den amerikanischen Einfluss auszubalancieren. Die Türkei unterstützt die Ukraine bei der Rückholung der Krim.

Es geht nicht darum, die USA zu ersetzen, sondern die Ukraine widerstandsfähig gegen politische Schwankungen zu machen.

Ein vorsichtiger Hoffnungsschimmer

Trotz der schwierigen Lage lässt sich ein positiver Trend erkennen:
Europa beginnt, sich nicht länger als Zuschauer, sondern als aktiver Gestalter eigener Sicherheit zu verstehen.
Die wirtschaftlichen Instrumente sind vorhanden, diplomatische Reichweite wächst, und viele internationale Partner begrüßen einen Ansatz, der nicht auf schnelle Abschlüsse, sondern auf belastbare Strukturen setzt.

Gelingt es der EU, politisch geschlossen und organisatorisch effizient aufzutreten, kann sie Selenskyj und der ukrainischen Bevölkerung das geben, was ihnen derzeit am meisten fehlt: Sicherheit, Verlässlichkeit – und eine echte Zukunftsperspektive.