Freitag, 11. November 2011

Delegationsreise des Bürgerforums nach Berlin: Wie steht es um Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung in unserer Republik? Was wollen die Parteien tun?

Foto und alle Fotos in den Diashows: Sebastian Heise

(SV) Die Delegationsreise der von der Bertelsmann Stiftung geladenen 30 Vertreter des Bürgerforums 2011, pro Stadt einer plus weitere Gäste, war ein interessantes, aufschlussreiches Unternehmen. Betreut wurden sie vom Projektleiter Dr. Dominik Hierlemann, Projektmanagerin Anna Wohlfarth, Sabrina Even und Marita Bussieweke. Für Kusel dabei: Stefan Vieregg M.A.
Die Reise ermöglichte nicht nur den Kontakt, sondern auch die Vorstellung und Diskussion der 6 Bürgervorschläge aus den Ausschüssen "Demokratie und Beteiligung", "Integration", "Bildung", "Solidarität und Gerechtigkeit", "Demografie", "Familiäre Lebensformen" des Bürgerforums 2011 mit

+ Claudia Roth, Malte Spitz, Bundesvorstand, und Ingrid Hönlinger, Sprecherin für Demokratiepolitik, Bündnis 90/Die Grünen
Themen: "Demokratie und Beteiligung""Integration", (Bürgerreferenten: Jan Kastner, Regensburg, Hans-Jürgen Zenk, Braunschweig)

+ Caren Lay, Geschäftsführerin Die Linke 
Themen: "Demokratie und Beteiligung""Solidarität und Gerechtigkeit", (Bürgerreferenten: Andreas Hundertmark, Chemnitz, Günter Lobin, Paderborn, Nicole Patricia Schumann, Bochum, )
Foto: Sebastian Heise
+ Christian Lindner, Generalsekretär, Heiner Kamp, Dr. Christopher Gohl, FDP
Themen: "Demokratie und Beteiligung", "Demografie", (Bürgerreferenten: Barbara Fetzer, Göppingen, Volker Pöhlsen, Aachen, Herwig Schnur, Saarlouis)
+  Hermann Gröhe, Generalsekratär, Dr. Stefan Hennewig, Dr. Adelheid Gliedner-Simon, Geschäftsführerin, Arbeitskreis Familiäre Lebensformen, CDU 
Themen: "Demokratie und Beteiligung""Familiäre Lebensformen", (Bürgerreferenten: Carola Engelberg, Teltow-Fläming, Klaus Gollnick, Bad Doberan, Michaela Resch, Altötting, Susanne Rundshagen, Werra-Meißner-Kreis, Stefan Vieregg, Kusel)
+  Astrid Kluge, Geschäftsführerin SPD 
Themen: "Demokratie und Beteiligung""Bildung" (Bürgerreferenten: Sascha Gätzschmann, Halle/Saale, Reinhard Lindenberg, Rotenburg/Wümme, Barbara Richert-Huemer, Lindau/Bodensee). 

Als Abschluss der seit Monaten dauernden Entscheidungsfindung, Konzeption und Diskussion der Bürgerideen in den Köpfen der Veranstalter und Geladenen war Berlin und der Kontakt mit den Parteien vorgesehen, nachdem lokale, regionale sowie bundesweite Arbeitstreffen stattfanden und im Mai bereits dem Bundespräsidenten das fertige Konzept überreicht wurde. Wie denken die Parteien im Vergleich zu den Bürgern, was halten sie von Bürgerbeteiligung und wie wollen sie diese verwirklichen? Es waren doch punktuell erhebliche Abweichungen zwischen Berlin und dem Rest der Republik, vor allem in der Kombination der möglichen Lösungsschritte, festzustellen.



Musik und Musikunterlegung (alle Shows) von 

Bürgerredakteur Alois Brinkmann, Lingen/Emsland 

Der Gedanke der Bürgerbeteiligung wird vorrangig bei Bündnis 90/Die Grünen gesehen, nicht jedoch im Sinne einer Schweizer Volksbeteiligung, sondern im Stil der repräsentativen kommunalen Bürgerbeteiligung und -befragung inkl. Umfragen/Abstimmungen. Auch Nichtmitglieder sind eingeladen mitzuwirken. Angestrebt wird eine "Verteilungs- und Beteiligungsgerechtigkeit", die detailliert in den grünen Papieren und Thesen nachgelesen oder bei der Geschäftsstelle erfragt werden kann. Weitere Anliegen: das Informationsfreiheitgesetz IFG im Sinne eines besseren Informationszugangs zu verändern.
Nicht allein die Befugnis, der Rechtsanspruch auf Zugang zu Information (s.u.), sondern die Möglichkeit Information auch zu bekommen, muss festgeschrieben werden
(IFG = "Das Gesetz gewährt jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Eine Begründung durch Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder sonstiger Art ist nicht erforderlich. 
„Amtliche Information“ ist jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung, also beispielsweise Schriftstücke in herkömmlichen Akten, elektronisch gespeicherte Informationen, Zeichnungen, Grafiken, Pläne, Ton- und Videoaufzeichnungen." wikipedia)
kommunal gar eine Abrufpflicht von Informationen für die Bürger. Hier wird deutlich, dass die Bürger auch und vor allem nicht an die Informationen rankommen, die sie suchen, weil sie offensichtlich keine Lust mehr haben (oder aus zu diskutierenden Gründen - Autoritätsprobleme, Angst vor Mitbestimmung - nie hatten), sich darum zu bemühen, zu suchen. Oft sind viele Informationen auch zu sehr versteckt. Die Grenzen und das Aufgeben der Bürgermitsprache bzw. der Unterstützung durch Die Grünen im Fall der Hochbrücke über die Mosel seien auf Sachzwänge und Mehrheiten zurückzuführen.
Ebenfalls dominant steht dieses Thema bei Die Linke auf dem Plan. Als eine genuin sozialistische Partei rangieren Volksinitiativen und Volksbegehren ganz oben in den Charts, das repräsentative System sei jedoch vorrangig. Die Linke erwägt zum Volksbegehren eine Verfassungsänderung. Das kontrovers diskutierte Thema Grundeinkommen für alle, durch Chemnitz und Lindau eingebracht, ruht zumindest im Hinterkopf und wird zurzeit eher als Grundeinkommen mit einer Mindestrente für Kinder und Rentner verstanden. Verteilungsgerechtigkeit ist auch hier ein wichtiges Thema und Investition in die Bürger.

Die FDP stellt klar heraus, dass sie eine Bildungsfinanzierung durch den Bund anstrebt und ein Zentralabitur, -abschluss nicht für möglich hält. In Sachen Bürgerbeteiligung sei klar, dass es  d e n  Bürgerwillen nicht gibt und dieser auch mit Vorsicht zu genießen sei. Volksentscheide seien also nicht sinnvoll. Die Informationsvielfalt fordere eine parlamentarische Demokratie. Jedoch wird auf Länderebene eine Basisjury von Bürgern, ca. 25 an der Zahl, gesehen, die - um Mitarbeiter ergänzt - Bürgervorschläge überdenken und begutachten, ggf. eine Volksbefragung initiieren soll. Auf Bundesebene sei eine "Bürgerkammer" denkbar, deren etwa 50 Teilnehmer plus Mitarbeiter Bürgeranträge, -vorschläge überprüfen, filtern, begutachten sollen und geeignete Vorschläge ins Parlament zur Diskussion und Entscheidung tragen. Im Übrigen würde der Mitgliederentscheid zu Themen favorisiert.

Ebenso die CDU, die intern unter Mitgliedern diskutieren, abstimmen und entscheiden möchte, sich von einem Volksentscheid jedoch distanziert. Allein die repräsentative parlamentarische Demokratieform sei angebracht, die Interessen der Bürger zu vertreten. Es werde bereits sehr viel im rechtlich möglichen Rahmen getan und bewegt, die Dinge bräuchten jedoch in unserer Staatsform Zeit, um sich zu entwickeln und durchzusetzen. Die vom Ausschuss Familiäre Lebensformen Kusel vorgeschlagene Dienstleistungstauschbörse als eine Erleichterung des örtlichen Lebens wurde bejaht, ebenso die Verbesserung und Anpassung der Pflegeversicherung an die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen. 
Dazu gehöre auch eine verbesserte Rentenberücksichtigung von Erziehungs- und Pflegezeiten. Eine sinnvolle Ausstattung des Nahraums mit familienfreundlichen Einrichtungen, wie Tagesstätten und Nachmittagsbetreuung sowie eine Bereitschaft der Arbeitgeber, Familienleben durch geeignete Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen, werde ebenfalls bearbeitet, und vorrangig vor Ganztagsschulen. Die CDU sei traditionell die Partei, die Familien als die wichtigsten sozialen Basiseinheiten betrachtet und stärken möchte.
Die SPD reflektierte den allgemeinen Mitgliederschwund der großen Parteien, möchte sich als Partei öffnen, neue Mitglieder gewinnen und wieder souverän in der Entscheidungsfindung werden. Einer allgemeinen Erpressbarkeit, "Ihr seid doch eine soziale Partei", gerade in den Medien, soll gegengesteuert werden. Beklagt wurde, dass man der SPD seit Jahren die Ich-Findung und programmatischen Darstellungen durch eine zu kritische Berichterstattung erschwere. Die Parteireform der SPD bedeute grundsätzlich mehr Demokratie und Beteiligung für alle, Volksbegehren und Volksentscheide werden bejaht, ebenso wie Mitgliederbegehren. Auch Nichtmitglieder sollen regional mitarbeiten dürfen. Wichtig ist die Regierungs-, Entscheidungs- und Informationstransparenz für die Bürger. In Schulen und Betrieben soll durch politischen Unterricht Demokratie und Beteiligung behandelt werden. Website-Kommunikation, Tür-zu-Tür-Arbeit in den Wohngebieten, kostenlose Kindergärten und Abschaffung der Studiengebühren sind Programm, ebenso das Erreichen eines Bildungsanteils von 7 % des Bundeshaushaltes. Die SPD will, wie auch die FDP und tatsächlich auch der Ehrenvorsitzende der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (die das Ganztagsschulprogramm [mit Bundesgeldfinanzierung] organisiert), Roland Koch aus Hessen - der unlängst noch gegen Gesamtschulen war -, eine Aufhebung des sog. Kooperationsverbots (= Schulen dürfen nicht mit Bundesgeld unterstützt werden). Nur so ist ein Ausbau möglich, bei gleichzeitiger Erhöhung der Vermögenssteuer, meinte die SPD. Bedenklich sei, dass all die geleistete Regierungsarbeit nach Abwahl durch gegenläufige Entscheidungen wieder demontiert werde.


Foto: Stefan Vieregg
Mit Berlin-Rundfahrt, Besuch der Kuppel über dem Reichs-/Bundestag und der Gedächtnisstätte Berliner Mauer schloss sich der Kreis der demokratischen Schule durch das Bundespräsidialamt, die Bertelsmann sowie Nixdorf Stiftung. Dieser zentrale Ort unserer Geschichte, heute ein riesiger, machmal unmanövrierbar erscheinender, aber sehr agiler und sich in Millionen von Details vertiefender Treffpunkt und Arbeitsort von über 600 gut bezahlten Abgeordneten plus Mitarbeiterstäbe und frei Beauftragte, die über unser Geschick bestimmen, alles im Dienste ihrer Parteiinteressen versuchen, Sinnvolles einführen oder auch abschaffen, ist nun wieder Sitz einer deutschen Regierung, dieses Mal unter wesentlich humaneren Vorzeichen. Das Zentrum der Macht ist ein Ort der Diskussion geworden. Er übt sich unermüdlich in der Demokratie.
Foto: Stefan Vieregg
Wir werden hier in diesem Blog über das Aufgreifen der demokratischen Beteiligung in den Landkreisen weiter berichten und haben auch bereits Landkreise/Landräte, die Bürgermitsprache/Bürgerforen als eine ganz wichtige Mitspracheform institutionalisieren wollen.


Sonntag, 6. November 2011

Veranstalter-Evaluation und Feedback der Teilnehmer des Bürgerforums


Wilhelmshöhe, Foto: Stefan Vieregg
Zur nachträglichen Auswertung der Veranstaltung „Bürgerforum 2011″ erfolgte für den 13. Oktober 2011 eine Einladung der Bertelsmann-Stiftung nach Kassel und nach Losbestimmung auch eine Einladung nach Berlin von 18. - 21.10.2011, um mit führenden Vertretern aller in den Bundestag gewählten Parteien die Bürgerkonzepte und -ideen, vor allem hinsichtlich ihrer Verwirklichung zu diskutieren.


Das Evaluationstreffen in Kassel fand mit 31 Teilnehmern statt. Dabei waren das Veranstalterteam mit Dr. Dominik Hierlemann als Leiter und Anna Wohlfarth als Managerin, verschiedene Teilnehmer des Bürgerforums, OnlineModeratoren, RegionalOrganisatoren, Fachleute für E-Partizipation und Public Participation = technische Seite des Projekts/Softwaregestalter und Klaus Grewe, Integration Manager. K. Grewe  berichtete darüber, wie durch Kommunikation die Bereitschaft von Bürgern, Großprojekte zu akzeptieren, gesteigert oder hergestellt werden kann. Sein Projekt, die Olympiade 2012 in London vorzubereiten, ist mit enormen Einschnitten in das persönliche Leben und die Lebensumgebung der Anwohner verbunden. Er erobert sich durch Information und lokales "Social Management" Quadratmeter für Quadratmeter und bietet versöhnliche Lösungen, bis hin zu Komplettumsiedlungen von Vierteln an. Die Effizienz dieser Maßnahmen ist unumstritten und könnte ein Vorbild für Stuttgart 21 sein.


Die geladenen Teilnehmer überdachten und überarbeiteten noch einmal im geeigneten  Einladungsrahmen den theoretischen Ansatz und die Projektstruktur des Bürgerforums. Im Vordergrund standen die drei Themen: "Was lief gut und sollte beibehalten werden?", "Was konkret hat uns die Arbeit erschwert?" und "Was könnte zur Verbesserung getan werden?". Die Veranstalter sind für alle Korrekturen und konstruktiven Vorschläge dankbar. 

Das gesamte Evaluationsprojekt lief in mehreren Etappen die letzten Wochen, am wichtigsten die Direktbefragung von Teilnehmern vor Ort in allen 25 Städten durch Marita Bussieweke und das Teilnehmerfeedback online insgesamt. Online antworteten von 9916 Teilnehmern 2936 Personen. Davon waren 69 % der Teilnehmer eher zufrieden bis sehr zufrieden, 85 % mit der gebotenen Information und 86 % mit der Transparenz des Verfahrens. 79 % würden die Veranstaltung weiterempfehlen.


Eine stärkere Beachtung der Nichtvernetztheit vieler älterer Bürger soll in Zukunft ebenso wie ein Überarbeiten der Informationsintensität und -qualität, Projektdurchführung und „Schulung“ der Mitarbeiter erfolgen. 
Foto: Stefan Vieregg


In sehr überzeugender Präsentation und Verfahrensmoderation durch Monique Lampe erarbeitete sich die Gruppe konsequent die Tagesstationen. Am Ende konnte als Ausblick Folgendes festgehalten werden:



Alle Stellwandfotos in der Diashow: Moderatio,
Rest: Stefan Vieregg

Dienstag, 1. November 2011

Wo bin ich hier und was mache ich eigentlich? Nachdenken über die Informationsflut im Bundestag

Dem Leben über die Schultern geschaut. Die Parlamentarier sind einfach überfordert, wenn es um die Informationsmengen und Abstimmungshäufigkeiten geht. Und selbst bei superschwergewichtigen Themen irren so manche durchs Abstimmungsleben ...

Donnerstag, 27. Oktober 2011

Fehlende (Augen-)Reaktionen bei Konservativen oder wie biologische Voraussetzungen Politik beeinflussen können


Liberale reagieren stärker auf ihr Gegenüber als Konservative, das ist das Ergebnis eines Forschungsexperimentes an der University of Nebraska-Lincoln. Gemeint und getestet wurde hier die Reaktion auf Augenbewegungen des Gegenübers. Während die Liberalen den Blicken häufig folgten, ließen sich die Konservativen davon kaum beeindrucken. Möglicherweise führe diese unterschiedliche Wahrnehmung der Umwelt dazu, dass manche Menschen eine eher konservative Position einnähmen, die die persönliche Autonomie in den Vordergrund stelle, mutmaßen die Forscher. Entsprechend würden Menschen, die besonders intensiv auf ihre Mitmenschen reagieren, eher eine liberale Ausrichtung einnehmen. Für welche politische Ausrichtung sich Menschen entscheiden, hängt möglicherweise auch davon ab, wie empfänglich sie für Schlüsselreize im Umgang mit anderen Menschen sind. Wie und welchem Umfang sich das auf das politisch-gesellschaftliche Leben auswirkt, kann das Experiment allerdings nicht beantworten.

In den Versuchen der Wissenschaftler saßen 72 liberale und konservative Probanden vor einem weißen Computerbildschirm, in dessen Mitte sich ein kleines schwarzes Kreuz befand. Dieses verschwand nach wenigen Sekunden und wurde durch ein Gesicht ersetzt, dessen Augen zunächst leer waren. Dann erschienen die Pupillen, die entweder nach links oder nach rechts schauten. Die Aufgabe der Freiwilligen bestand darin, mittels Tastendruck zu signalisieren, sobald rechts oder links neben dem Gesicht ein kleiner Kreis erschien. Allen Teilnehmern wurde erklärt, dass die Blickrichtung der Augen kein Hinweis darauf sei, wo der Kreis erscheinen würde. Obwohl es insofern eigentlich keinen Grund gab, den Blicken des Computergesichts zu folgen, taten die Liberalen genau das. Dies deutet ja auch auf eine höhere Aufmerksamkeit und Wachheit in der Kommunikation und Wahrnehmung hin.
 
Nach Einschätzung der Forscher ist dieses Verhalten prinzipiell nicht weiter verwunderlich, denn Augenbewegungen eines Gegenübers sind Schlüsselreize der sozialen Interaktion und daher nur schwer zu ignorieren. Menschen und auch viele Tiere folgen den Blicken ihres Gegenübers, weil sie dadurch oft wichtige Hinweise erhalten - sowohl über die nächste Handlung des Gegenübers als auch beispielsweise über einen sich nähernden Feind oder eine Nahrungsquelle. Umso erstaunlicher fanden es die Wissenschaftler, dass die Konservativen diesem evolutionär verankerten Impuls nicht folgten. Sie seien zwar davon ausgegangen, dass die politische Einstellung sich in den Ergebnissen widerspiegle, "aber wir hatten nicht erwarten, dass sich Konservative als geradezu immun gegenüber diesen Signalen erweisen würden", erläuterten die Forscher das Ergebnis. Oder sind Konservative weiter weg von unseren Urinstinkten? Haben die Anhänger dieser politischen Richtung ein höheres Maß an Sturheit und Unbeweglichkeit? Offene Fragen ...

Die Studienergebnisse stützen nach ihrer Einschätzung die These, wonach biologische Voraussetzungen die politische Ausrichtung maßgeblich beeinflussen können. Frühere Untersuchungen hatten bereits einige solcher Faktoren aufgespürt: So neigten etwa Menschen, die besonders stark auf furchteinflößende Bilder reagierten, dazu, eine aggressive Verteidigungspolitik zu unterstützen und befürworteten die Todesstrafe. Interessant wäre es sicher, noch mehr Ergebnisse aus dieser Richtung zu bekommen.

Samstag, 22. Oktober 2011

23.10.2011: Bürgerentscheid in Kaiserslautern

Wichtiges Datum für Kaiserslautern ist der 23.10.2011: 

Bürgerentscheid zur Umgestaltung der Innenstadt am alten Karstadt-Gebäude. Noch mehr Straßenschluchten und Einkaufsorgie oder Abwarten? 

Es geht um die Annahme oder Ablehnung des städt. Vorschlags, nach weiteren und verträglichen Lösungen zu suchen, oder anders ausgedrückt: Bei Ablehnung der städtischen Eigentümerschaft übernehmen Privatinvestoren und wollen eine postmoderne Konsumarena in der Innenstadt verwirklichen (siehe http://igbuergerdenkenmit.blogspot.com/2011/09/shopping-mall-mit-uber-20000-m.html).

Abgestimmt wird die Frage: „Sind Sie dafür, dass die zur Zeit als Parkplatz genutzte Grundstücksfläche im Bereich Karstadtvorplatz/Altes Pfalztheater im Eigentum und unmittelbaren Besitz der Stadt Kaiserslautern verbleiben?“
Bei "Nein" wird den Privatinvestoren grünes Licht gegeben.

Politisch-Kabarettistisches aus Kaiserslautern von Wolfgang Marschall, Kaiserslautern (Die Untiere):




Ergebnis der Bürgerbefragung:
Abgegebene Stimmen : 28.947
Für Ja : 9.690
Für Nein : 19.166
Differenz : 91 Stimmen

Das heißt, das Grundstück in Kaiserslautern wird an die Hamburger Privatinvestoren ECE (Familie OTTO) veräußert, die in ca. 40 km Abständen ein dichtes Netz von Shopping-Malls über Deutschland breiten will. Sie dürfen nun weitere Vorschläge zur Gestaltung des Platzes in KL machen. Der Hauptvorschlag ist ja schon da. 
ECE besitzt bereits in unserer Gegend die Galerien Saarbrücken, Neunkirchen/Saar und Mainz, demnächst Homburg/Saar und eben Kaiserslautern (in Planung).
Die Shoppingfans sind begeistert, große Wandelflure und -hallen, um ihrem Hobby zu frönen. Dazwischen zumeist auf nobel getrimmte, aber kitschige Einkehrmöglichkeiten und alles schön einheitlich in Glas und transparentem Postmodern. Fast eine Art Sozialismus in der Baukunst für kommerzielle Zwecke. Wohlfühlen tut man sich nicht da drinnen, aber warm ist es, wenn's draußen stürmt und schneit ...
Gleiches Gesicht in allen Fußgängerzonen? Nein, historische Passagen 
 in Städten wie z.B. München und Leipzig, mit Stil und Niveau modernisiert, inkl. Kunst und Anspruch beweisen das Gegenteil. Dort macht das Bummeln Spaß. 
Die Mieten in den ECE-Malls sind übrigens so extrem gesalzen, dass sich viele Angebote/Läden nicht lange halten können, oder die Händler verdienen tatsächlich so gut, dass die Miete keine Rolle spielt. Nobel- und Normalläden, Unterhaltungselektronik und Schuhläden, Juweliere und Kaffeeläden, Supermarkt im Basement, H&M im 3. Stock, Bäckerketten daneben, dazwischen ein paar Billige, ob dieses Konzept es rausreißt? In Hamburg-Harburg sind es um die 180 Anbieter in der v-förmigen und doppelzügigen Mall ...

In Siegburg im Kreis Bonn - Bergisch Gladbach dagegen wurde durch die BI Siegburg eine Shopping Mall der ECE mit 9.905 Stimmen für den Erhalt des Rathauses und gegen das geplante ECE-Center bei 4.829 Gegenstimmen abgeschmettert.


Die Youngsters in Kaiserslautern scheinen auf den Glaspalast zu warten.
Kritisches von der Tageszeitung Junge Welt

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Meinung äußern - Stimme abgeben, z.B. bei den epetitionen im Bundestag

Wer aktuelle Petitionen verfolgen, diskutieren und im Zustimmungsfall auch seine Stimme dazu abgeben möchte, findet auf epetitionen.bundestag.de ein Forum, wo sich ein paar Dutzend Anträge stapeln. Hier ist auch der geeignete Ort, an dem man e i g e n e Petitionen einbringen kann, sei es zu einem Bürgerbegehren, einer Bürgerinitiative oder einfach um Stimmen zu sammeln.

Das Portal des Petitionsausschusses ist sozusagen der direkte Weg, um Anliegen, Bitten und Beschwerden an das Bundesparlament zu übermitteln. Wichtig ist nicht die magische Zahl von 50.000 Stimmen, die erforderlich ist, ein Gestz zu ändern, sondern der Sachverhalt der Petition. Bestimmt der Petitionsausschuss, dass der dargelegte Sachverhalt richtig und wichtig zur Behandlung durch das Parlament ist, wird das in die Wege geleitet. Petitionen, die bei Einreichung bzw. innerhalb von drei Wochen ab Einreichung tatsächlich von mehr als 50.000 Bürgern unterstützt werden, gelangen laut Satzung und Gesetz zu einer öffentlichen Erörterung des Ausschusses mit dem Petenten, es sei denn, dass der Ausschuss nach Prüfung der Sachlage mit einer 2/3-Mehrheit dagegen stimmt. Der Bundespetitionsausschuss setzt sich aus 56 Mitgliedern, die nach dem Mehrheitsverhältnis im Bundestag mit allen gewählten Parteien quantitativ vertreten sind, die CDU/CSU mit 24 Vertretern, die SPD mit 12, die FDP mit 8, die Grünen und die Linken mit je 6.

Jedes unserer Bundesländer hat einen Petitionsausschuss, das Europäische Parlament hat einen und (fast) jedes EU-Mitgliedsland bietet die Möglichkeit, auch dessen politisches Geschehen, wenn auch in geringem Rahmen, mitzugestalten. Umgekehrt bieten auch wir dem Ausland die Möglichkeit, zur Erörterung aufzurufen. In Rheinland-Pfalz siehe  h i e r.

Nordrhein-Westfallen (2.873), Bayern, Berlin und Baden-Württemberg liegen in absteigender Reihenfolge an der Spitze der eingereichten Petitionen, Hamburg, Saarland und Bremen (105) sind die absoluten Schlusslichter. Ebenfalls am Ende der Skala, aber noch vor den Schlusslichtern, liegen Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern (414). 2010 wurden insgesamt über 2000 Petitionen weniger eingebracht als im Vorjahr.

Samstag, 15. Oktober 2011

Weltweiter Demonstrationstag

(SV) Wer mit den Ideen der Veranstalter (Verdi, GEW, BUND, Friedens-, Antikriegsbewegungen, Pax Christi, antikapitalistische Gruppierungen) konform geht, hat heute Gelegenheit in Berlin, Leipzig, Frankfurt, Stuttgart für grundlegende Demokratie auf die Straße zu gehen. Es folgen noch weitere Aktionen, die man den Internetpräsenzen entnehmen kann.


Weltweit engagieren sich (nicht nur heute) nach Angaben der Veranstalter 951 Städte in 82 Ländern unter der Flagge von UNITED FOR GLOBAL CHANGE. 


In Deutschland sind dies ECHTE DEMOKRATIE JETZT, ATTAC und die oben genannten Unterstützer. Die einhellige Meinung scheint auf folgenden Nenner gebracht werden zu können:


"Die herrschenden Mächte arbeiten zum Vorteil einiger Wenigen und sie ignorieren den Willen der überwiegenden Mehrheit sowie die humanen und Umweltkosten, die wir alle zahlen müssen. Diese unerträgliche Situation muss ein Ende haben.

Vereinigt in einer Stimme werden wir die Politiker, und die Finanzeliten, denen sie dienen, sagen, dass es an uns, den Bürgern, ist, über unsere Zukunft zu entscheiden. Wir sind keine Waren in den Händen der Politiker und Banker, die uns nicht vertreten." (EDJ)
Europaweit rief zu diesem Aktionstag die spanische Bewegung "Democra­cia Real Ya!" auf, die bereits in 50 spanischen Städten seit Mai demonstriert und agiert.


Die Aktion ist auch im Rahmen der "Occupy the world"-, "Occupy Wall Street"-, "Occupy XY"-Bewegung anzusiedeln. Das Zerstören von Volkseigentum und Geradestehenmüssen für Schulden, die das Volk so nicht will, sind Hauptargumente der globalen Ablehnung von bestehenden Regierungen.


Alle Demonstrationen in Deutschland


Resonanz zur Veranstaltung in der Presse 1
Resonanz zur Veranstaltung in der Presse 2 (CH)

Neues aus Lindau: Wie will Lindau die Mitbestimmung der Bürger fördern?

(SV) In Lindau, wo unter anderem der Gedanke des Grundeinkommens für alle gepflegt wird, möchte das Landratsamt die Arbeit des Bürgerforums nicht einschlafen lassen. Die Projektleiter und regionalen Träger werden den Weg der Bürgeraufklärung über Mitbestimmungsmöglichkeiten, einen bereits stattfindenden Bürgerforumsstammtisch und weitere Treffen der Ausschussmitglieder mit Diskussionen zu ihren jeweiligen Ausschussthemen gehen. Den von der Bertelsmann-Stiftung vorgeschlagenen "Engagement-Marktplatz", auf dem sich Vereine und Institutionen auf der einen und zu ehrenamtlicher Mitarbeit bereite Bürger auf der anderen Seite treffen, will Lindau nicht verwirklichen. Dem Landratsamt geht es anscheinend vor allem um die Förderung der Bürgermündigkeit, nicht um kostenlose Helfer.

Der Artikel hierzu in Der Westallgäuer


Dienstag, 11. Oktober 2011

Diskussion - Immer aktuell: Waffenlieferungen und Spenden

(SV) Deutschland auf Platz 3 der Waffenexporteure, mehrere Beteiligungen bei internationalen militärischen Lösungsversuchen - Grund genug über das Spendenverhalten der Rüstungskonzerne nachzudenken:

Spenden und Auftragsfluss?

Freitag, 7. Oktober 2011

Diskussion Integration: Behinderte Hartz IV-Empfänger kriegen weniger als nichtbehinderte?


(SV/VdK) Die Logik ist nicht erkennbar. Behinderte Hartz-IV-Bezieher, die mit anderen Erwachsenen zusammenleben, erhalten fast 1000 € weniger im Jahr als ihre nichtbehinderten Leidensgenossen. Wären Sie noch arbeitsfähig, würden sie durch spezielle Vermittlungsdienste aus dem Bezug in die Arbeit gefördert, wenigstens in Rheinland-Pfalz. Das kriegen behinderte Nichtbezieher nicht. Eine zweite Merkwürdigkeit. Es sei denn, der Behinderte hat beim Staat gearbeitet. Dann wird ihm in seinem Bereich geholfen, bevor der Staat Ruhestandsgelder zahlen muss. Reintegration für die Schäfchen... Andere dürfen aufgeben oder Brötchen nachts backen oder Schrauben sortieren oder Unkraut jäten. Bis auf spezielle Reintegrationen von Schwerstbehinderten, die den Stand der Reha-Technik zeigen sollen. Während Hunderttausende Arbeitsfähige nicht aktiv in ihren Bereich rückgeführt werden, weil sie das selbst leisten sollen, natürlich auch keine Ersatzleistung bekommen, kapriziert man sich bei einer weit geringeren Zahl auf Showfälle.

Der Sozialverband VdK Deutschland und der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordern ein Ende der Benachteiligung von behinderten Menschen bei den Grundsicherungsleistungen: „Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen deutlich: Der Gesetzgeber muss die Ungleichbehandlung endlich korrigieren und den betroffenen Menschen zu ihrem Recht verhelfen. Geschieht dies nicht, sind wir bereit einzugreifen und Musterklagen ins Auge zu fassen“, erklärte SoVD-Präsident Adolf Bauer anlässlich des heute veröffentlichten Gutachtens der Hans-Böckler-Stiftung zur Neuregelung der Regelbedarfe bei Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe.

„Es ist für erwachsene Menschen mit Behinderung, die noch bei ihren Eltern leben, bitter, dass die Zusage der Bundesregierung immer noch nicht eingelöst wurde. Monat für Monat werden ihnen 73 Euro vorenthalten. Es muss noch in diesem Jahr der volle Regelsatz kommen“, fordert Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.

Die Bundesregierung hatte im Vermittlungsverfahren zum Hartz IV-Kompromiss zugesagt, die neue Regelung mit dem Ziel zu prüfen, behinderten Menschen den vollen Regelsatz zu ermöglichen.

Durch die zurückliegende Regelsatzreform erhalten Menschen mit Behinderungen ab dem 25. Lebensjahr, die mit anderen Erwachsenen in einem gemeinsamen Haushalt leben, einen Regelbedarf von 291 Euro. Das sind 80 Prozent des vollen Hartz IV-Regelbedarfs von 364 Euro und damit 73 Euro weniger, als Menschen ohne Behinderungen beziehen. VdK und SoVD hatten dies bereits im Rahmen der Debatte um die Neuberechnung der Regelbedarfe scharf kritisiert.

Um sich klar zu machen, wie teuer das einfache Leben bereits gemacht wurde und welche Existenzkämpfe bereits in der 20-Mio-Einwohner-Einkommensgruppe bis 1500 EUR (theoretisch verarmt) ausgetragen werden, reicht ein Blick in den Lebenskostenrechner für Studenten. Unter 650/700 EUR im Monat mit Verkehrsteilnahme durch öffent. Verkehrsmittel geht heute gar nichts mehr! Höchstens in (kaputten) Billigwohnungen-/häusern aus dem Altbestand, Kleider total vernachlässigt, essen nur das Billigste, kein Bücherkauf.

https://www.unicum.de/studienzeit/service/lebenskostenrechner/

Behinderte im Mittelalter

Wir leben in der Moderne, es ist alles humaner oder angepasster, heute gibt's Sozialgeld - ohne gibt es kein Überleben mehr, nur als obdachloser Bettler.... Es scheint sich nicht viel geändert zu haben an der Lage der Behinderten. Früher gab es zu bezahlende Häuser und Heime wie heute auch, Armut und Bettelei der Alltag für Unvermögende, nur die Hilfsmittel waren primitiver:

Behindert im Mittelalter

Montag, 3. Oktober 2011

Online mitdiskutieren im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung


"Wir wollen, dass Sie sich einmischen!", sagt die Pressetruppe um den Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel, der im August sein entwicklungspolitisches Konzept des BMZ „Chancen schaffen – Zukunft entwickeln“ vorgestellt hat. Dieses Konzept und seine entwicklungspolitischen Ziele steht nun zur Debatte. Ganz nach dem Motto „Viele Augen sehen mehr, und viele Köpfe wissen mehr“ sollen die Meinungen von Experten und interessierten Laien einbezogen werden, die Entscheidungsfindung legitimiert (oder ggf. geändert?) werden. Ob wenigstens dort Leute außerhalb der Parteien und Behörden sich zeigen? Angstfreies und anonymes Diskutieren wird immer wichtiger für Onlinediskutierer, dort aber ist Anmeldung erforderlich. Mit Sicherheit erwarten 75 % der Bürger Konsequenzen, wenn sie andere Meinungen vertreten, und bleiben eher fern.

Das vollständige Zukunftskonzept “Chancen schaffen - Zukunft entwickeln” kann hier als PDF heruntergeladen werden.

NETZ-LOCATION der Diskussion: https://www.bmz.de/index.html

Hintergrund:
Die westlichen Industrieländer halten laut OECD ihre Selbstverpflichtungen bei der Entwicklungshilfe nicht ein. Das hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris kritisiert. Im Jahr 2010 haben demnach die OECD-Staaten rund 21 Mrd. US-Dollar weniger an ärmere Staaten gezahlt als im Jahr 2005 versprochen wurde. Ganz im Gegensatz zu Luxemburg, das sogar über dem Wert liegt.
Entwicklungshilfe und das Vergeben von Geldern in oft schwer nachvollziehbare Projekte wird schon lange diskutiert. Viele sind der Meinung, dass das verschwendetes Geld sei, das wir an anderer Stelle mehr bräuchten.


Stimme der Armut bei uns

Donnerstag, 29. September 2011

Shopping-Mall mit über 20.000 m² Verkaufsfläche in Kaiserslautern?


(SV) Die Bürgerinitiative „Neue Mitte Kaiserslautern”, die sich für eine offene und gute Information zu Bauvorhaben der Stadt sowie eine stadt- und bürgergerechte Steigerung der Attraktivität des Stadtkerns einsetzt, übergab am 10. August 2011 der Stadt Kaiserslautern 10.835 Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Die BI will mit einem Bürgerentscheid die Pläne des Stadtrats zur Verwirklichung einer Shopping-Mall am Standort Karstadt/Alter Theaterplatz zu Fall bringen.
Rheinpfalz 
Neue Mitte Kaiserslautern

Die Attraktivität von Stadtkernen ist grundsätzlich ein Reizthema, weil der Trend zu Straßenschluchten geht. Postmoderne Klotzbauten am Saarbrücker Bahnhof, regelrechte Klotzlandschaft, aber auch sehr imposante Hotel-(Havenwelten) und "Mediterraneo"-Gestaltung im Wert von 500 Mio € in Bremerhaven mit Imitation des 18./19. Jahrhunderts mediterran im Innern


Die Shopping-Malls, Passagen, Galerien sprießen überall aus dem Boden. Hamburg, Berlin, Köln, München, völlig egal, die Malls sind auf dem Vormarsch, und das schon seit etlichen Jahren. Das Erscheinungsbild außen wie innen ist weitgehend austauschbar. Einen kleinen Überblick über Formen und Dimensionen findet man auf der Referenzliste des Dienstleistungsunter- nehmens Krumme, siehe h i e r.


Saarbrückens Europa-Galerie von ihrer schönen Seite,
auf der Rück- und Nebenseite eher hässlich (c Saarbrücken Touristik)

Bremerhaven, Mediterraneo innen (c mediterraneo)

Hamburg, Europa Passage, nahtlos eingebunden
in die Straßenschluchten (c Hamburg Touristik) 

Hamburg, Europa Passage innen,
eine echte Future World (c Hamburg Touristik)
Die Ergebnisse sind oft erschütternd, in Wilhelmshaven, Bremerhaven, Bremen, Saarbrücken und andernorts dominieren kantige, protzige Großlösungen. Im Innern ein Konsumfest, alles auf einem Haufen, aber nicht gerade billig. Staunlandschaften für die Geringverdiener, was es alles zu welchen Preisen gibt. Die Klotzlösungen außen sind deprimierend für die Stadtgesichter, vertreiben die Menschen am Abend. Die Shoppingparadiese werden vielerorts zwischen 20 und 22 Uhr geschlossen. Danach gähnende Leere und Sterilität. 

Entstehen Betonwüsten jetzt wieder neu, nachdem man eine Zeitlang die Belebtheit und Menschlichkeit der Stadtinnenkerne betonen wollte? Ist dieses Cocooning der geeignete Weg? Platz-, Geld- und Zeitprobleme sowie schnelle Verfügbarkeit für den Konsument bewegen oft vorrangig zu diesen Projekten. Wie wäre es denn mit einem riesigen Alternativprojekt à la Hundertwasser? Begrünt, verschachtelt, biologisch, gemütlich, von Künstlern und Menschen für den Menschen gebaut? Farben, Formen, Wohlfühlorte? Der Bahnhof in Uelzen, das Krawina-Haus in Wien z.B. sind solche Ort. Hier möchte man länger bleiben, wohnen, leben ... In der angestrebten Shopping Mall dagegen raubt es einem den Atem vor lauter stickiger Konsumluft und Stahl-Beton-Glas-Sterilität ...Da helfen auch die Idyllimitate aus Bayern, Tirol, Mittelmeerraum nicht mehr.

Die Befürworter der Kaiserslauterner Mall sowie der kompletten Neustrukturierung des Verkehrskonzeptes im Stadtinnern haben sich im Kommentar unten eingetragen. Die gewünschten Straßenperspektiven erinnern an die gesichtslosen postmodernen Konsumschluchten, wie sie seit einigen Jahrzehnten allerorts propagiert und in einigen weiteren Jahrzehnten ebenfalls als Umweltsünden abgetan werden. Keine Nachhaltigkeit in der Planung und Zukunftsgestaltung, vor lauter Mode ...



Sonntag, 25. September 2011

Energieexperten aufgepasst: Diskussion erneuerbare Energien


(SV) Die CDU Rheinland-Pfalz hat das Thema Erneuerbare Energien aufgegriffen und stellte es auf ihrer  3. Klausurtagung in Maria Laach 2011 in den Vordergrund. Versucht wurde eine realistische und korrigierte Einschätzung der Energielage zu gewinnen, wobei sich die CDU mit Zugeständnissen ganz weit in bisherige grüne Domänen vorwagte.

Unter dem Thema "Energie.Gewinn für Rheinland-Pfalz" diskutierten und überdachten ca. 100 Delegierte des CDU-Landesverbandes, die CDU-Landtagsfraktion und Verbands-und Wirtschaftsvertreter sowie Gäste die Zielsetzungen der rot-grünen Landesregierung in Rheinland-Pfalz. Deren Ziele bestehen für die CDU aus wenig realisierbaren, weil reichlich übertriebenen Versprechungen:

Insbesondere hätte sich ROT/GRÜN vage und nicht belegt auf die Fahnen geschrieben,
o bis 2020 die Stromerzeugung aus Windkraft zu verfünffachen (derzeit rd. 1,7 Mio. TWh)
o bis 2020 die Stromerzeugung aus Photovoltaik auf ca 1,5 Mio. TWh zu steigern
o bis 2030 den in RLP verbrauchten Strom zu 100% in RLP zu gewinnen - ohne Importe
o bis 2030 den in RLP verbrauchten Strom zu 100% aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen
o bis 2030 zum Stromexporteur zu werden

Wie realistisch schätzen Energiefachleute die Lage ein? Wer weiß was dazu? Windräder der neuen Generation sind ja so leistungsstark, dass eines genügt, um 50.000 Haushalte zu versorgen. Nur, wenn Hunderte kleine angeschafft und abgeschrieben werden, inklusive der vorhandenen, ist natürlich kein Spielraum mehr für Großanschaffungen. Ein riesengroßer Park aus kleinen entsteht. Die Verletzlichkeit ist aber auch geringer.
Solarenergie benötigt ebenfalls noch große Flächen.
Wasserkraft? An Rhein, Mosel, Saar, Nahe, Ahr, Queich? Reicht die Fließkraft der Flüsschen bereits für die neue Generation der Fließwasserkraftwerke? Sind alle Möglichkeiten von Pumpspeicherkraftwerken erschöpft, die auf Gefälle setzen? Wir haben ja von Natur aus viele Berge und könnten auch hier nachrüsten. Es scheinen alles in allem nur Bruchteile der Wunschvorstellungen erreichbar.

Ein breites Feld zur Diskussion. Julia Klöckner will eine Energie-Tour starten und die Ergebnisse präsentieren.

Mittwoch, 21. September 2011

Evangelisch-lutherische Kirche in Bayern wirbt für die Finanztransaktionssteuer und sucht Unterstützer gegen die Angreifbarkeit der Finanzmärkte

(hgk) Die  Finanztransaktionssteuer ist nach Meinung des Rates der EK Deutschland die einzige Möglichkeit, die Unwägbarkeiten der spekulativen Fonds samt Managern einzudämmen. Sie hat dazu neun Argumente ausgearbeitet und rät dringend, sich eingehend mit der Materie zu beschäftigen. Die FTS ist nach ihrer Meinung fair, bietet ein hohes Einnahmepotenzial bei geringer Belastung der Zahler, senkt die Staatsverschuldung, hat einen altruistischen (gemeinnützigen) Wert, beteiligt die Krisenverursacher am Schaden, entlastet den Staat, wirkt sich positiv auf die Wirtschaft aus und nimmt Spekulationen ihre zerstörerische Kraft.

Im Einzelnen nachzulesen ist das alles auf der Seite der Anbieter: http://www.bayern-evangelisch.de/www/ueber_uns/fuenf-gute-gruende-fuer-die-finanztransaktionssteuer.php

Um die FTS in der EU "hoffähig" zu machen sind Stimmen notwendig, und zwar wie immer die der Bürger in einer Petition, um den Gegenstand in den Parlamenten verhandlungsfähig zu machen. Sie richtet sich an die Bundeskanzlerin, die das Bürgerbegehren mit den Staats- und Regierungschefs der EU und G20 (in erster Linie beim G20-Gipfel im November 2011) diskutieren und behandeln soll.

Unterzeichnungswillige bitte alle hier schauen und online unterzeichnen:
http://www.bayern-evangelisch.de/www/ueber_uns/jetzt-unterzeichnen.php

Sonntag, 18. September 2011

"Your Better Life Index" der OECD, eine groß angelegte internationale Abstimmung


(SV) “Zufriedenheit ist unser bestes Gut” – für William Shakespeare war die Sache schon vor 400 Jahren klar. Und Menschen aus 34 Ländern bestätigen, dass manche Weisheit einfach zeitlos ist. Im Mai eröffnete die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihr interaktives Webportal “Your Better Life Index”. Dort können Nutzer aus OECD-Ländern anhand von elf Kategorien die Lebensbedingungen ihres Landes mit denen in einem anderen OECD-Mitglied vergleichen. Wie ein Land dabei abschneidet, hängt nicht zuletzt davon ab, welche Wichtigkeit die Nutzer den einzelnen Indikatoren beimessen. Zufriedenheit rangiert bisher am höchsten, gefolgt von Bildung und Gesundheit. Geld hingegen spielt für die Nutzer des Index eher eine untergeordnete Rolle: Die Kategorie “Gehalt” landet auf dem vorletzten Platz. Angegeben wird also nicht der Ist-Zustand, sondern die persönliche Meinung, was im Leben wichtig ist. Das Einkommen wird fast überall schwach bewertet, nur in Luxemburg rangiert es ganz oben.

Knapp drei Monate nach dem Start von “Your Better Life Index” haben mehr als dreieinhalbtausend Menschen aus allen Ländern der OECD ihre Prioritäten gesetzt und der OECD ihre persönlichen Profile zugeschickt. Nehmen Sie teil und schicken auch Sie Ihr persönliches Profil.

Mithilfe der Kategorien Wohnen, Einkommen, Arbeit, Gemeinschaft, Bildung, Umwelt, Regierungsführung, Gesundheit, Zufriedenheit, Sicherheit sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf können die Nutzer herausfinden, welches Land ihnen am meisten entspricht, aber auch, wie subjektiv eine jede Rangliste ist. Das kann keineswegs als repräsentativ gelten, weil das ja allein die Angestellten bei der OECD und Partnerorganisationen sein könnten. Aber ein Trend scheint sich abzuzeichnen. Aus den persönlichen Prioritäten setzt sich dann ein "Wunsch"-Bild des Staates zusammen, aber kein "Ist"-Bild. Wobei auch das erreicht werden soll. Für meine Begriffe vermengen sich da verschiedene Ebenen.


“Your Better Life Index” soll bestimmen helfen, wie gesellschaftlicher Fortschritt jenseits des lange allein betrachteten Bruttoinlandsproduktes gemessen werden kann. Auf die Frage, was den Menschen im Leben wichtig ist, gibt er eine erste Antwort (gesamte OECD 3.500 Zusender am 18.8.2011 gegenüber Hunderten von Millionen Einwohnern in den beteiligten Staaten). Verblüffenderweise nimmt bei anderen Untersuchungen Ungerechtigkeit z.B. in den USA einen hohen Stellenwert ein, tatsächlich wird aber subjektiv bislang die Zufriedenheit in den USA von den Abstimmern hoch angegeben: Man müsste eigentlich sagen, der Wunsch danach ist ausgeprägt. Zufriedenheit durch mehr Gerechtigkeit wäre ein zulässiger Schluss und auch die Erklärung für den Drang nach Zufriedenheit. Insofern passen die Ergebnisse wieder zueinander. Es gäbe bereits erste Korrelationen von Zufriedenheit und Mitbestimmung, sagt die OECD - zu sehen beim Punkt "Governance" (Regierung, wobei sich die Befürwortung oder Wichtigkeit entlang den beiden Indikatoren Wahlbeteiligung und Transparenz sowie Zugang zum Entscheidungsfindungsprozess auf allen gesellschaftlichen Ebenen formuliert). Die Frage "Sind Mitbestimmer und Bürger, die gehört werden, zufriedener?" scheint in dieser Richtung beantwortet zu werden. In Deutschland ist dieser Punkt bislang mit dem Wert 4,4 bewertet, die gesamte Zufriedenheit liegt niedriger, in Australien dagegen mit  9,9 sehr hoch. Die Wahlbeteiligung liegt bei uns weit unter dem OECD-Durchschnitt, in Australien wesentlich höher (mit negativer Tendenz). Wir schaffen dennoch das obere Drittel. Die OECD-Bürger haben es nicht so mit Wählen oder sie kommen gar nicht dazu.
Desinteresse an der politischen Mitbestimmung in Deutschland? Finger verbrannt? Resignation? Erwarten die Bürger keine Zufriedenheitssteigerung in diesem Bereich? Sinnlosigkeitsempfindungen?
Wahlbeteiligung und Transparenz/Mitbestimmung wird in den USA ebenfalls höher als in Deutschland bewertet, sie liegen jedoch unterhalb den australischen Werten. Dort besteht also ein starke Nachfrage/ein starker Wunsch nach Mitbestimmung und Engagement, um Zufriedenheit zu erreichen. Deutsche (wie viele?) haben bislang andere Prioritäten gesetzt: Umweltintaktheit, Sicherheit, Ausgewogenheit von Arbeit und Leben, Gemeinschaft, Bildung/Erziehung und Wohnen liegen vorne, das Einkommen hinten.

Schauen Sie sich die Rangliste an, vergleichen Sie die Wunschlage und bestimmen Sie Ihren persönlichen Index hier:
Your Better Life Index

Montag, 12. September 2011

Exklusiv: Interview mit Georg Laska, AG Pro-Mosel






Zum Problem des Hochmoselübergangs, seiner unklaren Akzeptanz in der Bevölkerung, seiner Deplatziertheit in der Mosellandschaft und über Möglichkeiten bzw. Ängste offen mitzureden ein Exklusivinterview mit Georg Laska, einem der Sprecher der AG Pro-Mosel. Die Fragen stellte Stefan Vieregg.

1) Das Projekt Hochmoselübergang ist verabschiedet und wird nun von der Mehrheit im Landtag getragen. Welche echten Alternativen gibt es noch für die Gegner der Hochbrücke, ihren Standpunkt zu verteidigen und gar eine Meinungsänderung zu erwirken?

Die Situation im Mainzer Landtag spiegelt keineswegs die Meinung in der Bevölkerung wider. Der Wahlerfolg der Grünen war zumindest zum Teil einer breiten Ablehnung des Hochmoselübergangs geschuldet. Wir wissen außerdem, dass zahlreiche Abgeordnete aller Parteien mit diesem Bauprojekt nicht glücklich sind, sich aber nicht gegen die offizielle Parteimeinung stellen wollen.

Der Hochmoselübergang ist derart rücksichtslos der Moselregion, der Kulturlandschaft, den Weinlagen und den Tourismusbetrieben gegenüber geplant worden, dass man nicht einfach sagen kann "Das war's" und zur Tagesordnung übergehen kann. Selbst die rheinland-pfälzische Umweltministerin Höfken (Die Grünen) nannte das Ganze einen "Irrsinn".

Wir wissen um eine große Unterstützung von Menschen aus allen Teilen Deutschlands und werden sie über neuere Entwicklungen und unseren Protest auf dem Laufenden halten. Auf den ersten Blick mag das wie ein Kampf mit Windmühlenflügeln aussehen, doch die Faktenlage ändert sich fast im Wochenrhythmus, immer wieder kommen neue Planungsfehler ans Tageslicht und die Kostenplanung ist beim besten Willen nicht mehr zu halten. Im tiefen Innern haben wir den Glauben, dass die Kulturnation Deutschland sich einen solchen Frevel nicht leisten kann. Die Frage ist nur, ob dies rechtzeitig erkannt wird.


2) Welche Umfrageergebnisse haben Sie von Touristen? Liegen Befragungen der Fremdenverkehrsverbände vor? Welche Auswirkungen erwartet die touristische Moselschifffahrt?

Es gibt leider keine aussagekräftigen Umfrageergebnisse unter Touristen. Unsere persönliche Erfahrung beim Sammeln von Unterschriften für unsere beiden Petitionen (Im Bund und im Land) ließen eine überwiegende Ablehnung erkennen, die noch wesentlich deutlicher war als bei der Bevölkerung vor Ort. Die Moselschifffahrt rechnet mit Einnahmeverlusten. Deshalb hat uns eines der beiden lokal ansässigen Unternehmen das gelegentliche Verteilen von Flugblättern unter ihren Fahrgästen gestattet.


3) Welche Umfrageergebnisse haben Sie von Einheimischen?


Auch unter den Einheimischen gibt es keine zuverlässigen Umfrageergebnisse. Gelegentlich wurde im Rahmen von Diskussionsveranstaltungen eine kurze Umfrage gemacht. Die Ergebnisse lagen zwischen 50% und 80% Ablehnung des Hochmoselübergangs. Laut einer Online-Umfrage des "Trierischen Volksfreunds" vom April 2011 waren insgesamt 64 % für einen Baustopp am Hochmoselübergang. Für die Behauptung der früheren Landesregierung, es seien über 90% der Rheinland-Pfälzer für die Brücke, gibt es daher überhaupt keine Grundlage. Ein großer Teil der Menschen steht der Sache allenfalls gleichgültig gegenüber.


4) Woran liegt es, dass die Einheimischen sich bei der letzten Petition so zurückgehalten haben? Gibt es Verhaltenstendenzen, die mit Angst vor Mitbestimmung zu verbinden sind?

Die letzte Petition war ja bereits die zweite (nach der Bundespetition), es gab gewisse Ermüdungserscheinungen nach der viele Jahrzehnte andauernden Auseinandersetzung. Den Menschen wurde zudem von den Behörden der Eindruck vermittelt, es sei nun zu spät, noch etwas zu verändern.

Die Menschen sind auf vielfältige Weise von den Behörden abhängig. Sie wollen Genehmigungen, Zuschüsse, Konzessionen, usw. Wer allzu offen seine Meinung gegen den Hochmoselübergang äußert, muss mit Komplikationen rechnen. Auch größere Betriebe üben Druck aus. So wurde ein Nachbar von mir von seinem Arbeitgeber gekündigt, weil der sich (trotz mehrfacher Aufforderung) geweigert hatte, den Anti-Brücken-Aufkleber von seinem Privatfahrzeug zu entfernen. Während einer Veranstaltung über die touristischen Perspektiven der Region ermahnte der Stadtbürgermeister von Bernkastel-Kues kürzlich das Publikum, zukünftig nur noch positiv über das Brückenprojekt zu sprechen. Die Gegner wurden damit in die Rolle der Nestbeschmutzer gedrängt.


5) Weshalb wird ihrer Meinung nach eine Petition vertraulich in einem anonymen Ausschuss behandelt?

Das sehr konservative Rheinland-Pfalz tut sich äußerst schwer mit offenen Auseinandersetzungen. Die Einführung der öffentlichen (Online-) Petition kollidiert hier mit der gewohnten Chefsessel-Strategie, bei der Entscheidungen von oben nach unten gefällt werden. Unsere Petition war die erste öffentliche und enthielt zudem eine Menge Zündstoff. Die darin angesprochenen Kritikpunkte ernsthaft zu diskutieren, hätte bedeutet, bisherige Entscheidungen in Frage zu stellen. Dies war nicht erwünscht, weshalb man es vorzog, die Sache so lautlos wie möglich abzuwickeln.

Es gab in Rheinland-Pfalz immer die Tendenz, die unverkennbaren Problempunkte beim Bau des Brückenprojektes zu bagatellisieren und die Proteste dagegen nicht ernst zu nehmen. Das spiegelt sich bereits beim Umgang mit den 2300 Einwendungen wider. Wirklich ernstzunehmende Bedenken wurden einfach so für gegenstandslos erklärt. Bis heute wird nicht mit den Vertretern der Bürgerinitiative gesprochen - trotz internationaler Beachtung. Eine Landtagssitzung vom 29. April 2010 zeigte die Selbstherrlichkeit einiger Abgeordneter gegenüber den Kritikern auf beschämende Weise; einer der Abgeordneten ließ sich sogar zur Diffamierung des international anerkannten Weinexperten Hugh Johnson verleiten.


6) Wie wird der Bau ein solches Projektes in der Bevölkerung zurzeit bewertet? Welche Gefühle und Gedanken registrieren Sie?


Gerade die Bevölkerung vor Ort ist gespalten. Im Raum stehen Beteuerungen der Politiker, wie wichtig diese Straße sei, und Versprechungen, es würde die Wirtschaft angekurbelt und sogar der Tourismus gefördert, es würden massenhaft Arbeitsplätze geschaffen und selbst dem Phänomen der Landflucht würde man auf diese Weise begegnen. Die meisten dieser Behauptungen sind jedoch unrealistisch. Auf der anderen Seite können die Menschen bereits jetzt erkennen, was für unglaubliche Ausmaße dieses Bauprojekt hat, wie dramatisch die Eingriffe in ihre Heimat sein werden und dass sie in keiner Weise angemessen darüber informiert worden sind.

Es gibt daher die einen, die den Bau blindlings, teilweise auch aggressiv befürworten, und die anderen, die sich mehr schlecht als recht mit den 'Fakten' zu arrangieren versuchen. Die Baustellen (vorwiegend auf dem Bergplateau) werden von vielen gemieden, weil sie den Anblick der Zerstörung nicht ertragen können. Gelegentlich sieht man Anwohner, die fassungslos am Bauzaun stehen und nicht begreifen können, wie so etwas möglich ist.

Ein Proteststurm ähnlich wie in Stuttgart ist hier nicht zu erwarten, doch dies ist keineswegs ein Zeichen der Zustimmung. Der Bau der Brücke soll in den nächsten Wochen beginnen und damit unübersehbar werden - die Menschen werden dem nicht ausweichen können. Wir rechnen damit, dass der Protest dann erneut wieder aufflammen wird - anders als in Stuttgart, möglicherweise aber ebenso wirkungsvoll, denn sie sind sachlich wie moralisch im Recht.


Links:

Umfrageergebnis im Trierischen Volksfreund
http://www.volksfreund.de/nachrichten/welt/themendestages/themenderzeit/Weitere-Themen-des-Tages-Gegner-und-Befuerworter-diskutieren-online;art742,2741006

Protokoll der Landtagssitzung vom 29.4.2010
http://www.b50neu.de/plenasitzung.doc

Planfeststellungsbeschluss mit 'abgearbeiteten' Einwendungen
http://daten.pro-mosel.de/beschlus.pdf

Internetseite der Bürgerinitiative:
http://www.pro-mosel.de



Freitag, 9. September 2011

Diskussion - Angehörigenpflege nicht zum Nulltarif, Frauenarmut bereits ausgeprägt

(vdk) „Pflege kann zum Armutsrisiko werden – besonders für Frauen“, stellte der VdK Deutschland mal wieder fest. Präsidentin Mascher verwies auf die geringe durchschnittliche Altersrente für Frauen, die in Deutschland 528 Euro beträgt. Pflegearbeit zu Hause, die zu 70 Prozent von Frauen geleistet wird, könnte das Problem der Frauenaltersarmut noch verschärfen. Denn die Gesellschaft dankt dieses Engagement kaum, beispielsweise was die Rentenansprüche betrifft. Mascher warnte deshalb: „Angehörigenpflege zum Nulltarif ist kein Modell der Zukunft.“

Sie forderte die Angleichung der Rentenanwartschaften von Zeiten der Pflegetätigkeit und Zeiten der Kindererziehung. Derzeit wird beispielsweise für ein Jahr häusliche Pflegetätigkeit in Pflegestufe I nur ein Rentenanspruch von 7,42 Euro erworben, für ein Jahr Kindererziehung 27,47 Euro. Voraussetzung für Rentenanwartschaften für Pflegezeiten ist der Bezug von Pflegegeld, das aber erst bei Vorliegen einer Pflegestufe und einem Pflegeaufwand von mindestens 14 Stunden bezahlt wird. Viele Pflegebedürftige bekommen aber weniger Pflegestunden zugestanden, vielen wird zudem die Anerkennung einer Pflegestufe verweigert. Dies gilt besonders für Demenzkranke.

Für Mascher ist deshalb eine rasche Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs das Gebot der Stunde, damit Demenzkranke ein Recht auf mehr Leistungen aus der Pflegeversicherung bekommen: „Wir erwarten, dass Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr das Versprechen seines Vorgängers, Philipp Rösler, einlösen wird, damit es zügig deutliche Verbesserungen für diese Menschen und ihre Angehörigen gibt.“

Die Rente reicht nicht fürs Heim
Die mangelhafte finanzielle Situation Pflegebedürftiger wird sich durch den anhaltenden Trend zur stationären Versorgung nach Einschätzung des VdK noch verschärfen. So nahm die Zahl der Heimbewohnerinnen und -bewohner in Deutschland von 2007 bis 2009 um 4,6 Prozent zu. Immer mehr Menschen brauchen Sozialhilfe in Form von „Hilfe zur Pflege“, in Deutschland sind dies rund 400 000. Der Antrag wird nötig, wenn die Heimkosten die Rente übersteigen und die Ersparnisse aufgebraucht sind. „Auch hier zeigt sich das Armutsgefälle zwischen Männern und Frauen“, erläuterte Mascher, „nur knapp ein Drittel der Leistungsbezieher ist männlich.“

Der Anstieg der Leistungsempfänger habe mehrere Ursachen. Steigende Heimkosten einerseits, stagnierende Bestandsrenten andererseits und „Neurenten im permanentem Sinkflug“
. Wer beispielsweise in Pflegestufe III eingestuft wird und im Heim lebt, muss Eigenleistungen von durchschnittlich 1296 Euro erbringen. „Das geben die Renten in Deutschland nicht her, besonders nicht die von den Frauen.“
[Anmerkung SV: Ich höre und kenne Eigenleistungen von über 2000 (Pflegestufe 2) und in einem Extremfall von über 3000 €, in dem die Patientin bettlägrig ist. Dann müssten die 1296 € Eigenbeteiligung tatsächlich der günstigste Subventionsfall bei Stufe 3 und das billigste Heim sein. Alle anderen benötigen mittlere und höhere Pensionen/Renten zur Wahrnehmung oder Kapitaldecke.]

Mehr Geld für die Pflegeversicherung

Die Leistungen aus der Pflegeversicherung müssen also erhöht werden. Die Mehrbelastung – etwa wegen des Einbezugs dementiell Erkrankter – ließe sich nach Meinung des Sozialverbands VdK refinanzieren, ohne kapitalgedeckte Modelle oder weitere Zusatzbeiträge einführen zu müssen. Der VdK schlägt unter anderem einen Solidarausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung vor, außerdem die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze für Kranken- und Pflegeversicherung von derzeit 3712,50 Euro auf die Grenze der Renten- und Arbeitslosenversicherung, also 5500 Euro.

Prekäre Beschäftigungslage im Pflegebereich
Mascher wies außerdem auf die oftmals prekäre Beschäftigungssituation von Pflegekräften hin, insbesondere im ambulanten Bereich. „Wegen der chronischen Unterfinanzierung bevorzugen die Träger Teilzeitbeschäftigung und Arbeitsverhältnisse, die sich bei Bedarf auch leichter wieder lösen lassen“, so Maschers Analyse. „So wird auch der Pflegeberuf eine Falle für die eigene Altersarmut.“

VdK-Kampagne
Der Sozialverband VdK hat in seiner aktuellen Kampagne „Pflege geht jeden an“ die Angehörigenpflege in den Mittelpunkt gestellt. Mehr Hintergrundinformationen und weitere Forderungen des VdK zur Pflegepolitik finden Sie im Internet unter www.pflege-geht-jeden-an.de


Kommentar: UND WIEDER UND IMMER WIEDER

(SV) Was sollen darüber hinaus die Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten? Mann erwerbsunfähig, Frau hat gepflegt, Resulat: Sie werden noch ärmer gestellt im Alter. Das ist nicht nur ungerecht, es ist auch unverschämt! 100% unchristlich und unsozial.

Für viele Beitragszahler wird die zu erwartende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in den nächsten 20 Jahren auf Grundsicherungsniveau sinken. Die gesetzliche Rente verliert ihren Status als stützende Pflichtversicherung. Sie ist kaum noch bezahlbar und bringt nichts mehr. Was soll das? Noch mehr Risiko auf jeden abwälzen und das Geld für die Bürger sonstwie rauspulvern?

Altersarmut morgen kann nur durch flächendeckende Mindestlöhne für Bürger und ausreichend Arbeit sowie gerechte Verteilung der Renteneinzahlungen, auch für Frauen, Kranke, Behinderte, Erwerbsunfähige etc. erreicht werden. Dieses hemmungslose Selbstbedienerei im Gesundheitssystem schädigt die Empfänger. Es bleibt eine Handvoll Geld beim Empfänger übrig. Dazwischen ernähren sich Unzählige von den Leistungen. Sicher, das schafft auch Arbeitsplätze. Aber sinnlos überhöhte Honorare hier und andernorts zu wenig? Ohne Beteiligung der Arbeitgeber geht das Ganze auch nicht. Völlig gieriges Anhäufen von Millionen und Milliarden und die Träger des Reichtums dürfen später im Dreck kriechen? Das alte Rom ist doch schon lange tot! 

Dienstag, 6. September 2011

Ergebnis der Umfrage "WARUM SEHEN WIR ZU WENIG MITBESTIMMUNGSMÖGLICHKEITEN?"

Es stellte sich als sehr schwer heraus, Abstimmer zu bekommen. Trotz der etlichen Leser und Ansprache von ca. 200 Leuten bei Facebook extra, haben sich nur 18 "beherzte" Abstimmer getraut. (Man sieht auch die Grenzen von Facebook, dessen Wirkung meiner Meinung nach völlig überschätzt wird. Auch wer-kennt-wen-Gruppen mit Tausenden Mitgliedern mobilisieren nicht viele Kommunikationswillige oder Aktive.)
Jeder konnte mehrere Antworten anklicken. Wobei das Abstimmen anonym ist, keiner sieht oder kennt die Abstimmer. Ich frage mich, warum sich viele scheuen, das zu machen? Die Erfahrung deckt sich allerdings mit der Erfahrung von Mündigkeitsmüdigkeit bei anderen Gruppierungen und Parteien. Es sei denn, es geht um Großprojekte, das mobilisiert schon mal viele. Andererseits wird man auch mit Werbeumfragen traktiert, dass manchem die Umfragen zum Hals raushängen. 


Unsere 18 Abstimmer haben 65 Clicks verteilt, und zwar in dieser Häufigkeit und Priorität: 


1) Parteien verwirklichen nur ihre Interessen und sind lediglich Lobbyisten.  13 Clicks = 8,45 %
2) Unsere Volksvertreter haben fast keinen Kontakt zur Basis, bis auf feste Gruppen um sie herum.  13 Clicks = 8,45 % 


3) Die meisten Verbesserungsvorschläge verpuffen in den Parlamentskammern und werden gar nicht ernsthaft in Erwägung gezogen.  9 Clicks = 5,85 %


4) Es gibt keine echte Mitbestimmung in lokalen und überregionalen Angelegenheiten.  7 Clicks = 4,55 %
5) Ehrenamtliche Tätigkeit soll jeder leisten, aber die Meinung ist ziemlich egal.  7 Clicks = 4,55 %


6) Mitbestimmung ist im Endeffekt gar nicht erwünscht.  6 Clicks = 3,9 %


7) Wir sind nur als Steuerzahler gefragt, um den riesigen über 50% der Gelder verschlingenden Apparat zu finanzieren.  5 Clicks = 3,25 %


8) Wählen alle paar Jahre bewirkt so gut wie nichts.  4 Clicks = 2,6 %


9) Die Unlust ist viel zu groß, jede Mitbestimmung kostet viel Zeit und Geld.  1 Click = 0,65 %


10) Regierung ist etwas Fernes und Fremdes - es geht uns nichts an.  0 Click





Sonntag, 4. September 2011

Diskussion - Leben im Alter: Sind Rentenbeitragssenkungen tatsächlich angebracht?

(VdK) Rentenbeitragssenkungen sind nicht das Gebot der Stunde, so die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher, anlässlich zuletzt veröffentlichter Meldungen, nach denen die Bundesregierung den Rentenbeitrag zum 1. Januar 2012 um 0,3 Prozent senken will. Mascher weiter: „Die Überschüsse der Rentenkassen sollten lieber in die Bekämpfung und Vermeidung von Altersarmut investiert werden.“ Vor allem Geringverdiener und Erwerbsgeminderte müssten besser für das Alter abgesichert werden.

Mascher forderte die Bundesregierung auf, die Rente nach Mindesteinkommen wieder einzuführen: „Damit wäre ein Mindeststandard an Alterssicherung für Millionen Geringverdiener gewährleistet“. Auch Erwerbsminderungsrentner müssten vor Rentenkürzungen bewahrt werden: „Menschen, die wegen einer Krankheit nicht in der Lage sind, das gesetzliche Renteneintrittsalter zu erreichen, dürfen nicht in die Altersarmut abgedrängt werden.“

Die Altersarmut sei deutschlandweit auf dem Vormarsch, so die VdK-Präsidentin. Sie verwies auf die Entwicklung bei den Grundsicherungsempfängern im Alter. Die Zahlen sind hier zwischen 2003 und 2009 um 55 Prozent gestiegen. „Altersarmut ist kein theoretisches Problem mehr, sie ist eine konkrete Gefahr für immer mehr Menschen in Deutschland“, fasste Mascher zusammen.

Die Lage der Rentnerinnen und Rentner entwickelt sich nach Ansicht des Sozialverbands VdK auch deshalb so brisant, weil die Rentenkürzungsfaktoren Jahr für Jahr die Renten dämpfen. So fiel beispielsweise die Rentenerhöhung vom 1. Juli 2011 mit 0,99 Prozent erheblich niedriger aus als die durchschnittlichen Lohnsteigerungen von 3,1 Prozent im Westen und 2,55 Prozent im Osten und deckt nicht einmal die aktuelle Inflationsrate von 2,3 Prozent.

Ulrike Mascher verwies beim Thema Altersarmut auch auf die VdK-Forderung nach einer besseren rentenrechtlichen Absicherung für pflegende Angehörige, die ihre Familienmitglieder zu Hause versorgen und dafür bisher so gut wie keine Rentenansprüche erwerben. Vor allem Frauen seien dadurch „stark von Altersarmut bedroht“.

Die Vermeidung von Altersarmut müsse an mehreren Stellen ansetzen, sagte Mascher: „Wir fordern einen branchenübergreifenden, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Von Hungerlöhnen lässt sich keine armutsvermeidende Altersversorgung aufbauen.“

Um all diese Ansätze zu bündeln, sollten Armutsbeauftragte bei Bund und Ländern eingesetzt werden, die die Sozial-, Arbeitsmarkt-, Gesundheits- und Bildungspolitik koordinieren. Mascher: "Die Bundesregierung muss die günstigen finanziellen Bedingungen nutzen und jetzt einen konkreten nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut auf den Weg bringen. "

(SV)

Freitag, 2. September 2011

Lokales: Diskussion - Wie wichtig sind Schülerlotsen in Kusel?

(SV) Diese Frage müssen sich die betroffenen und auch andere Eltern um so häufiger stellen, wenn sie an den Unfall letzten Donnerstag denken. Auf der Straße zwischen Gymnasium und Bushaltestelle hat eine Autofahrerin es - trotz Zebrastreifen - offensichtlich versäumt zu bremsen und fuhr einen Schüler an, der mit einem Beinbruch und auch sonst verletzt ins Krankenhaus musste. Von Schülerlotsen seit Monaten nichts mehr zu sehen.
Wie kann das passieren an der Hauptverkehrs- und Durchgangsstraße durch Kusel auf Schülerlotsen zu verzichten? Liegt es nur daran, dass die Schülerschaft des Gymnasiums vor einiger Zeit selbst bestimmte, keine Lotsen zu wollen? Dumm genug, aber darf man diesem Wunsch trotz schulischer Aufsichtspflicht nachkommen?

Statistik Schulwegeunfälle 2009 nach Schulart